Tapeverbände wirken unterschiedlich |
Bunt und dehnbar: Kinesiotapes sollen unter anderem Schmerzen lindern und die Durchblutung fördern. Wichtig ist dabei die korrekte Klebetechnik. / Foto: Adobe Stock/Milan
Tapeverbände gibt es bereits seit der Antike. Wurden damals noch in Harz getränkte Leinwandstreifen benutzt, kommen heute Materialien mit unterschiedlicher Elastizität zum Einsatz. Grundsätzlich wird dabei zwischen funktionellen Tapeverbänden sowie Kinesiotapes unterschieden. Alle werden in der Sportmedizin, Orthopädie und Unfallchirurgie eingesetzt, aber mit unterschiedlichen Zielsetzungen.
Funktionelle Tapeverbände sind das Mittel der Wahl im Akutstadium von Überlastungssyndromen, bei Kapselreizungen oder instabilen Gelenken. Zudem können sie nach Verletzungen als Präventivmaßnahme und zur Schmerzlinderung eingesetzt werden. Sie entlasten die betroffenen Gelenke, geben ihnen Stabilität und helfen, unerwünschte Bewegungen, die eine Verschlimmerung der Symptomatik bewirken können, zu vermeiden. Gleichzeitig wird das Gelenk in seiner Funktion nicht eingeschränkt, die Muskelfunktion bleibt erhalten. Die Regenerationsphase nach Verletzungen kann dadurch verkürzt und eine frühere Belastbarkeit ermöglicht werden.
Kinesiotapes wurden in den 1970er Jahren von dem japanischen Chiropraktiker Kenzo Kase entwickelt. Sein Ziel war es, schmerzende Gelenke und Muskeln mit Verbandmaterialien zu behandeln, die in ihrer Dehnbarkeit und Dicke der menschlichen Haut ähneln. Kinesiotapes sind deshalb äußerst elastisch, die Dehnbarkeit liegt bei etwa 30 bis 40 Prozent.
Anders als funktionelle Tapes haben Kinesiotapes kaum stabilisierende Eigenschaften. Vielmehr soll ihre Wirkung dadurch zustande kommen, dass die Haut durch die Fixierung des Kinesiotapes bei jeder Bewegung gegen das darunterliegende Gewebe verschoben wird. Dieser permanente Reiz soll durch die Aktivierung von Berührungs-, Schmerz-, Temperatur- und Propriorezeptoren (Rezeptoren, die die räumliche Lage und mechanischen Belastungen des Körpers wahrnehmen), die Muskelspannung regulieren und eine Signalübertragung an das zentrale Nervensystem bewirken. Dadurch sollen Schmerzen, Schwellungen und Entzündungen reduziert, die Durchblutung und der Lymphfluss verbessert werden. In Kenzo Kases Theorie fließen zudem Aspekte der chinesischen Medizin ein. So sollen durch die Tapes verschiedene Akupunkturpunkte gereizt und Störungen in den Meridianen aufgehoben werden. In der chinesischen Medizin geht man davon aus, dass der Körper von Meridianen durchzogen ist, durch die die Lebensenergie Qi fließt. Störungen dieses Systems führen zu Beschwerden.
Kenzo Kase arbeitete zunächst mit hautfarbenen Tapes, später verwendete er dunkle Farben, wenn die Temperatur unter dem Tape erhöht und helle Farben, wenn die Temperatur gesenkt werden sollte. Inzwischen gibt es Kinesiotapes in etlichen Farben und Mustern. Ihre Wirkweise orientiert sich zum Teil an der asiatischen Farbenlehre. Demnach ist Blau eine kühlende Farbe, die beruhigende Effekte mit sich bringt. Rot soll den Stoffwechsel anregen.
Für Anwender gilt: Ob klassisch einfarbig, mit Leoparden- oder Blumenmuster - jedes Kinesiotape hat vermutlich dieselben Eigenschaften. Wirkstoffe oder gar unterschiedliche Wirkstoffe sind in den Tapes nicht enthalten. Auch ein wissenschaftlicher Nachweis der Wirkung existiert bisher nicht. Dennoch empfinden viele Menschen die Anwendung von Kinesiotapes als angenehm. Beliebte Einsatzbereiche sind zum Beispiel Knie-, Sprung- und Schultergelenksbeschwerden, ein Tennis- oder Golferarm, Muskelzerrungen und -überlastungen oder Verspannungen im Rücken und Nacken sowie Migräne. Zudem können Kinesiotapes in Kombination beziehungsweise nach der Behandlung mit einem funktionellen Tapeverband zum Einsatz kommen.
Auch wenn Kinesiotapes vielfältig anwendbar sind, sollten Kunden in der Apotheke darauf hingewiesen werden, dass sie keine Erste-Hilfe-Maßnahme sind. Akute Verletzungen und Beschwerden mit unklarer Ursache sollten ärztlich behandelt werden. Das gilt insbesondere für starke Schmerzen, Schwellungen oder Funktionseinschränkungen im Gelenk. Als absolute Kontraindikationen gelten alle schweren Verletzungen wie Brüche, Band- oder Sehnenrisse sowie komplette Muskelrisse und starke Knorpeldefekte.
Bei leichten Beschwerden oder als vorbeugende Maßnahme können Tapes zur Selbstbehandlung verwendet werden. Beachtet werden sollte lediglich die richtige Klebetechnik. Diese kann man sich von Ärzten oder Physiotherapeuten zeigen lassen. Auch Hebammen bieten das Tapen bei Rückenbeschwerden oder Wassereinlagerungen in der Schwangerschaft an. Zudem gibt es für das Anlegen von Kinesiotapes eine große Auswahl an Videos und bebilderten Anleitungen, die online verfügbar sind sowie Bücher zum Thema.
Zusätzlich können PTA und Apotheker interessierten Kunden ein paar Tipps zum Kleben und Entfernen der Tapes mit auf den Weg geben. So sollte die Haut im geplanten Klebebereich sauber, fettfrei und trocken sein. Soll die Anwendung an einer stark behaarten Körperpartie erfolgen, kann eine Rasur vorher sinnvoll sein. Das verbessert die Haftung und erspart Schmerzen beim Abziehen. Kleine Wunden können mit einem Wundverband abgedeckt werden. Auf größere Wunden, Quetschungen, ausgedehnte Blutergüsse, Quaddeln oder Ekzeme sollten Tapes nicht aufgeklebt werden.
Beim Anlegen selbst sollte darauf geachtet werden, dass Kinesiotapes ausreichend, aber nicht zu stark gespannt und mit sanftem Druck aufgeklebt werden. Leichtes Reiben der Streifen vor oder nach dem Aufkleben sowie das Abrunden der Ecken verbessern die Haftung. Im Durchschnitt halten Kinesiotapes vier bis sechs Tage auf der Haut, bevor sie sich zu lösen beginnen und erneuert werden sollten. Die Anwendungszeit kann so weit ausgedehnt werden, bis keine Schmerzen oder Beschwerden mehr bestehen.
Treten nach dem Aufkleben Schmerzen, Durchblutungs- oder Sensibilitätsstörungen auf, ist das ein Zeichen, dass der Tapeverband nicht richtig sitzt. Er sollte entfernt und noch einmal neu angelegt werden. Dasselbe gilt, wenn ein Kinesio-Tape zu Bewegungseinschränkungen oder Schwellungen führt.