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Taugt Berberin zum Abnehmen?

Auf Social-Media-Kanälen wird das Alkaloid Berberin als »natürliches Semaglutid« und sanfte Alternative zur Abnehmspritze Wegovy® angepriesen. Taugt Berberin wirklich zum Abnehmen?
Sven Siebenand
17.08.2023  12:00 Uhr

Das Wichtigste vorweg: Das Isochinolinderivat Berberin hat mit dem GLP-1-Rezeptoragonisten Semaglutid abgesehen von ein paar Sauerstoff- und Kohlenstoffatomen im Molekül chemisch betrachtet rein gar nichts gemeinsam. Und auch die Pharmakologie ist eine ganz andere. Semaglutid imitiert die Effekte des Inkretinhormons GLP-1, mögliche Effekte auf das Körpergewicht werden bei Berberin mit der Aktivierung der AMP-aktivierten Proteinkinase in Zusammenhang gebracht, wobei Letzteres nicht hundertprozentig gesichert ist.

Berberin kommt in verschiedenen Pflanzen vor, unter anderem in der Berberitze (Berberis vulgaris), die auch für den Namen des Alkaloids verantwortlich ist. Charakteristisch ist die gelbe Farbe von Berberin, weshalb Nahrungsergänzungsmittel mit Berberin oft Kapseln mit einem gelben Pulver sind.

Seit Ewigkeiten werden Berberin beziehungsweise Berberin-haltige Drogen unter anderem in der traditionellen chinesischen Medizin in verschiedenen Indikationen eingesetzt – von Magen-Darm-Beschwerden bis zur Leishmaniose ist einiges dabei. Vor wenigen Jahren veröffentlichte die United States National Library of Medicine eine Stellungnahme zu den vielen propagierten Indikationen von Berberin. Bei zig Anwendungsgebieten kam man zu dem Ergebnis, dass schlicht keinerlei nachgewiesene Wirksamkeit existiert. Nur in fünf Indikationen sei Berberin demnach möglicherweise wirksam.

Einen gewissen metabolischen Effekt kann man Berberin aber offensichtlich nicht abschreiben. So könnte das Alkaloid – zumindest als Add-on – helfen, bei Diabetes den Blutzucker zu regulieren und es könnte hohe Cholesterol- und/oder Triglyzeridspiegel senken. Aber auch hier sind die Daten für eine Empfehlung bisher nicht ausreichend.

Zurück zum Abnehmen: Dieses zählt laut National Library of Medicine nicht zu den fünf Indikationen mit einer möglichen Wirksamkeit. Anlässlich des Hypes um das »natürliche« Semaglutid hat sich kürzlich aber das National Center for Complementary and Integrative Health in den USA zu Berberin geäußert. Obwohl einige vorläufige Untersuchungen darauf hindeuteten, dass Berberin beim Abnehmen eine Rolle spielen könnte, gebe es nicht viele klinische Studien, sodass es für die Feststellung einer Wirksamkeit nicht genügend wissenschaftliche Beweise gebe, heißt es dort.

Dünne Datenlage

So sehen es auch viele andere Experten. »Die Behauptungen sind ziemlich übertrieben, wenn es um die Auswirkungen auf die Gewichtsabnahme geht, basierend auf den Beweisen in der derzeit verfügbaren Literatur«, sagt etwa Professor Dr. Jaime Almandoz, Endokrinologe und Medizinischer Direktor am UT Southwestern Medical Center in Dallas, gegenüber »Medscape«.

Auch eine Metaanalyse von zwölf randomisierten Studien, in denen die Auswirkungen von Berberin auf Fettleibigkeit untersucht wurden, wird auf der Nachrichtenseite regelrecht auseinandergenommen. Zwar sei die Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass die Behandlung mit Berberin das Körpergewicht moderat verringerte. Die eingeschlossenen Studien seien dabei aber nur über einen Zeitraum von wenigen Monaten durchgeführt worden, hätten eine geringe Teilnehmerzahl gehabt und der Gewichtsverlust sei nicht der primäre Endpunkt gewesen.

Kräftiges Wechselwirkungspotenzial 

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Bezeichnung »natürliches Wegovy« oder auch »natürliches Ozempic« (Semaglutid ist auch in dem Diabetesmedikament Ozempic® enthalten) zum einen vollkommen irreführend ist und es zum anderen keine Empfehlung gibt, einen Abnehmversuch mit Berberin zu starten. Denn die Einnahme kann auch Nebenwirkungen mit sich bringen, zum Beispiel Übelkeit und Erbrechen. In Schwangerschaft und Stillzeit sollten Frauen auf jeden Fall die Finger von Berberin lassen.

Und auch in Sachen Wechselwirkungen ist das Alkaloid alles andere als unproblematisch. Es inhibiert verschiedene CYP-Enzyme, vor allem CYP2D6 und in geringerem Maße auch CYP3A4 und CYP2C9. Wird Berberin zusammen mit Substraten dieser Enzyme eingenommen, können deren Wirkspiegel deutlich steigen. Das birgt zum Beispiel in Kombination mit bestimmten Immunsuppressiva, Blutverdünnern, Blutdruckmitteln und dem Hustenmittel Dextrometorphan Risiken, die es unbedingt zu berücksichtigen gilt.

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