Tausende demonstrieren in Dortmund |
Bei zunächst regnerischem Wetter betonte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, sie sei stolz auf ihre Kolleginnen und Kollegen, die so viel Geschlossenheit zeigten. »Dieses Signal wird niemanden kaltlassen«, sagte sie auf der Bühne. / Foto: PZ/Dölger
Zu den umstrittenen Reformplänen von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) sagte Overwiening: »Daran kann man nichts gut finden«, worauf tosender Applaus aufbrandete. Dass der Minister mit seinen Plänen zum Bürokratieabbau, also auch den »Apotheken light«, neun Millionen Euro einsparen wolle, sei ein Trugschluss. »Das Gegenteil wird eintreten.«
Es gelte, die »Seifenblasenpolitik« des Ministers zu entlarven, Lauterbach spiele mit trojanischen Pferden, wenn er mit Pseudo-Entlastungen zur Zerstörung des bewährten Apothekenwesens beitrage, sagte Overwiening und erntete dafür Sprechchöre wie: »Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns Gesundheit klaut.«
Kurz vor der Kundgebung hatten sich die Heilberufler bei einer Pressekonferenz gemeinsam gegen die Sparpolitik des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ausgesprochen. Ziel der Aktion heute sei, gehört zu werden und auf Augenhöhe mit der Politik zu diskutieren.
»Das, was wir leisten, wird bald so nicht mehr zu stemmen sein«, warnte Thomas Rochell, Vorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), bei einer Pressekonferenz im Vorfeld. Die Apotheken seien chronisch unterfinanziert. Ziel müsse die Stabilisierung der ambulanten Gesundheitsversorgung sein, betonte dort auch Overwiening. »Wir sichern die Versorgung und den sozialen Frieden.« Die Apotheken wollten einen Austausch auf Augenhöhe mit der Politik. Der »Sinkflug der Apotheke« führe dazu, »dass wir uns bemerkbar machen müssen«.
Andreas May von der Apothekengewerkschaft Adexa betonte, es gehe auch um den Erhalt von wohnortnahen Arbeitsplätzen. Betriebsbedingte Kündigungen nähmen zu, »das Apothekensterben geht immer schneller«. Wichtig sei, dass die verbleibenden Apotheken zu mehr Geld kämen. Nach den Reformplänen befragt, die unter anderem PTA-Vertretung in Filialen vorsehen, sagte May, die PTA wollten dies nicht. »Das ist Ausbeutung.«
Entbudgetierung, Regresse, nicht funktionierende Digitalisierung – auch die Ärzteschaft sorgt sich. Lars Rettstadt, Vorsitzender des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe, unterstrich bei der Pressekonferenz, der Nachwuchsmangel sei allerorten massiv. »So wird es immer schwieriger, die Versorgung zu sichern«, so Rettstadt. Hinzu komme die Digitalisierung – »erforderlich«, aber leider, so Rettstadt, in vielen Fällen nicht funktionsfähig. »Wir sind nicht gegen Digitalisierung, aber wir sind da nicht gefragt worden.«
»Herr Lauterbach, kommen Sie aus Ihrem Elfenbeinturm heraus«, forderte Volker Schrage, Vize-Vorstandsvorsitzender der Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), bei der Presskonferenz. Nicht nur sei die Finanzierung nicht tragfähig, auch die Bürokratie fresse einen Großteil der Zeit in den Praxen. Den Schulterschluss mit den Apotheken fand er wichtig, indem er betonte, ob es nun Regresse oder Retaxe seien, die die Heilberufler um ihr Honorar brächten – »das sind alles Probleme, die wir gemeinsam haben«, so Schrage.
Daniela von Nida, Inhaberin Alte Apotheke Groß-Zimmern, berichtete auf der Bühne aus ihrem Alltagsleben in der Apotheke mit Personalnot, Lieferengpässen und überbordender Bürokratie. Einst sei ein SPD-Politiker bei ihr zu Gast gewesen, der sie gefragt habe, was Apotheken noch anbieten könnten, um Geld zu verdienen. »Das macht keinen Sinn«, so von Nida. »Es muss einfach die Grundvergütung angepasst werden.«
Zum Abschluss der Kundgebung schickte AVWL-Chef Rochell, bei mittlerweile strahlendem Sonnenschein, eine klare Botschaft nach Berlin: Herr Lauterbach möge mit dem »Wegducken« aufhören. Er müsse »das Arbeiten mit uns« anfangen, forderte Rochell unter Applaus.