Therapie bei Lichen sclerosus |
Isabel Weinert |
03.08.2023 15:00 Uhr |
Bei Lichen sclerosus schadet eine übertriebene Intimhygiene noch mehr als bei gesunden Menschen. / Foto: Getty Images/Mayara Klingner/EyeEm
Lichen sclerosus verläuft chronisch und ist nicht ansteckend. Die Erkrankung muss sich nicht auf den Genitalbereich beschränken, sie kann auch im Analbereich auftreten, aber auch an der Innenseite der Oberschenkel sowie am Rücken und an den Schultern. Ganz überwiegend entwickelt sich die Krankheit bei erwachsenen Frauen. Doch auch Männer, Mädchen und Jungen können betroffen sein. Die genaue Ursache für Lichen sclerosus ist noch nicht bekannt. Mediziner gehen aber am ehesten von einem autoimmunen Prozess aus.
Die Symptome im Genitalbereich ähneln denjenigen bei einer Scheidenpilz-Infektion: Brennen, Juckreiz, Wundgefühl, Entzündung. Manche der Betroffenen leiden auch unter Schmerzen beim Sex und/oder unter Brennen beim Wasserlassen. Infolge von Vernarbungen in entzündeten Arealen können Hautbereiche schrumpfen. Die Haut verfärbt sich weißlich und ist sehr empfindlich. Antimykotika zeigen keine Wirkung.
Manifestiert sich die Erkrankung im Analbereich, äußert sich das vielfach auch mit Schmerzen beim Stuhlgang. Wer dann versucht, die peinigende Tortur immer wieder hinauszuzögern, riskiert eine Verstopfung, die alles noch verschlimmert. Betroffenen hilft es, den Stuhl mittels einer ballaststoffhaltigen Ernährung, der Ergänzung etwa mit Flohsamenschalen oder Haferkleie in reichlich Wasser und/oder der Einnahme eines Makrogols weich zu halten, damit die Defäkation weniger Schmerzen bereitet.
Frauen, bei denen die oben genannten Symptome trotz Therapieversuchen gegen Scheidenpilz, trotz des Einsatzes von Wund- und Heilsalben immer wiederkehren oder persistieren, sollten sich an ihre Gynäkologin oder ihren Gynäkologen wenden und die Beschwerden sowie die eigenen Therapieversuche schildern. An sich können Mediziner den Verdacht auf Lichen sclerosus per Blickdiagnose bestätigen. Sie nehmen aber zusätzlich Abstriche, um eine Infektion auszuschließen.
Lichen sclerosus frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, ist auch so wichtig, weil der fortschreitende Krankheitsprozess Narben im betroffenen Gebiet entstehen lässt, dadurch Engstellen entstehen können und die Krebsgefahr im Anal- und Genitalbereich durch die Dauerentzündung erhöht ist. Menschen, die die Erkrankung haben, sollten regelmäßig zur Kontrolle gehen, um etwaige Hautveränderungen in einem frühen Stadium erkennen zu können.
Für die Therapie unterscheiden die Autoren der Leitlinien Frauen, Mädchen, Männer und Jungen. Bei einem Lichen sclerosus im Genitalbereich von Frauen empfehlen die Ersteller reichhaltige Cremes für trockene Haut mit hautberuhigenden Bestandteilen im Sinne einer Basispflege. Außerdem sollen hochpotente topische Glucocorticoide zum Einsatz kommen. Die Experten raten bei hyperkeratotischen Stellen, gegen die die topischen Glucocorticoide nicht helfen, zu intraläsionalen Glucocorticoid-Injektionen. Dazu bedarf es vorab des Ausschlusses eines malignen Geschehens im betroffenen Areal.
Die Leitlinien raten zum Einsatz von Calcineurin-Inhibitoren als zweite Wahl oder als zusätzliche Therapie, wenn Glucocorticoide kontraindiziert sind oder nicht ausreichend wirken. Zweite Wahl ist auch eine UVA-1-Therapie. Darüber hinaus kann auch Acitretin als synthetisches Retinsäure-Analagon zum Einsatz kommen, unter Berücksichtigung der möglichen Nebenwirkungen.
Operationen können notwendig werden, wenn die Krankheit die anatomischen Gegebenheiten an der Scheide derart verändert hat, dass das Wasserlassen und/oder der Geschlechtsverkehr Beschwerden bereiten. Allerdings bringt auch eine Operation keine Heilung, es ist vielmehr vorübergehend mit stärkeren Beschwerden zu rechnen. Für Mädchen empfehlen die Leitlinien die ersten drei therapeutischen Maßnahmen bei Frauen: die Behandlung mit entsprechenden Salben/Cremes, die lokale Therapie mit Glucocorticoiden und – als ebenfalls zweite Wahl – den Einsatz von Calcineurin-Inhibitoren.
Bei Männern wird zusätzlich zu den nicht invasiven Therapien bei Frauen als invasiver Eingriff empfohlen, die Vorhaut zu entfernen sowie ebenfalls andere operative Maßnahmen. Jungen sollen vorrangig mit lokalen Glucocorticoiden behandelt werden. Die Hautpflege ist hier von etwas geringerer Bedeutung. Hinzu kommt die Möglichkeit, das Vorhautbändchen zu durchtrennen, kombiniert mit der intraläsionalen Applikation von Triamcinolon oder auch eine vollständige Beschneidung beim Therapieversagen von Glucocorticoiden.
Die Hautpflege der betroffenen Bereiche entscheidet mit über den Verlauf. Betroffene sollten keinesfalls normale Seifen oder Duschgele nutzen. Aber auch Waschlotionen, die die Haut schonen, dürfen nur in kleinen Mengen zum Einsatz kommen. Generell sollte der Intimbereich nicht zu häufig gewaschen werden. Übertriebende Hygiene schadet. Im Anschluss an das Waschen vermeidet das Trockentupfen mit einem Handtuch zusätzliche Irritationen. Nach dem Waschen und nach jedem Toilettengang helfen spezielle Salben und Cremes, die Haut vor äußeren Reizen zu schützen. Diese Pflege ist wichtig. Betroffene meiden am besten feuchtes sowie hartes Toilettenpapier und verzichten auf eine Intimrasur.
Für Menschen mit Lichen sclerosus ist es ganz entscheidend, die Therapie nie eigenmächtig auszusetzen. Sie muss konsequent und in aller Regel lebenslang stattfinden. Glucocorticoide kommen zu Therapiebeginn häufiger, dann noch ein- bis zweimal pro Woche lokal zum Einsatz.