Therapie-Impulse durch Kälte und Wärme |
Beim Saunieren werden Hitze- und Kälteanwendung kombiniert. Viele positive Effekte des Saunagangs sind wissenschaftlich belegt. / Foto: Adobe Stock/BGStock72
»Warm- und Kaltreize sind besonders wirksam, weil die Temperaturregulation vielen anderen Regulationskreisen im Körper übergeordnet ist«, erklärt Dr. Rainer Brenke, Arzt im Ruhestand, im Gespräch mit PTA-Forum. Wärme und Kälte können daher bei Schmerzen helfen und auf Kreislauf, Durchblutung, Stoffwechsel und Entzündungen im Körper wirken. Gerade diese physiologische Erklärbarkeit macht die Thermotherapie, also die Behandlung mit Wärme oder Kälte, für Brenke reizvoll. Als Facharzt für Innere und Physikalische Medizin hat er über Jahrzehnte positive Wirkungen in puncto Schmerzlinderung und Verbesserung von Krankheitssymptomen an seinen Patienten erlebt. Das Wissen um die vielfältigen, oft einfachen Anwendungsmöglichkeiten von Wärme und Kälte auch in Eigenregie hat der Mediziner in dem Ratgeber »Heilen mit Kälte und Wärme« ( TRIAS-Verlag, 2024, 128 Seiten, ISBN: 9783432117935, EUR 15,99) detailliert zusammengefasst, in der Hoffnung, dass sie wieder mehr verbreitet und richtig genutzt werden.
Die praktische Anwendung der Wärme und Kältetherapie ist vielfältig und beispielsweise in Form von Luft, Wasser, Moor, Paraffin, Eis, Dampf, Körnerkissen und technisch erzeugter Wärme wie Infrarot, Kurz- und Mikrowelle, dem Heizkissen sowie durch den Saunagang möglich. So werden bei Magenbeschwerden warme Bauchkompressen und warmer Tee eingesetzt, bei Regelschmerzen warme Kartoffelwickel oder eine Wärmflasche. Die Sauna eignet sich unter anderem bei nicht zu stark ausgeprägter Schuppenflechte. Bei hohem Blutdruck empfehlen sich ansteigende Armbäder, langfristig bei ausreichender Belastbarkeit auch Sauna ohne Tauchbecken.
Auch die schnelle Behandlung von Juckreiz und Schmerz nach einem Insektenstich durch einen Wärmestift nutzt das Wirkprinzip der lokalen Thermotherapie. Das Gerät erhitzt die betroffene Hautstelle für wenige Sekunden auf 51°C. Das inaktiviert das Insektengift beziehungsweise aus den Mastzellen der Haut freigesetztes Histamin, das den Juckreiz auslöst.
Bei niedrigem Blutdruck eignen sich Kaltreize wie Wassertreten, kalte Armbäder, Saunieren mit Betonung der Abkühlung, bei Krampfadern Wassertreten, kalte Güsse danach Kompression mit Kompressionsstrümpfen und Bewegung. Kurze Eisbehandlungen können bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen schmerzlindernd, entzündungshemmend und schwellungsmindernd sein, Handübungen für die Beweglichkeit sind mit kalten Erbsen möglich. Eisbaden soll positiv für das Wohlbefinden sein, ist aber unzureichend erforscht. Brenke rät, den möglichen gesundheitlichen Nutzen gegen mögliche Gefahren abzuwägen, denn Kälte kann bei falschem Gebrauch auch gefährlich werden.
Oftmals sind aktive Therapien wie Krankengymnastik oder eine Trainingstherapie laut Brenke erst durch die Schmerzlinderung und bessere Beweglichkeit einer zuvor erfolgten Thermotherapie möglich. »Ob im Einzelfall eher Kälte oder Wärme hilft, ist nicht immer sicher. Laut den Grundregeln hilft Kälte besser bei akuten Prozessen, Wärme bei chronischen. Am besten probiert man es aber individuell aus. Bei starken Schmerzen oder bei Nichtansprechen der Maßnahmen sollte man sich an einen Arzt wenden«, rät Brenke.
Weiter gilt: Akute Beschwerden sollten ein- bis zweimal täglich jeweils kurz mit einem nicht so starken Reiz behandelt werden, chronische dagegen zweimal pro Woche, langfristig und mit einem intensiveren Reiz. Ein Kaltreiz sollte nicht auf kalter Haut erfolgen. Auch reagiert man bei kalter Haut eventuell paradox auf intensive Warmreize (nicht kalt in die Sauna gehen). Jede Warmanwendung sollte man mit einem kurzen Kaltreiz abschließen.
Wärme und Kälte wirken unterschiedlich: So stellt Wärme etwa die Blutgefäße weit, bei Kälte werden sie eng. Wenn man mit Wärme und Kälte zu Heilzwecken arbeiten möchte, sollte man sich deren (un)erwünschte Wirkungen bewusst machen.
Wärme:
Kälte:
Wärme und Kälte nehmen wir über Thermorezeptoren auf der Haut wahr, wobei es deutlich mehr Kalt- als Warmrezeptoren gibt. Auch liegen erstere oberflächlicher in der Haut, daher werden sie schneller gereizt. Gesicht und Rumpf haben viele Kaltrezeptoren, die Extremitäten weniger. Mit einem kalten Guss sollte man daher »herzfern« an den Füßen beginnen. Der Kaltreiz schleicht sich dann quasi ein, dem Körper bleibt eine Schreckreaktion erspart.
Physiologisch gilt es zu beachten, dass von außen zugeführte Wärme den Sollwert des Körpers von 37 °C nicht verändert, dennoch erhöht sich die Körperkerntemperatur (Hyperthermie). Der Körper versucht in diesem Fall, eine Abkühlung auf den Sollwert durch Schwitzen und eine verstärkte Hautdurchblutung herzustellen. Bei Fieber ist dagegen der Sollwert nach oben verstellt und der Körper versucht nun etwa durch Muskelzittern, den Körper auf den höheren Wert zu erwärmen. In der Phase des ansteigenden Fiebers kann man laut Brenke versuchen, den Prozess durch Wärmezufuhr mit heißen Getränken und warmen Decken zu unterstützen und abzukürzen.
Stoppt das Zittern, ist der erhöhte Sollwert erreicht, das Mehr an Wärme wird vor allem durch Schwitzen wieder abgegeben. Es kann nun versucht werden, die Fiebersenkung einem Wadenwickel zu beschleunigen. Die Kälte des Wassers eines Wadenwickels senkt die Bluttemperatur. Der Wickel kühlt zudem durch die Wasserverdunstung, weshalb er immer frei liegen sollte. Hohes Fieber sollte man jedoch immer mit fiebersenkenden Medikamenten behandeln und bei Säuglingen bereits ab circa 38 Grad Celsius ärztlichen Rat einholen.
Brenkes Favorit unter allen Thermoanwendungen ist die Sauna, die einen Wechselreiz aus Hitze und Kälte mit abschließender Ruhephase bietet. »Sie ist weit verfügbar und hat ein breites Wirkspektrum, das wissenschaftlich untersucht ist.« Saunieren kann laut Brenke verschiedene Atemwegserkrankungen (mit akutem Infekt und Fieber nicht saunieren!), Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Nierenerkrankungen außerhalb eines akuten Schubs und ohne Tauchbecken, Rheuma, Hautkrankheiten, Schmerzen sowie Schlafstörungen verbessern. Es stärkt das Immunsystem, den Bewegungsapparat und das Wohlbefinden, auch durch die dort geknüpften sozialen Kontakte. Aufgüsse braucht es aus medizinischer Sicht keine. Die Dauer eines Saunagangs sollte je nach Verträglichkeit zwischen 8 und 15 Minuten liegen, nicht länger.
Achtung bei Medikamenteneinnahme: Abführmittel oder Blutdruckmittel können die Neigung zu Kreislaufstörungen, etwa beim Aufstehen, verstärken. Betroffene Saunabesucher sollten laut Brenke langsam aufstehen, sich nach dem Liegen zwei Minuten vor Verlassen der Kabine setzen und sich genügend Zeit beim Abkühlen nehmen. Vorsicht mit Wärme gilt auch bei Wirkstoffen, die die Schweißproduktion hemmen, etwa Atropin.
Insulin sollte nicht direkt vor der Saunanutzung gespritzt werden, weil es durch die bessere Durchblutung schneller aufgenommen werden kann, was zu einer Unterzuckerung führen kann. Saunagänger sollten auch beachten, dass hochdosierte Schmerzmittel möglicherweise einen Hitzeschmerz unterdrücken. Medikamentenpflaster sollten vor intensiver Wärmeanwendung entfernt werden. Offene Wunden sind eine Gegenanzeige für Wasseranwendungen und Sauna.