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Es liegt einem im Blut

Traumatische Erlebnisse können vererbt werden

Schlimme Erlebnisse in jungen Jahren können sich negativ auf den Traumatisierten selbst und seine Nachkommen auswirken. Eine wichtige Rolle spielen hierbei bestimmte Bestandteile des Bluts, wie Forscher der Universität Zürich (UZH) an einem Mausmodell entdeckt haben.
Katja Egermeier
23.10.2020  14:00 Uhr

Traumatische Erlebnisse können sich noch auf die nachfolgenden Generationen auswirken. Das ist schon seit Längerem bekannt. Der Grund für langanhaltende gesundheitliche Folgen sind epigenetische (griech. epigenesis = »nachträgliche Entstehung«) Effekte, also die Weitergabe von Erbinformationen der Eltern nicht über die DNA-Sequenz, sondern über biologische Faktoren, die das Ablesen der DNA regulieren – und zwar über Spermien und Eizellen. Doch wie gelangt die Stresssignale in die Keimzellen?

Wie die Wissenschaftler um Isabelle Mansuy, Neuroepigenetik-Professorin am UZH-Institut für Hirnforschung und des Instituts für Neurowissenschaften der ETH Zürich, vermuteten, spielen bestimmte Bestandteile im Blut hier eine Rolle. Das Team fand heraus, dass ein Trauma in der Kindheit die Zusammensetzung des Blutes verändert – lebenslang. Diese Veränderungen werden auch an die nächste Generation weitergegeben. »Dieses Resultat ist für die Medizin von hoher Relevanz, weil es erstmals frühe Traumata mit Stoffwechselkrankheiten bei Nachkommen in Verbindung bringt«, erklärt Mansuy in einer aktuellen Pressemitteilung der UZH.

Stressbotschaften in Keimbahn eingebettet

Für Ihre Untersuchungen nutzten Mansuy und ihre Kollegen ein Mausmodell für Traumatisierung, bei dem junge männliche Mäuse früh von der Mutter getrennt und zusätzlichem Stress ausgesetzt werden. Das Blut dieser Mäuse unterschied sich deutlich vom Blut normal aufgewachsener Tiere. Besonders auffällig: die Veränderungen im Fettstoffwechsel. So seien bei betroffenen Männchen und ihren männlichen Nachkommen spezifische mehrfach ungesättigte Fettsäuren in höheren Konzentrationen nachgewiesen worden. Aber auch die Bildung der Steroidhormone war beeinflusst. Die Veränderungen waren selbst bei den Nachkommen nicht traumatisierter Tiere zu beobachten, denen Blut traumatisierter Tiere injiziert worden ist. Auch deren Nachkommen entwickelten Symptome eines Traumas. Für die Forscher weist dies eindrücklich darauf hin, dass das Blut Stressbotschaften an die Keimzellen weiterleitet.

Das Team konnte in weiteren Experimenten zeigen, dass bei der Weitergabe der veränderten Erbinformationen der sogenannte PPAR-Rezeptor eine Schlüsselrolle spielt. PPAR steht für »Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor«, dem bei der Expression, also Realisation von Erbinformationen große Bedeutung zugemessen wird. Dieser intrazellulare Rezeptor wird durch spezifische Fettsäuren aktiviert und reguliert so die Genexpression und DNA-Struktur in vielen Geweben.

Es stellte sich heraus, dass der PPAR-Rezeptor in den Spermien der traumatisierten Mäuse hochreguliert ist. Aus diesen und weiteren Experimenten schließen die schweizerischen Wissenschaftler, dass die durch veränderte Fettsäuren ausgelöste Aktivierung des PPAR-Rezeptors in den Spermien eine wichtige Rolle bei der Vererbung der durch Traumata hervorgerufenen metabolischen Effekte spielt.

Auf den Menschen übertragbar?

Um herauszufinden, ob es ähnliche Effekte auch bei Menschen gibt, analysierten die Forscher der UZH des Weiteren das Blut und den Speichel von 25 Kindern in einem pakistanischen SOS-Kinderdorf, die ohne Eltern aufwachsen. Auch bei diesen hätten sich im Vergleich zu Kindern aus intakten Familien mehrere Faktoren des Fettstoffwechsels als erhöht erwiesen. Die Folgen der traumatischen Erfahrungen für den Stoffwechsel dieser Kinder sind sehr gut vergleichbar mit denen im Mausmodell. Der Metabolismus weise ähnliche Veränderungen auf, macht Mansuy deutlich.

Die Ergebnisse zeigen, dass Traumata im frühen Leben nicht nur, wie bekannt, die psychische, sondern auch die körperliche Gesundheit im Erwachsenenalter generationenübergreifend beeinflussen können, betont Mansuy. Je besser die biologischen Prozesse verstanden sind, desto eher könne man Methoden entwickeln, um die negativen Folgen zu verhindern. Weltweit leiden bis zu einem Viertel der Kinder unter Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung, was im späteren Leben zu psychischen und physischen Krankheiten führen kann.

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