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PS und Promille

Tunnelblick mit Alkohol

Autofahren unter Alkoholeinfluss ist in Deutschland gesetzlich verboten. Wer erwischt wird, muss mit Konsequenzen rechnen. Doch wo genau liegen die Grenzwerte, und was passiert genau, wenn man »ins Röhrchen pusten« muss?
Carina Steyer
03.11.2020  09:00 Uhr

Dass Alkoholkonsum und Autofahren keine gute Kombination darstellen, ist den meisten Autofahrern bewusst. Wie früh sich der Alkohol beim Autofahren aber bemerkbar macht, wird häufig unterschätzt. Schon ab einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,1 Promille schätzen Fahrer Entfernungen falsch ein. Ab 0,2 bis 0,3 Promille – diese können in Abhängigkeit vom Gewicht, Alter, von der Größe und vom Geschlecht bereits nach einem Glas Wein oder Bier vorliegen – verlängert sich die Reaktionszeit, die Bereitschaft für riskantes Fahren steigt, und erste Beeinträchtigungen der Sehleistung treten auf.

Ab 0,5 Promille sieht der Alkoholisierte 15 Prozent weniger als ohne Alkohol, und er hört schlechter. Eine Rotlichtschwäche tritt auf. Das heißt, der Fahrer nimmt rote Ampeln oder die Bremslichter voranfahrender Fahrzeuge nicht mehr richtig oder als weiter entfernt wahr. Autofahrer reagieren zudem deutlich langsamer, schätzen Geschwindigkeiten falsch ein und sind risikobereiter. Die Gefahr, nun in einen Unfall verwickelt zu werden, ist doppelt so hoch wie im nüchternen Zustand.

Ab 0,8 Promille ist die Konzentrationsfähigkeit stark eingeschränkt und der Fahrer entwickelt einen Tunnelblick. Die Reaktionszeit ist um 30 bis 50 Prozent verlängert, das Gleichgewicht ist gestört, der Betroffene ist enthemmt und überschätzt sich selbst. Die Wahrscheinlichkeit, an einem Unfall beteiligt zu sein, liegt nun viermal höher als im nüchternen Zustand. Zwischen 1 und 2 Promille verschlechtert sich das räumliche Sehen deutlich. Hinzu kommen Sprech-, Reaktions-, Gleichgewichts- und Orientierungsstörungen. Bei 1,1 Promille ist die Gefahr für einen Unfall bereits zehnmal so hoch wie im nüchternen Zustand. Bei einer BAK von 1,6 Promille steigt das Unfallrisiko auf das 40-Fache.

Ins Röhrchen pusten war einmal

Alkoholbedingte Fahreinschränkungen sind eine der Hauptursachen für schwere Verkehrsunfälle. Um dem entgegenzuwirken, führt die Polizei regelmäßige Verkehrskontrollen durch. Ergeben sich dabei eindeutige Anhaltspunkte für den Konsum von Alkohol zum Beispiel durch Alkoholgeruch oder Lallen des Fahrers, ist die Polizei berechtigt, einen Alkoholtest anzuordnen. Dasselbe gilt, wenn der Fahrer aufgrund seines Fahrverhaltens auffällt. Alkoholmessungen durch die Polizei erfolgen direkt vor Ort mit einem Atemalkohol-Testgerät. Hierbei wird das Prinzip genutzt, dass ein kleiner Teil des Alkohols aus dem Blut in den Luftraum der Lunge übertritt und mit der Atemluft ausgeschieden wird.

Der in Deutschland übliche Begriff »ins Röhrchen pusten« stammt von der ersten Testgeneration, die 1953 Einzug in die polizeiliche Praxis erhielt. Die Autofahrer mussten damals in gläserne Röhrchen pusten, die mit einem Volumenbeutel verbunden waren, der genau einen Liter Atemluft fassen konnte. Die Röhrchen selbst enthielten Kieselgel und eine Mischung aus Kaliumdichromat und Schwefelsäure. Bei Kontakt mit Alkohol verfärbte sich das gelbe Kaliumdichromat grün. Die Stärke und Länge der Verfärbung ließ Rückschlüsse auf den Grad der Atemalkoholkonzentration zu.

Digitale Messgeräte sind heute im Einsatz

Inzwischen arbeitet die Polizei mit digitalen Messgeräten, die parallel eine elektrochemische Messung und eine Infrarotmessung durchführen. Für die Infrarotmessung wird die Atemluft durch eine Röhre geleitet. Von der einen Seite sendet eine Lichtquelle Strahlen im infraroten Spektralbereich, auf der anderen Seite misst ein Detektor die Intensität des ankommenden Lichts. Dieses ist umso schwächer, je mehr Alkohol in der Atemluft vorhanden ist. Die elektrochemische Messung arbeitet mit einer Elektrolyt-getränkten Membran, die eine Messelektrode und eine Gegenelektrode trägt. Befindet sich in der Atemluft Alkohol, wird dieser an der Messelektrode oxidiert und die austretenden Elektronen werden registriert.

Atemalkohol-Testgeräte geben die Atemalkoholkonzentration (AAK) in Milligramm Ethanol je Liter Atemluft (mg/l) an. Eine direkte Umrechnung von der AAK auf die tatsächliche BAK (Ethanolmenge in Gramm je Liter Blut (g/l)) ist nicht möglich. Da sich die BAK aber recht gut von der AAK ableiten lässt, hat der Gesetzgeber den Umrechnungsfaktor 2 eingeführt. Demnach wird eine AAK von 0,25 mg/l wie eine BAK von 0,5 Promille gewertet wird.

In der Polizeikontrolle bedeutet das: Liegt der gemessene Wert unter den gesetzlich festgelegten Grenzwerten, wird in der Regel auf eine Blutuntersuchung verzichtet. Weigert sich der Fahrer jedoch, den Test zu machen, zeigt er starke Funktionseinschränkungen oder liegt der gemessene Wert deutlich zu hoch, ist eine Blutentnahme erforderlich. Polizisten brauchen dafür keinen richterlichen Beschluss mehr, sie müssen den Fahrer allerdings auf die Polizeidienststelle bringen, da die Blutentnahme durch einen Arzt erfolgen muss. Die Kosten dafür muss der Fahrer tragen.

Verschiedene Promillegrenzen

In den meisten Ländern ist Autofahren unter Alkoholeinfluss gesetzlich verboten. Die Verbotsvoraussetzungen und die Rechtsfolgen von Verstößen werden jedoch sehr unterschiedlich geregelt. In einigen wenigen Ländern wie zum Beispiel Ungarn, Kroatien oder der Slowakei gilt ein absolutes Alkoholverbot.

Die meisten anderen Länder vertreten ebenso wie Deutschland die Ansicht, dass die negativen Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit erst ab einer bestimmten Alkoholkonzentration einsetzen. Die Höhe der Grenze schwankt zwischen 0,2 und 0,8 Promille. In Deutschland liegt sie derzeit bei 0,5 Promille beziehungsweise einer AAK von 0,25 mg/l. Wer gegen diese Regelung verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld (500 Euro), zwei Punkten im Flensburger Fahreignungsregister und einem Monat Fahrverbot geahndet wird.

Wird ein Fahrer ein zweites Mal erwischt, erhält er zwei weitere Punkte, ein dreimonatiges Fahrverbot und muss 1000 Euro zahlen. Beim dritten Verstoß erhöht sich das Bußgeld auf 1500 Euro, die Punkte und das Fahrverbot bleiben gleich.

Relative Fahruntüchtigkeit

Von dieser Regelung gibt es jedoch Ausnahmen. Fahrer, die wegen auffälligen Fahrens – zum Beispiel leichtsinniger Fahrweise, Schlangenlinien oder grober Fahrfehler – von der Polizei angehalten werden oder einen Unfall verursachen, gelten als relativ fahruntüchtig, wenn bei ihnen eine BAK von 0,3 Promille festgestellt wird. Betroffene müssen mit drei Punkten im Fahreignungsregister, einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren und dem Führerscheinentzug von mindestens sechs Monaten rechnen. Unterhalb von 0,3 Promille kann eine relative Fahruntüchtigkeit laut §316 StGB nur bei Auftreten außergewöhnlicher Umstände vorliegen.

Für Fahranfänger in der zweijährigen Probezeit und junge Fahrer unter 21 Jahren gilt seit 2007 die 0,0 Promillegrenze und damit ein striktes Alkoholverbot am Steuer. Verstöße gegen diese Vorgabe werden mit einem Bußgeld von mindestens 250 Euro und einem Punkt im Fahreignungsregister geahndet. Außerdem erhöht sich die Probezeit auf vier Jahre, und es drohen weitere Auflagen wie die Teilnahme an kostenpflichtigen Aufbauseminaren.

Absolute Fahruntüchtigkeit

Ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille (0,55 mg/l AAK) spricht der Gesetzgeber von der absoluten Fahruntüchtigkeit. Nun wird es als gegeben angesehen, dass ein Autofahrer den Anforderungen des Straßenverkehrs nicht mehr gerecht wird und nicht mehr in der Lage ist, ein Auto sicher zu fahren. Auch wenn die betroffene Person keine Ausfallerscheinungen zeigt.

Wer mit 1,1 Promille oder mehr Auto fährt und angehalten wird, muss sich einem Strafverfahren stellen. Die strafrechtlichen Konsequenzen umfassen ein Bußgeld von mindestens 3000 Euro, drei Punkte im Fahreignungsregister, Führerscheinentzug von mindestens sechs Monaten und eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Bei auffälligem Fahrverhalten oder einem Unfall fallen die Konsequenzen dementsprechend höher aus. Liegt die BAK über 1,6 Promille ist zudem eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) vorgeschrieben, ebenso bei wiederholten Trunkenheitsfahrten.

Medizinisch-psychologische Untersuchung – MPU

Die MPU wird von staatlich zugelassenen Organisationen, in den meisten Fällen beim TÜV, durchgeführt und besteht aus drei Teilen. In einem computergestützten Leistungstest werden zunächst die Fähigkeiten in Wahrnehmung, Reaktion und Konzentration überprüft. In einer medizinischen Untersuchung werden Betroffene körperlich und neurologisch untersucht, bei Trunkenheitsfahrten gehört zudem eine Blutentnahme zur Überprüfung der Leberwerte dazu.

Das psychologische Gespräch stellt den Hauptteil der MPU dar. In ihm haben Betroffene die Möglichkeit, sich zu erklären. Zentrale Fragen, um die es in dem Gespräch geht, sind zum Beispiel: Warum ist es zu einer Trunkenheitsfahrt gekommen, ist dieses bereits öfter ungeahndet geschehen, wie schätzen Betroffene selber ihr Trinkverhalten ein, was soll in Zukunft anders gemacht werden. Insgesamt können für die MPU rund drei Stunden eingeplant werden. Das Ergebnis erhalten die Prüflinge schriftlich nach der Auswertung durch einen Gutachter. Wurde der Test bestanden, erhalten Kandidaten ihren Führerschein zurück.

Restalkohol nicht vergessen

Viele Autofahrer verzichten auf das Auto, wenn sie zu viel getrunken haben, denken aber nicht an das Risiko durch Restalkohol am nächsten Morgen. Im Durchschnitt baut der menschliche Körper pro Stunde 0,15 Promille ab. Bei einer Alkoholkonzentration von 1 Promille würde er somit etwa sieben Stunden für den Abbau benötigen. Eine Garantie, nun wieder nüchtern zu sein, gibt es jedoch nicht. Wie der Promillewert ist auch der Alkoholabbau individuell verschieden und von Körpergewicht und Konstitution abhängig. Daran ändern auch vermeintliche Hausmittel wie ein starker Kaffee nichts.

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