Turbo für die Diät? |
Die Einnahme von Pyruvat soll die Fettverbrennung ankurbeln und den Appetit verringern. / Foto: Adobe Stock/nuzza11
Auf dem Markt gibt es verschiedene Nahrungsergänzungsmittel (NEM), die als Schlankheitsmittel beworben werden. Eines davon ist Pyruvat. Dabei handelt es sich um ein Molekül mit drei Kohlenstoff-Atomen, das die ionische Form der Brenztraubensäure darstellt. Die Substanz wurde früher durch die trockene Destillation der Weinsäure hergestellt. Diese Reaktion wurde »Brenzen« genannt und führte zum Namen des Stoffes.
Pyruvat entsteht als Zwischenprodukt, wenn Kohlenhydrate verstoffwechselt werden, und hat im Körper vielfältige Aufgaben. Es wird gebraucht, um Fette in die Mitochondrien der Muskelzellen zu transportieren, wo sie der Energiegewinnung dienen. Dort kann Pyruvat in Acetyl-CoA umgewandelt werden und ist Bestandteil des Citratzyklus. Wenn kein Sauerstoff verfügbar ist, reduziert die Laktatdehydrogenase Pyruvat zu Lactat.
In NEM wird Pyruvat in verschiedenen Formulierungen verkauft, wobei Calciumpyruvat eine der häufigsten ist. Hersteller der Supplemente werben damit, dass ihre Produkte als eine Art natürliches Doping die Leistungsfähigkeit verbessern sowie den Muskelaufbau und die Fettverbrennung fördern. Dadurch soll Pyruvat das Abnehmen erleichtern.
Als weiteren gesundheitsfördernden Effekt wird dem Salz der Brenztraubensäure zugeschrieben, dass es als Antioxidans wirke und dadurch aktiv zum Muskel- und Zellschutz beitragen könne. Der Wirkmechanismus ist jedoch unklar. Es gibt nur unzureichend belegte Theorien, etwa dass Pyruvat den Energiestoffwechsel beschleunige, indem es die Umwandlung von inaktivem Schilddrüsenhormon Thyroxin (T4) in aktives T3 (Triiodthyronin) fördere. Eine weitere These ist, dass Pyruvat den Insulinspiegel im Blut senke und dadurch den Fettabbau steigere.
Außer in NEM ist Pyruvat in Kosmetik enthalten. Brenztraubensäure findet sich oft unter dem Namen »Pyruvic Acid« vor allem in Gesichtspeelings. Der Inhaltsstoff wirkt keratolytisch, Talg regulierend und antimikrobiell und kommt zur Behandlung von Akne zum Einsatz. »Pyruvic Acid« wird zudem ein Anti-Aging-Effekt zugeschrieben und soll Fältchen glätten. Die Anwendung kann allerdings die Haut reizen und sollte bei höher konzentrierten Produkten durch Fachpersonal erfolgen.
Der Körper stellt Pyruvat zwar aus Kohlenhydraten selbst her. Der Bedarf kann jedoch bei erhöhtem Energieverbrauch wie bei Sportlern erhöht sein. Doch ob eine Supplementation einen Vorteile bringt, ist uklar. Für die postulierten Wirkungen, dass Pyruvat die Ausdauer verbessere, den Gewichtsverlust bei einer Diät sowie den Stoffwechsel und Fettabbau steigere und gleichzeitig den Appetit verringere, gibt es jedoch kaum Beweise aus Studien.
Positive Wirkungen auf die Trainingsleistung wurden bisher hauptsächlich in zwei Studien mit einer kleinen Anzahl untrainierter Männer gezeigt. Weitere Erkenntnisse stammen aus Tierversuchen. Getestet wurde in den beiden Studien Pyruvat zusammen mit Dihydroxyaceton, das im Körper ebenfalls während der Glykolyse entsteht. Auch Pyruvat-Supplemente auf dem Markt können Dihydroxyaceton enthalten, der Zusatz ist jedoch nicht immer deklariert. In den Studien erhielten die Teilnehmer 75 g Dihydroxyaceton und 25 g Pyruvat, was um ein Vielfaches mehr ist als die Einnahmeempfehlung bei den gängigen kommerziellen Pyruvat-Präparaten.
Derzeit gibt es keine Studien, welche die Wirksamkeit von Pyruvat in handelsüblichen Dosen belegen. Dennoch bewerben die Hersteller Präparate mit der Aussage, dass die Wirksamkeit durch klinische Studien belegt sei. Unklar ist auch, wie gut Pyruvat bei Einnahme aufgenommen wird. In einer Studie aus dem Jahr 2000 ließen Wissenschaftler freizeitlich aktive Personen (acht Frauen und ein Mann) entweder 7, 15 oder 25 g Pyruvat einnehmen. Bei den Probanden erhöhte sich durch die Einnahme nicht signifikant der Blutspiegel von Pyruvat und auch Marker des Kohlenhydrat-oder Lipidstoffwechsels wie Blutglucose, Lactat oder freie Fettsäuren blieben unverändert.
Mehr Studien gibt es zur Wirkung von Pyruvat auf die Gewichtsabnahme. Bei den Arbeiten handelt es sich überwiegend um kleine Studien aus dem letzten Jahrtausend. Die meisten Forschungen wurden von einer überschaubaren Anzahl an Wissenschaftlern durchgeführt und sind häufig von der Industrie finanziert. Beispielhaft sei eine Studie aus dem Jahr 1998 erwähnt, bei der 26 gesunde übergewichtige Männer und Frauen täglich sechs Wochen lang 6 g Pyruvat erhielten und sich leicht körperlich betätigten. Die Intervention verringerte signifikant das Körpergewicht und die Fettmasse. Ähnliche Arbeiten stützen die Hinweise, dass die Einnahme von Pyruvat während einer Diät und bei sportlicher Betätigung den Gewichtsverlust bei Übergewicht oder Fettleibigkeit geringfügig verbessern könnte. Bevor man Pyruvat entsprechen empfehlen kann, sollte die Wirksamkeit jedoch weiter erforscht werden.
Das war das Resümee von Wissenschaftlern, die 2014 im Rahmen eines systematischen Reviews die gewichtsreduzierende Wirkung von Pyruvat prüften. Sie schlossen sechs Studien ein, die methodische Schwächen aufwiesen. So gab es nur in einer Studie eine angemessene Randomisierung. In den meisten Studien war die Verblindung unzureichend oder fehlte völlig. Die Informationen zu den Studienabbrechern waren dürftig und keine Studie berichtete über eine Intention-to-Treat-Analyse (ITT). Die Metaanalyse ergab zwar, dass die Pyruvat-Einnahme das Körpergewicht statistisch signifikant im Vergleich zu Placebo senken konnte. Der Effekt war jedoch gering und die klinische Relevanz ungewiss. Zudem merkten die Autoren an, dass nur begrenzte Sicherheitsdaten für Pyruvat vorlägen.
Zwar erscheint die kurzzeitige orale Einnahme für bis zu sechs Wochen aktuell als unbedenklich. Das gilt jedoch nicht für Schwangere, Stillende und Kinder. Für diese Gruppen ist die Sicherheit nicht belegt. Ob eine langfristige Pyruvat-Einnahme unbedenklich, ist ebenfalls ungewiss. Die Forscher überwachten unerwünschte Ereignisse in der Regel nicht mehr weiter, sobald die Studie beendet war. Zu den bisher berichteten Nebenwirkungen gehören Magenschmerzen und -krämpfe, Blähungen, Durchfall und Unwohlsein. Ein beobachteter Anstieg des LDL-Cholesterins schränkte in einer Studie die positiven Auswirkungen von Bewegung auf das Blutfettprofil der Studienteilnehmer ein.
Weiterhin ist wenig über Verunreinigungen der Supplemente bekannt, die zu Problemen führen könnten, gerade wenn Anwender hohe Dosen einnehmen. Pyruvat ist als Verbindung nicht allzu stabil und kann sich mit der Zeit zersetzen. Nicht zuletzt ist ein Argument gegen die Einnahme, dass NEM mit Pyruvat bei noch ungewisser Wirksamkeit und Sicherheit nicht preisgünstig sind.
Somit spricht viel dafür, anstelle zu Kapseln oder Pulvern zu greifen, verstärkt pyruvatreiche Lebensmittel in die Ernährung zu integrieren. Die Substanz ist zum Beispiel in Äpfeln und einigen Käsesorten wie Emmentaler enthalten. In der Apotheke ist es wichtig, überhöhten Erwartungen entgegenzuhalten. Für viele Menschen mit Übergewicht und Adipositas mag es verlockend sein, auf vermeintliche Schlankheitshilfen zu setzen. Abnehmwillige sollten sich möglichst professionelle Hilfe suchen, um den Lebensstil hinsichtlich Ernährung und körperlicher Bewegung zu ändern. Das ist zwar mühsamer, aber sicherer und nachhaltiger als auf unzureichend untersuchte Hilfsmittel zu vertrauen.