Umwelt und Mensch schonen |
Isabel Weinert |
04.04.2023 12:00 Uhr |
Für die gleiche Menge Seife braucht man bei flüssigen Produkten mehr Masse als bei einem festen Seifenstück. / Foto: Adobe Stock/carbondale
Ein Teil der Menschen in Deutschland möchte aktiv dazu beitragen, die Umwelt zu schonen und den Klimawandel zu verlangsamen. Nachhaltigkeit ist dabei ein wesentliches Stichwort. Doch was bedeutet das bezogen auf ein Produkt? Als nachhaltiges Produkt bezeichnet man eines, das bei der Herstellung und für die Anwendung möglichst umweltschonend produziert wird. Die Inhaltsstoffe sollten die Umwelt auch bei deren Abbau möglichst wenig belasten, die Umverpackung sollte sich einfach recyceln oder entsorgen lassen. Das Produkt selbst darf möglichst keine gesundheitsschädlichen Stoffe umfassen. »Der Begriff der Nachhaltigkeit ist heute sehr umfassend und auch strittig, weil keine weltweit einheitliche Definition dafür existiert«, so Gast.
Um Menschen eine nachhaltige Produktwahl dennoch zu ermöglichen, eignet sich die Orientierung an Umweltzeichen. Denn diese werden nur dann vergeben, wenn gewisse Standards der Nachhaltigkeit hinsichtlich der Nutzungsphase eingehalten werden. Dazu zählen auch Gesundheitsanforderungen und Recycelfähigkeit der Produkte. Im Bereich von Kosmetik und Körperpflege nennt Gast beispielhaft den blauen Engel, das EU Ecolabel und das Nordic Swan Ecolabel. »Diese Label haben alle bestimmte Kriterien zur biologischen Abbaubarkeit der Inhaltsstoffe zu erfüllen«, weiß der Experte. So dürfen die Inhaltsstoffe nicht giftig sein oder umweltgefährlich. Wenn Tenside doch als umweltgefährlich eingestuft werden, was meist der Fall ist, weil sie Wasserorganismen schädigen können, dann müssen sie zumindest leicht biologisch abbaubar sein, damit sie in der Kläranlage zersetzt werden können.
Wer auf Produkte mit Umweltzeichen setzt, handelt also schon einmal im Sinne der Nachhaltigkeit. Doch gilt das auch für den Kauf von Produkten mit Bio-Siegeln? Um die Antworten ringt die Fachwelt. Gast weiß: »Es existiert ein großer Konflikt zwischen dem Thema Umweltzeichen und dem Thema Bio-Siegel«. Denn die Grundlage für Umweltzeichen besteht darin, Inhaltsstoffe hinsichtlich ihrer Wirkung auf Umwelt und Gesundheit einzuordnen. »Dabei ist es dem Umweltzeichen egal, ob die Inhaltsstoffe petrochemischer Herkunft sind oder nachwachsenden Rohstoffen entstammen.« Ein Bio-Siegel hingegen hat die Maßgabe, dass die Stoffe aus nachwachsenden Rohstoffen stammen, zum Beispiel auf pflanzlicher Basis gewonnen wurden oder aus Pilzen oder Ähnlichem. Die Inhaltsstoffe müssen also einen natürlichen Ursprung haben oder zumindest als naturbasiert einzuordnen sein. Petrochemisch hergestellte Substanzen haben in Produkten mit Bio-Siegel nichts verloren, auch wenn sie den Prinzipien der Nachhaltigkeit entsprechen. Allerdings ist diese Definition nicht ganz stringent. Denn bei den Tensiden in Bioprodukten kommen auch solche zum Einsatz, die streng genommen petrochemisch gewonnen werden, und zwar aus einem Naturstoff. Zu diesen modifizierten Stoffen zählen zum Beispiel Derivate von Guarkernmehl oder solche aus Palmöl und Kokosfett.
Um Produkte mit Bio-Siegel entbrennen zudem wegen der riesigen Flächen für den Anbau der Rohstoffe und aufgrund der mangelnden Biodiversität der verwendeten Anbauflächen immer wieder heftige Diskussionen. Ein Konflikt, der beispielsweise beim Palmöl relevant ist. Um diese Diskrepanz zu bereinigen, existieren sowohl für Bio-Siegel als auch für Umweltzeichen, deren Inhaltsstoffe auf Palmöl basieren, zusätzliche Anforderungen. Beide müssen sie, wollen sie ein Siegel erhalten, einen Nachhaltigkeitsstandard beim Anbau der Palmenplantagen nachweisen. Nur dann erhalten sie ein Siegel. Fehlt ein Umwelt- und/oder ein Bio-Siegel, so kann der Palmölbestandteil dem Standard entsprechen, muss es aber nicht. Wenn er ihm nicht entspricht, darf der Hersteller auch nicht damit werben.
Weil Bio-Siegel nur dann vergeben werden, wenn ein Stoff einem nachwachsenden Rohstoff entstammt und nicht wie Umweltsiegel in erster Linie gesundheitliche und nachhaltige Aspekte im Vordergrund stehen, sagen sie nicht immer etwas darüber aus, wie umweltschädlich ein eingesetzter Inhaltsstoff ist. Als Beispiel nennt Gast Limonen aus Zitrusschalenöl. Limonen fällt bei den Kriterien an Umweltsiegel durch. Es löst bei Menschen leicht Allergien aus, ist für Wasserorganismen sogar sehr giftig und ist nicht leicht biologisch abbaubar. Von Nachhaltigkeit also hier keine Spur. Weil Limonen aber seinen Ursprung in einem nachwachsenden Rohstoff hat, kann es – wenn die Kriterien an biologischen Anbau erfüllt sind – durchaus in Produkten mit Bio-Siegel stecken. Gut für die Umwelt ist das dann nicht.