Unterleibskrämpfe auch ohne Eisprung? |
Menstruationskrämpfe sind laut Studie kein Hinweis darauf, dass zuvor ein Eisprung stattgefunden hat. / Foto: Adobe Stock/leszekglasner
Die Untersuchung, über die eine Arbeitsgruppe von der University of British Columbia (UBC) in Kanada aktuell im »Journal of Pain Research« berichtet, war zweigeteilt. Beim ersten Teil handelte es sich um eine prospektive Beobachtungsstudie, in die 75 Frauen im Alter von 19 bis 35 Jahren eingeschlossen waren. Während eines einzelnen Zyklus dokumentierten diese täglich das Auftreten und die Intensität von Menstruationskrämpfen und maßen ihre orale Basaltemperatur, um nachzuvollziehen, ob ein Eisprung stattgefunden hatte.
40 Frauen hatten ovulatorische und 35 anovulatorische Zyklen mit einer ähnlichen Länge von durchschnittlich knapp 30 Tagen, schreiben die Forschenden um Gurleen Mann. In beiden Gruppen ähnelten sich die Frauen hinsichtlich Alter, Gewicht, Bildung und anderen reproduktiven Merkmalen.
Menstruationskrämpfe traten sowohl in ovulatorischen als auch in anovulatorischen Zyklen auf. Die Krämpfe in anovulatorischen Zyklen dauerten dabei mit vier statt drei Tagen länger und waren, gemessen an einer Skala von 0 bis 4, etwas intensiver (1,9 gegenüber 1,6). Die mittlere Krampfintensität multipliziert mit der Dauer der Krämpfe (Tage pro Zyklus), ergab einen Krampf-Score. Dieser betrug bei den anovulatorischen Zyklen 8, bei den ovulatorischen Zyklen hingegen 6. »Das ist die erste Dokumentation von intensiveren und häufigeren Krämpfen in anovulatorischen Zyklen«, schreibt die Arbeitsgruppe.
»Ich war überrascht, signifikante Krämpfe sowohl in Menstruationszyklen mit als auch ohne Eisprung zu sehen«, kommentiert Dr. Paul Yong, außerordentlicher Assistenzprofessor für Geburtshilfe und Gynäkologie an der UBC und einer der Studienautoren, die Ergebnisse in einer Mitteilung der Universität. Denn dies stelle die gegenwärtige Denkweise infrage, nach der eine primäre Dysmenorrhö nur in ovulatorischen Zyklen auftritt.
Eine Limitation der Studie ist, dass eine sekundäre Dysmenorrhö in der Kohorte nicht diagnostisch ausgeschlossen wurde. Die Teilnehmerinnen wurden nur systematisch befragt, ob bei ihnen eine Endometriose diagnostiziert worden war. Bei zwei Teilnehmerinnen war dies der Fall. Zu beachten ist hierbei: Endometriose wird häufig erst sehr spät erkannt. Eine Sensitivitätsanalyse, bei der die beiden Teilnehmerinnen ausgeschlossen wurden, ergab, dass die Dauer der Krämpfe und der Krampf-Score bei anovulatorischen Zyklen weiterhin signifikant höher waren. Dies galt allerdings nicht für die Krampfintensität allein.
Als zweiten Teil der Arbeit führten die Forschenden eine Metaanalyse von vier Studien mit insgesamt 273 Frauen und 991 Menstruationszyklen durch. In drei der Studien waren Jugendliche beziehungsweise junge Erwachsene sowie in eine prämenopausale Frauen eingeschlossen. Auch hier waren Menstruationskrämpfe sowohl in ovulatorischen als auch in anovulatorischen Zyklen zu beobachten – bei Ersteren allerdings doppelt so häufig.
»Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass ein Zyklus ovulatorisch ist, nur weil Menstruationskrämpfe auftreten«, schlussfolgert die Arbeitsgruppe. Auch die Annahme, dass Menstruationskrämpfe durch ein Absinken des Progesteronspiegels in der Lutealphase ausgelöst werden, was die Freisetzung von Prostaglandinen bedingt und zu Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur führt, stellt sie infrage. »Es ist unwahrscheinlich, dass der abnehmende Progesteronspiegel vor der Menstruation, so wie derzeit angenommen, Menstruationskrämpfe auslöst«, so der Wortlaut. Denn bei anovulatorischen Zyklen bleibt die normale zyklische Progesteronbildung aus.
Neue Forschung sei notwendig, um zu verstehen, welche anderen Veränderungen Krämpfe auslösen. »Mehr über die Ursachen zu erfahren, wird bei der Behandlung von Krämpfen helfen, die schwerwiegend sind oder zu Fehlzeiten in der Schule oder am Arbeitsplatz führen.«