Update Coronavirus bei Kindern |
Verena Schmidt |
13.09.2021 14:00 Uhr |
Auch Long Covid – ein Komplex aus Beschwerden wie starker Erschöpfung, Kurzatmigkeit, Konzentrationsproblemen und psychischen Problemen, die noch lange nach der akuten Infektion bestehen – tritt bei Kindern zwar viel seltener auf als bei Erwachsenen. Einer im Fachjournal »The Lancet« veröffentlichten Studie zufolge sind jedoch immerhin rund 4 Prozent der Kinder zwischen 5 und 17 Jahren nach einer Corona-Infektion betroffen. Für die Studie hatten Wissenschaftler vom King’s College in London Meldungen zu Covid-19 bei insgesamt 1734 Kindern ausgewertet, die Eltern zwischen September 2020 und Februar 2021 über die Smartphone-App ZOE gemacht hatten.
Insgesamt zeigten 4,4 Prozent nach vier Wochen noch Symptome, bei den Fünf- bis Elfjährigen waren es 3,1 Prozent und bei den 12- bis 17-Jährigen 5,1 Prozent. Den Angaben zufolge waren es am häufigsten Fatigue (84,4 Prozent), Kopfschmerzen und Verlust des Geruchssinns (jeweils 77,9 Prozent), die die Kinder längere Zeit nach der Infektion plagten.
Seit einigen Wochen rät die Ständige Impfkommission (STIKO) allen Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Sie sollen zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffs (Comirnaty® oder Spikevax®) im Abstand von drei bis sechs beziehungsweise vier bis sechs Wochen erhalten. Die STIKO betont, dass die Impfung nicht nur direkte Folgen einer Infektion mildern soll, sondern auch indirekte Folgen »wie Einschränkungen der sozialen und kulturellen Teilhabe«.
Die Impfung mit dem mRNA-Impfstoff scheint wie auch bei Erwachsenen für die Kinder und Jugendlichen gut verträglich zu sein. Seltene, aber schwere Nebenwirkungen, die bei Jungen häufiger als bei Mädchen auftreten, sind Peri- und Myokarditiden. In Deutschland wurden bis Ende Juli 24 Fälle von Peri- oder Myokarditis nach Covid-19-Impfung bei 14- bis 17-Jährigen gemeldet, 22 bei Jungen und zwei bei Mädchen. Die meisten traten nach der zweiten Impfung auf. Todesfälle gab es keine. Die Herzmuskelentzündungen verliefen in der Regel mild, zu möglichen Langzeitfolgen ist allerdings noch wenig bekannt. In den ersten Tagen nach einer Impfung sollten zum Schutz starke körperliche Belastungen und Leistungssport möglichst vermieden werden.
Weitere schwerwiegende Ereignisse bei Kindern und Jugendlichen sind laut STIKO bisher nicht bekannt. Aktuell untersucht die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) allerdings einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten eines Multisystem-Entzündungssyndroms und der Covid-19-Impfung mit Comirnaty.
Laut der repräsentativen COPSY-Studie (Corona und Psyche) zeigt während der Pandemie fast jedes dritte Kind psychische Auffälligkeiten; vor der Krise war weniger als ein Fünftel betroffen. Mediziner des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf hatten dazu im Sommer 2020 und im Winter 2020/21 mehr als 1000 11- bis 17-jährige Kinder und Jugendliche sowie 1500 Eltern von 7- bis 17-Jährigen befragt.
85 Prozent der Kinder und Jugendlichen fühlten sich demnach durch die Einschränkungen während des Lockdowns belastet, der fehlende Kontakt zu Freunden, Probleme mit dem Homeschooling und Streit in der Familie setzten ihnen zu. Die Lebensqualität sank deutlich, gleichzeitig nahm der Medienkonsum zu. Die Kinder ernährten sich außerdem ungesünder und trieben weniger Sport.
Welche langfristigen Folgen die Pandemiezeit auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat, ist aktuell nur schwer abzusehen. Wichtig ist: Hilfe sollte bei Bedarf so früh wie möglich in Anspruch genommen werden, betonen die Fachgesellschaften.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.