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Mehr Pro-, weniger Antibiose

Vaginales Mikrobiom in Balance

Es sind nicht nur die Bakterien im Darm, die durch eine Antibiotikaanwendung in Mitleidenschaft gezogen werden. Auch ihre Balance im Scheidenmilieu kann aus dem Gleichgewicht geraten. Wann sind dann Milchsäure und wann die produzierenden Laktobazillen indiziert?
AutorKontaktElke Wolf
Datum 31.01.2025  08:30 Uhr

Dass das Darmmikrobiom wesentlichen Einfluss auf das Immunsystem und damit auf die Gesundheit hat, ist keine neue Erkenntnis. Dass die Mikroorganismen des Darms aber auch das Scheidenmilieu mitsteuern, überrascht dann doch. »Das vaginale Mikrobiom steht in täglichem Crosstalk mit dem des Darms und wird deshalb auch von ihm beeinflusst«, sagte Professor Dr. Werner Mendling, Leiter des Deutschen Zentrums für Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe am Helios Universitätsklinikum Wuppertal, bei einer digitalen Presseveranstaltung des Arzneimittelherstellers Dr. Kade.

Wie hat man sich diese Interaktion vorzustellen? 99 Prozent der auf und im menschlichen Organismus lebenden Bakterien sitzen im Darm. »Das dortige Mikrobiom enthält mehr Bakterien und Hundert bis Tausend Mal mehr Gene als der Mensch Körperzellen besitzt und nimmt zum Beispiel durch kurzkettige Fettsäuren als Stoffwechselprodukte dieser Bakterien über vielfältige Interaktionen mit der Immunologie, den Hormonen und Vitaminen entscheidend Einfluss auch auf die Vaginalgesundheit«, erklärte der Gynäkologe.

Das Mikrobiom der Vagina beherbergt mehr als 500 verschiedene Spezies – auch Pilze und Viren –, die sich in einem individuellen, typischerweise von Milchsäurebakterien dominierten Gleichgewicht befinden. Laut Mendling sind derzeit mehr als 260 verschiedene Lactobacillus-Arten bekannt. Sie sind es, die das im estrogenisierten Vaginalepithel gebildete Glykogen zu Glucose und Maltose umsetzen und daraus Milchsäure bilden – was den pH-Wert in den sauren Bereich (< 4,5) sinken lässt. Das erschwert pathogenen Keimen die Anheftung und Vermehrung. Erhöht sich der pH-Wert, nimmt die Zahl der Milchsäurebakterien ab.

Schutzschild aus Bakterien

Ein Mangel an Laktobazillen ermöglicht opportunistischen Erregern, sich auszubreiten. Das Risiko für vaginale Infektionen wie eine bakterielle Vaginose, Pilzerkrankungen und rezidivierende Harnwegsinfekte steigt damit. Die bakterielle Vaginose sieht Mendling als Paradebeispiel für eine Dysbiose im Ökosystem der Vagina. »Dabei überwuchert vor allem Gardnerella vaginalis die vaginalen Epithelzellen und verdrängt Laktobazillen.« Auch bei Antibiotikaanwendungen – sei es aufgrund der bakteriellen Vaginose, von Blasenentzündungen oder Infekten der oberen Atemwege – kann sich die Zahl der Milchsäurebakterien reduzieren und der Scheiden-pH-Wert erhöhen.

In der Regeneration der Vaginalschleimhaut mithilfe von Probiotika sieht der Gynäkologe eine gute Behandlungsoption, vor allem um Rezidiven vorzubeugen. Das entspricht auch den Empfehlungen der S2k-Leitlinien zur Behandlung der Vulvovaginalcandidose und der bakteriellen Vaginose. Mendling konkretisiert: »Die Studienlage ist nicht zufriedenstellend, da die verwendeten Probiotika, die Therapieziele, die Dauer der Gabe und die Indikation nicht vergleichbar sind. Aber: Metaanalysen zeigen eindeutig positive Ergebnisse. Wahrscheinlich sind Probiotika nicht zur primären Therapie der bakteriellen Vaginose geeignet – das müssen Clindamycin oder Metronidazol richten –, aber sie reduzieren die Rezidivhäufigkeit um etwa die Hälfte.«

Wann Säure, wann Bakterien?

Um die vaginale Mikrobiota rasch und kurzfristig noch während der Antibiose zu unterstützen, bietet sich die lokale Applikation von Milchsäure an (wie KadeFlora® Milchsäurekur, Symbiovag® Lactat Vaginalzäpfchen, Vagisan® Probioflora Vaginalzäpfchen). »Ich empfehle Kundinnen, die aufgrund einer bakteriellen Vaginose mit einer Antibiotikaverordnung in die Apotheke kommen, während der Antibiose eine Milchsäurekur für sieben Tage. Das senkt kurzfristig den pH-Wert wieder, der sich bei einer bakteriellen Vaginose erhöht hat. So kann man rasch ideale Wachstumsbedingungen für die schützenden Milchsäurebakterien schaffen«, riet Apothekerin Kirsten Hien aus Hanau bei der Presseveranstaltung.

Auch für Patientinnen, die zu rezidivierenden Harnwegsinfekten neigen, hält Hien Milchsäure-haltige Präparate für besser geeignet als die produzierenden Bakterien. »Menstruationsblut ist basisch, was sich auf den Scheiden-pH-Wert auswirkt. Die allmonatliche Milchsäure-Substitution für wenige Tage unterstützt die Scheidenflora und macht sie weniger empfänglich für Escherichia coli.« Die Apothekerin rät, kurmäßig zwei bis drei Tage nach jeder Menstruation Milchsäure zu applizieren.

Laktobazillen sind dagegen die richtige Wahl, wenn es im Anschluss an eine Antibiose darum geht, das Vaginalmilieu wieder grundlegend aufzubauen. Auch Patientinnen, die häufig von wiederkehrenden Pilzinfektionen heimgesucht werden, dürften eher von einer Zufuhr der Laktobazillen profitieren. Nur den pH-Wert anzuheben, sei weniger effektiv.

Laktobazillen können auf oralem oder vaginalem Weg zugeführt werden. Bei der vaginalen Applikation ist zu bedenken, die Behandlung unmittelbar nach der Menstruation zu beginnen. Da das Arzneimittel in der Vagina angewendet wird, und nur lokal wirkt, kann es auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden.

Wichtig zu wissen: Der Effekt der oralen Einnahme dürfte eine gewisse zeitliche Latenz mit sich bringen, da die Laktobazillen erst aus dem Darm in die umliegenden Organe migrieren müssen. Mit dem Stuhlgang ausgeschiedene Milchsäurebakterien gelangen über den Damm auch zur vaginalen Schleimhaut.

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