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Verbreitete Irrtümer zu Antibiotika und Resistenzen

»Die Zukunft der Antibiotika hängt von uns allen ab« – so lautet der Leitsatz der anstehenden Weltantibiotikawoche, den die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) zum Anlass genommen hat, über häufige Missverständnisse rund um das Thema Antibiotika aufzuklären.
DGI/Katja Egermeier
15.11.2019  16:35 Uhr

Irrtum 1: Antibiotika wirken gegen Erkältung und Grippe

Einer Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK zufolge erwarten 72 Prozent der Patienten, dass ihr Arzt bei einer Erkältung ein Antibiotikum verschreibt, wenn die Beschwerden nicht von selbst besser werden. Und tatsächlich werden bei Erkältungen noch immer häufig Antibiotika verschrieben – fälschlicherweise. Denn Antibiotika wirken nur gegen Bakterien, nie gegen Viren. Das heißt, sie helfen weder bei Erkältungen noch bei grippalen Infekten oder Grippe – auch nicht, wenn diese hartnäckig sind.

Manchmal wird eine Virusinfektion von einer bakteriellen Infektion begleitet – nur in solchen Fällen ist mitunter ein Antibiotikum nötig. Werden Antibiotika zu oft oder falsch eingesetzt, bilden Bakterien immer schneller Resistenzen gegen die Medikamente und Antibiotika verlieren ihre Wirkung.

Irrtum 2: Antibiotika immer bis zum Ende der Packung einnehmen

Vielen Menschen ist folgende Faustregel geläufig: Ein Antibiotikum sollte auch noch nach dem Verschwinden der Symptome und stets bis zum Ende der Packung eingenommen werden. Diese Regel ist zu stark vereinfacht und veraltet. Denn heute wissen Forscher: Bei vielen Infektionen reicht auch eine kurze Einnahmezeit aus, um die Erkrankung erfolgreich zu bekämpfen.

Bei einer Harnwegsinfektion beispielsweise muss das Medikament mitunter nur einen Tag lang eingenommen werden. Eine kürzere Therapie hat zudem den Vorteil, dass weniger resistente Erreger entstehen.

DGI-Experten empfehlen: Der Arzt sollte idealerweise eine individuelle Einnahmedauer vorgeben, die gezielt auf die jeweilige Infektion und den zu erwartenden Verlauf abgestimmt ist. Sind die Symptome frühzeitig ausgeheilt, sollte der Patient den Arzt kontaktieren und mit ihm das weitere Vorgehen besprechen. Für Antibiotika gilt also, was für andere Medikamente auch gilt: Sie sollten so lange wie nötig, aber so kurz wie möglich eingenommen werden.

Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft beim Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach Abschluss der Behandlung in der Packung verbleibende Arzneimittel unbedingt entsorgt werden sollten. »Angebrochene Antibiotika-Packungen gehören definitiv in den Hausmüll und dürfen nicht für eine weitere Verwendung im Arzneimittelschrank gelagert werden.«

Irrtum 3: Menschen können gegen Antibiotika resistent werden

2018 zeigte eine Befragung von 2.000 Teilnehmern aus Deutschland: Rund 63 Prozent der Befragten gingen irrtümlicherweise davon aus, dass Menschen gegen Antibiotika resistent werden können. Richtig ist: Nur Bakterien werden gegen Antibiotika resistent. Diesen Abwehrmechanismus haben Bakterien im Laufe der Evolution gebildet. Das bedeutet: Resistenzen sind kein individuelles Problem einzelner Menschen.

Resistente Bakterien können sich ausbreiten und werden so für uns alle zum Risiko – auch für Menschen, die noch nie ein Antibiotikum eingenommen haben. Kommen beispielsweise abwehrgeschwächte oder frisch operierte Menschen mit resistenten Bakterien in Kontakt, können diese zu schwer zu behandelnden Infektionen führen.

Irrtum 4: Resistente Erreger sind besonders gefährlich

Tatsächlich sind resistente Bakterien nicht – wie oft angenommen – per se gefährlicher als nicht resistente Erreger. So stehen beispielsweise zur Behandlung des resistenten Bakteriums MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) immer noch Antibiotika aus mindestens sechs unterschiedlichen Substanzklassen zur Verfügung.

Für andere Bakterien, die nicht als resistent eingestuft sind, stehen weniger Antibiotika-Substanzklassen zu Verfügung. Zudem werden hierzulande nach wie vor die allermeisten schweren Infektionen durch Erreger verursacht, die nicht als multiresistent gelten: Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 30.000 Menschen an einer durch das Bakterium Staphylococcus aureus ausgelösten Blutstrominfektion – eine Infektion, die wegen ihrer hohen Sterblichkeitsrate gefürchtet ist. Weniger als 10 Prozent dieser Infektionen werden durch die multiresistente Variante von Staphylococcus aureus – also MRSA – ausgelöst. MRSA ist sogar auf dem Rückzug – doch die nicht-resistente Variante fordert nach wie vor jedes Jahr tausende Menschenleben.

»Alle in der Verantwortung«

Um die Verbreitung von Resistenzen zu minimieren und die Wirksamkeit und Verfügbarkeit von Antibiotika auch in Zukunft sicherzustellen, stehen aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation WHO alle in der Verantwortung: »Das reicht von der rationalen Antibiotikaverordnung in der Human- und Tiermedizin über den sorgsamen Umgang mit Antibiotika seitens Patienten bis hin zur Politik und der pharmazeutischen Industrie, die sich dringend über die Problematik der unzureichenden Antibiotika-Forschung und Antibiotika-Lieferengpässe verständigen müssen«, erklärt Professor Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Universitätsklinik Köln und Vorsitzender der DGI.

Wie der BAH mit Blick auf eine repräsentative Umfrage vom Mai dieses Jahres berichtet, glauben allerdings 55 Prozent der Deutschen, Antibiotikaresistenzen selbst nicht verhindern zu können. »Daran sehen wir, wie wichtig es ist, die Bevölkerung über Antibiotikaresistenzen besser aufzuklären. Vielen ist nicht bewusst, dass sie selber der Resistenzentstehung entgegensteuern können.« 

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