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Optimale Heilung

Verletzte Muskeln nicht zu lang kühlen

Sich einen Muskel zu verletzen, geht ganz schnell. Bis die Folgen jedoch ausgeheilt sind, können hingegen Monate vergehen. PTA können Betroffene dazu beraten, wie sie den Heilungsprozess optimal unterstützen können.
AutorKontaktNicole Schuster
Datum 07.06.2024  08:15 Uhr

Muskeln sind unterschätzte Wunderwerke im Körper. Sie bestehen aus Muskelzellen, die als Muskelfasern bekannt sind und an sehr dünne Fäden erinnern. Etwa 250 dieser Muskelfasern werden durch Bindegewebe zu einem Muskelfaserbündel, dem Primärbündel, zusammengefasst. Mehrere Primärbündel formen zusammen größere, bis zu einem halben Zentimeter dicke sekundäre Muskelfaserbündel. Durch plötzliche Bewegungen, übermäßige Belastung oder falsches Aufwärmen können Muskeln überdehnt oder gezerrt werden. Bei einer Muskelzerrung liegen winzige Verletzungen innerhalb der Muskelfasern vor. Sie entstehen typischerweise in den oberflächlichen Muskeln, die zwei Gelenke überqueren, etwa die hintere Oberschenkelmuskulatur, die über das Hüft- und das Kniegelenk läuft. Hauptsymptom sind plötzlich auftretende ziehende Schmerzen.

Muskelprellungen können die Folge sein, wenn Kraft, etwa durch Stöße oder Schläge, direkt auf den Muskel einwirkt. In der stark durchbluteten Muskulatur entsteht ein schmerzhaftes Hämatom. Bei einem Muskelfaserriss reißt eine Muskelzelle. Schwerwiegender ist die Verletzung, wenn ein Muskelfaserbündel reißt. Wenn der Muskel vollständig durchtrennt ist, liegt ein Muskelriss vor. Diese Verletzung ist jedoch zum Glück selten. Je nach Schwere können Muskelverletzungen einen Patienten tage-, wochen- oder gar monatelang außer Gefecht setzen. Eine schnelle und richtige Reaktion kann helfen, die Verletzungsschwere einzudämmen. 

Sofort handeln

Wenn es um Sofortmaßnahmen bei leichten (Sport-)Verletzungen ohne offene Wunde geht, denken viele Menschen sofort an die PECH-Regel: Pause, Eis, Compression und Hochlagern. Die vier Handlungsmaßnahmen gelten für die ersten 24 Stunden nach einer Verletzung und sollen Einblutungen und Schwellungen reduzieren. Ein wesentlicher Teil der Pech-Regel, nämlich das Kühlen, ist heute jedoch umstritten. Wenn die Körpertemperatur lokal gesenkt wird, bewirkt das eine Vasokonstriktion und geringere Durchblutung. Dadurch prägt sich zwar womöglich ein Bluterguss weniger stark aus, aber die Durchblutung verringert sich auch, die durchaus sinnvoll sein kann. Sie sorgt dafür, dass vermehrt Nährstoffe und Sauerstoff ins betroffene Gewebe gelangen. Wenn gekühlt wird, sollte das daher nicht länger als fünf bis zehn Minuten lang erfolgen. Es reicht bereits, ein Handtuch mit etwa 15°C kaltem Wasser zu benässen und als Umschlag um die verletzte Gliedmaße zu wickeln. Wer lieber Heiß-Kalt-Kompressen anwendet, legt diese niemals direkt auf die Haut, da sonst Gewebeschäden drohen. Gefrorene Packs umwickeln Patienten immer mit einem dicken Tuch.

Für unterwegs eignen sich Sofort-Kältepads, wie die WEPA Einmal-Kälte-Sofort-Kompresse. Der darin enthaltene mit Wasser gefüllte Innenbeutel platzt beim Drücken. Das Wasser vermischt sich mit einem Kühlgranulat. Das Lösen des Granulats ist eine endotherme Reaktion, die der Umgebung Wärme entzieht. Das Apothekenteam kann noch darauf hinweisen, dass Kälte die Schmerzwahrnehmung reduziert. Es besteht die Gefahr, dass das verletzte Körperteil über seine aktuelle Belastungsfähigkeit hinaus beansprucht wird. Der Körper reagiert womöglich darauf, indem er mehr Narbengewebe produziert und Gewebeverhärtungen entstehen.

Einigkeit herrscht, dass es direkt nach einer Verletzung sinnvoll ist, die verletzte Gliedmaße vorübergehend ruhig zu stellen. Ein leichter Druck auf die verletzte Region (Compression) soll Einblutungen und Schwellungen minimieren und stabilisieren. Dazu können Patienten einen elastischen Druckverband anlegen (lassen). Hochlegen bedeutet, dass die betroffene Körperstelle höher als das Herz gelagert wird. Das bessert den Rückfluss des Blutes und ins Gewebe ausgetretene Flüssigkeit kann schneller abtransportiert werden. 

Nach der Akutphase wirkt es sich positiv auf den Heilungsverlauf aus, wenn das lädierte Körperteil nicht zu lange inaktiv bleibt. Daher sollen Patienten sobald wie möglich behutsam mit schmerzadaptierter Bewegung beginnen, wobei sie auf die Signale ihres Köpers achten und es nicht übertreiben dürfen.

Schmerzen  nehmen

PTA können verschiedene Mittel anbieten, um die Beschwerden zu lindern und die Heilung zu unterstützen. Oral eingenommene nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac lindern muskuloskelettale Schmerzen zuverlässig. Mit der systemischen Aufnahme der Wirkstoffe sind jedoch Nebenwirkungen etwa des Gastrointestinaltraktes verbunden. Bei ambitionierten Sportlern kann das Apothekenteam hinterfragen, ob sie die Analgetika einnehmen wollen, um trotz Verletzung weiter zu trainieren. Schmerzen sind Warnsignale des Körpers und sollen dazu anleiten, die Verletzung nicht weiter zu verschlimmern. Die Kombination aus oralen NSAR und hohen körperlichen Belastungen erhöht zudem das Risiko für Nierenschädigungen und Magendarmblutungen.

Wenn bei Patienten NSAR kontraindiziert sind, sie aber dennoch eine orale Schmerztherapie wünschen, ist Paracetamol eine Alternative. Es wirkt allerdings nicht entzündungshemmend und schädigt bei übermäßigem Gebrauch die Leber. Eher abraten kann das Apothekenteam bei Sportverletzungen von Acetylsalicylsäure (ASS). Der Wirkstoff fördert die Blutungsneigung und kann sich möglicherweise negativ auf den Heilungsprozess auswirken.

Wirksam von außen

Bei vielen Muskelverletzungen muss das Schmerzmittel gar nicht oral eingenommen werden, es wird auch durch eine lokale Therapie mitunter sogar ein besserer Effekt erzielt. Salben und Gele mit Diclofenac oder Ibuprofen sind in der Regel gut verträglich. Als lokale Nebenwirkung können allerdings Hautirritationen wie Trockenheit, Kontaktdermatitis und Juckreiz auftreten. Viele Patienten empfinden bereits das Einmassieren als wohltuend und entspannend. Gele punkten noch zusätzlich durch einen kühlenden Soforteffekt. 

Bei den topischen Schmerztherapeutika sind drei Faktoren entscheidend für die pharmakologische Wirksamkeit: der eingesetzte Arzneistoff, seine Konzentration und die Galenik. Die richtige Formulierung des Arzneimittels stellt sicher, dass der Arzneistoff tatsächlich bis zu den verletzten Strukturen vordringt und dort wirken kann. Hier gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Präparaten. Untersuchungen zur Permeationsfähigkeit von Ibuprofen zeigten beispielsweise, dass eine fünfprozentige Mikrogel-Formulierung (wie doc® Ibuprofen Schmerzgel, dolgit® Mikrogel) einer O/W-Creme wie ibutop® Creme gleicher Konzentration überlegen ist. Das liegt nicht nur daran, dass der Arzneistoff im Mikrogel bereits in gelöster Form vorliegt, sondern auch an den verwendeten Hilfsstoffen, die die Barriereeigenschaft der Hornhaut verringern. Vergleichende klinische Studien zur Wirksamkeit gibt es allerdings nicht.

Diclofenac-Gele unterscheiden sich ebenfalls in ihrer Formulierung und Permeationsfähigkeit. Emulsionsgele bestehen aus einem Öl, das in einem Hydrogel verteilt ist. Der Wirkstoff befindet sich in einem lipophilen Depot innerhalb des Gels und diffundiert durch die hydrophilen Bereiche in die Haut. Hydrogele hingegen enthalten hydrophile Polymere wie Carbomer oder Celluloseether, die ein hochdisperses Gerüst aufbauen, in das sich Wasser einlagert. In einem Versuch fanden Wissenschaftler heraus, dass bei einer liposomalen Gelformulierung (wie Diclo-ratiopharm® Schmerzgel) der Wirkstoff besser durch die Haut aufgenommen wird als bei Emulsionen (wie Voltaren® Schmerzgel). Die bessere Permeation aus dem Liposomengel wird darauf zurückgeführt, dass die Hülle der Liposome ähnlich wie eine Zellmembran aus einer Phospholipid-Doppelschicht aufgebaut ist. Das ermöglicht es ihnen, mit der Haut zu fusionieren und den Wirkstoff einzuschleusen.

Eine Alternative zu Gelen und Cremes sind wirkstoffhaltige Pflaster mit Diclofenac oder Ibuprofen. Sie punkten damit, dass sich Patienten zum Auftragen nicht die Hände schmutzig machen müssen.

Natürliche Alternativen

Wenn Patienten pflanzliche Lösungen wünschen, können PTA Salben mit Beinwell (wie Kytta®, Traumaplant®, Arnika (wie doc® Arnika, Arnika-Salbe Weleda®) oder ätherischen Ölen (wie Doloplant®) empfehlen. Sie wirken abschwellend, schmerzlindernd und entzündungshemmend. Pferdesalben enthalten ätherische Öle wie Rosmarinöl, pflanzliche Zubereitungen wie Arnikaextrakt sowie Kampfer, Menthol oder Capsaicin in unterschiedlichen Mischungen.

Rein physikalisch wirkende Medizinprodukte wie Retterspitz® Muskelsalbe oder Retterspitz® Muskelroller können den Heilungsprozess ebenfalls fördern. Sie unterstützen die heilsame Wirkung einer Massage und lockern die Muskulatur auf. Eine weitere bewährte Methode bei Entzündungen und Schwellungen sind kühlende Wickel mit Substanzen wie Quark oder der Wickellösung Retterspitz® Äußerlich. Nach der Anwendung eines Wickels kann eine Schmerzsalbe aufgetragen werden.

Alternativ können Patienten auf homöopathische Komplexmittel wie Traumeel® (Salbe, flüssige Verdünnung zur Injektion oder Tabletten) setzen. Um Hämatome und Ödeme schneller aufzulösen, können hochdosierte Heparin-haltige Externa verwendet werden. 

Eine Enzymkur kann den Genesungsprozess von Innen fördern. Tabletten mit Bromelain oder Trypsin sind bereits seit Jahrzehnten auf dem Markt und sollen Schwellungen nach einer Verletzung entgegenwirken und die Heilung beschleunigen. Einige Nahrungsergänzungsmittel wie Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D und Glucosamin-Chondroitin können bei der Heilung von Muskelverletzungen helfen, indem sie Entzündungen reduzieren und die Knochen- und Muskelgesundheit unterstützen.

Bei starken Schmerzen, erheblichen Bewegungseinschränkungen oder wenn sich die Symptome nicht innerhalb weniger Tage bessern, sind allerdings die Grenzen der Selbstmedikation erreicht. Pateinten sollten dann ebenso einen Arzt um Rat fragen, wie bei wiederkehrenden Beschwerden.

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