Verstärkter Zigarettenkonsum während Pandemie |
Der Zigaretten- und Alkoholkonsum nahm während der Pandemie einen unterschiedlichen Verlauf unter Schülern und Studenten. / Foto: Adobe Stock/exclusive-design
So gab fast jeder zweite Jugendliche (48 Prozent) in einer Online-Befragung an, seit Pandemiebeginn mehr zu rauchen als zuvor. Nur 8 Prozent hätten weniger geraucht, berichtete Professor Dr. Reiner Hanewinkel vom Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT Nord). Von den befragten jungen Erwachsenen rauchten 43 Prozent mehr und 13 Prozent weniger als vor Pandemiebeginn.
Für die Untersuchung hatten 18.000 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren und junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren online Fragebögen ausgefüllt. Gut die Hälfte der Teilnehmer waren Schüler, knapp ein Fünftel in der Ausbildung oder Studenten. Die Teilnehmer sollten ihren Zigarettenkonsum während der Pandemiephasen rückblickend einschätzen. Dabei zeigte sich in beiden Gruppen eine kontinuierliche Zunahme des Zigarettenkonsums über die Pandemiezeit, wobei diese bei den Jugendlichen stärker ausgeprägt war. Die beiden Lockdowns spiegelten sich in den Kurven nicht wider. Das deutet darauf hin, dass Zusammenkünfte mit Freunden für Jugendliche kein Entscheidungskriterium darstellten, ob sie zur Zigarette griffen oder nicht.
Beim Konsum von Cannabis zeigte sich ein ähnliches Szenario: Bei fast jedem zweiten an der Umfrage teilnehmenden Konsumenten hatte die Pandemie einen gesteigerten Gebrauch der Droge zur Folge.
Hanewinkel vermutete, dass das Rauchen während der Pandemie eine dysfunktionale Bewältigungsstrategie darstellt. Die Jugendlichen integrierten das Rauchen stärker in den Alltag, da die soziale Kontrolle während der Pandemie weitgehend wegfiel. Rauchen wird gesellschaftlich mittlerweile eher negativ bewertet.
Beim Alkoholkonsum während der Pandemie zeigte sich ein anderes Bild: 38 Prozent der jungen Erwachsenen gaben an, dass sie während der Pandemie weniger Alkohol getrunken hatten, 32 Prozent berichteten dagegen von einem gesteigerten Konsum. Bei den befragten Jugendlichen verringerte sich der Konsum von Alkohol nur bei 16 Prozent, bei jedem Dritten stieg er. Die Hälfte der Jugendlichen konnte keinen Einfluss der Pandemie auf das Trinkverhalten feststellen.
Bei den Jugendlichen, die mehr Alkohol tranken, liegt laut Hanewinkel die Vermutung nahe, dass es sich auch hier um eine dysfunktionale Bewältigungsstrategie handelt. Bei den jungen Erwachsenen scheint eher der soziale Aspekt des Alkoholkonsums zum Tragen zu kommen. Sie trinken oft erst dann Alkohol, wenn sie mit ihren Freunden zum Feiern zusammenkommen. Diese Gelegenheiten sind durch die Lockdowns fast vollständig weggefallen. Die Pandemie habe die Umgebungssituation der Jugendlichen mit einem Schlag verändert, was die meisten Jugendlichen weitaus mehr belastet hätte als angenommen, sagte Hanewinkel.