Verwechslungsgefahr durch Apps und neue Arten |
Pilz-Apps zur Bestimmung sind praktisch. Doch Experten warnen: Für Ungeübte besteht die Gefahr, giftige und essbare Pilze zu verwechseln. / Foto: Getty Images/dolgachov
Das Pilzesammeln sei wieder modern, sagt Christoph Hahn, Präsident der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft (BMG). Demnach sind die Pilzberatungen der BMG zurzeit gut besucht. Neu im Trend seien auch Pilz-Apps, die damit werben, Pilze anhand eines Fotos bestimmen zu können. «Das ist eine neue Gefahr, die hinzukommt», sagt Hahn. Man könne einem Pilz schließlich nicht allein an Form oder Farbe ansehen, ob dieser giftig ist.
Vor der Nutzung solcher Apps warnt auch Florian Eyer, Chefarzt der klinischen Toxikologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. Viele Giftpilze sähen gewöhnlichen Speisepilzen zum Verwechseln ähnlich. So werde etwa der weiße Knollenblätterpilz gelegentlich für einen Champignon gehalten, und den orangefuchsigen Rauhkopf identifiziere manch unerfahrener Pilzsammler als Pfifferling.
Dabei könne schon ein falscher Pilz potenziell tödlich sein, sagte Eyer. Vorsorglich solle man daher nur Pilze sammeln, die man auch selber klar identifizieren könne. Wer den Verdacht auf eine Pilzvergiftung habe, solle umgehend den Giftnotruf wählen.
Im laufenden Jahr gingen bei dem Giftnotruf in München bisher rund 259 Anrufe aus Bayern und darüber hinaus zu möglichen Pilzvergiftungen ein. Bei den allermeisten lagen allerdings keine oder nur leichte Vergiftungszeichen vor.
«Wir merken jetzt die Auswirkungen der Trockenperiode, die ja schon 2018 begann. Es gibt eindeutig zu wenig Niederschläge. Das wirkt sich auf das Pilzaufkommen aus», sagt Pilzberater Lukas Larbig aus Hannover. Daher blieben viele Pilze, die in Symbiose mit Bäumen stehen (Mykorrhiza-Pilze), bisher fast aus.
Auch Stefan Fischer von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGFM), also der Pilzwissenschaft, sieht die Folgen nicht nur des Dürresommers, sondern auch des trockenen Winters zuvor mit wenig Schnee. «Das hat Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Nicht alle Arten bilden sich aus», erklärt Fischer. Infolge des Klimawandels wandern neue, wärmeliebende Arten aus dem mediterranen Raum seit mindestens 10 bis 20 Jahren in den Norden, wie Larbig erläutert: «Das geht so weit, dass wir teilweise in Deutschland stabile Vorkommen von Kaiserlingen haben, die sonst eher südlich der Alpen auftreten.»
Fischer zufolge finden sich etliche Arten inzwischen in höheren Lagen oder nördlicher bis in skandinavische Gebiete. Pilzarten, die ursprünglich aus dem Mittelmeergebiet kommen, können also immer öfter auch in Deutschland zu finden sein. Im schlimmsten Fall kann das zu gefährlichen Vergiftungen durch Verwechslungen von Pilzarten führen, warnt Lukas Larbig.
So könne eine neue, giftige Champignonart nun beispielsweise leicht mit den ungefährlichen Wiesen-Champignons verwechselt werden. Er habe diesen sogenannten falschen Wiesen-Champignon, der Magen-Darm-Probleme auslösen kann, sogar schon in Hannover am Maschsee gefunden. «Das macht es jetzt für Speisepilzsammler nicht wirklich einfacher», sagt Larbig.