Viele Deutsche fühlen sich einsam |
Die Anzahl der Menschen, die sich einsam fühlen, ist seit der Corona-Zeit massiv gestiegen. Das betrifft auch sehr viele junge Menschen. / Foto: Getty Images/DjordjeDjurdjevic
Darauf deuten Ergebnisse aus dem «Deutschland-Barometer Depression 2023» hin, die die Deutsche Stiftung Depressionshilfe und Suizidprävention heute in Berlin vorgestellt hat. Die wahrgenommene Einsamkeit wurde dabei anhand mehrerer Kriterien erfasst: Die Befragten sollten etwa sagen, ob sie immer jemanden haben, um alltägliche Probleme zu besprechen. Oder ob ihnen eine richtig gute Freundin oder ein Freund fehlt.
«Das ist eine hohe Zahl», sagte der Vorstandschef der Stiftung, Ulrich Hegerl. Es könne eine Schattenseite unserer sehr individualistisch geprägten Gesellschaft sein. Aber nicht jeder, der sich manchmal einsam fühle, müsse das auch als Warnzeichen für eine Depression werten, stellte er klar. Wenn Einsamkeit – in diesem Jahr das Schwerpunktthema der repräsentativen Befragung – phasenweise auftrete, gehöre es zum Menschsein dazu.
Noch deutlich ausgeprägter als im Bevölkerungsschnitt ist Einsamkeit laut der Studie bei Menschen, die als depressiv diagnostiziert wurden (37 Prozent) oder die sich derzeit in einer depressiven Phase befinden (53 Prozent). «Die Einsamkeit ist eingebaut in die Depression», sagte Hegerl. Betroffene könnten in schweren Fällen keine Liebe oder Geborgenheit empfinden, dies sei abgeschaltet.
Selbst mehrere Sozialkontakte pro Tag könnten an der subjektiven Einsamkeit vieler Menschen mit Depression nichts ändern. Wenn über mehr als zwei Wochen bestimmte Symptome auftreten, kann das nach Stiftungsangaben ein Hinweis auf eine Depression sein. Maßgeblich sind vor allem gedrückte Stimmung und Interesse- oder Freudlosigkeit, ferner zum Beispiel auch Schlafstörungen, Schuldgefühle und Suizidgedanken.
Einsamkeit wertet die Depressionshilfe als Symptom von Depressionen und weniger als Ursache. Denn ein Großteil der Betroffenen zieht sich zurück. Nicht nur von anderen Menschen, sondern auch von Hobbys und Gewohnheiten. Etwa weil sie krankheitsbedingt oft kraftlos sind, ihre Ruhe wollen oder das Gefühl haben, für andere eine Belastung zu sein, wie die Erhebung zeigt. Dafür wurden knapp 5200 Erwachsene unter 70 Jahren online befragt, darunter Menschen mit und ohne Depression. Gefördert wird die jährliche Studie zu Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Depression von der Deutsche Bahn Stiftung.
Den allermeisten Betroffenen könne man helfen, auch wenn es oft Geduld brauche, sagte Hegerl. Die Möglichkeiten – Medikamente und Psychotherapie – würden aber oft noch unzureichend ausgeschöpft. Gerade wenn es darum geht, Unterstützung zu bekommen, spielen Familie und Freunde eine wichtige Rolle. Es sei jedoch wichtig, dass Angehörige keinen Druck aufbauen, sich über die Krankheit informieren und die Dinge nicht persönlich nehmen.