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Prognose für 2024

Viele Zecken, mehr FSME-Fälle

Eigentlich erfreulich: 2023 gab es in Deutschland weniger Fälle von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) als im Jahr zuvor. Doch 2024 werden die Fallzahlen aller Voraussicht nach wieder steigen, sind sich Experten einig.
Verena Schmidt
22.02.2024  14:00 Uhr

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte 2023 insgesamt 527 gemeldete FSME-Fälle gezählt, im Jahr 2022 waren es 627 gewesen. Zwar wurden in den nördlichen Bundesländern teils so viele Fälle von FSME wie noch nie gezählt, doch hauptsächlich waren nach wie vor Baden-Württemberg (143 Fälle) und Bayern (265 Fälle) betroffen. Doch von einer entspannten Lage könne keine Rede sein, die Zahlen täuschten, betonten Experten Ende Februar bei einer Online-Pressekonferenz der Universität Hohenheim in Stuttgart. »Der längerfristige Trend zeigt deutlich nach oben«, sagte Dr. Rainer Oehme, Laborleiter des Landesgesundheitsamts im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. Er berichtete, dass sich die Frequenz besonders zeckenreicher Jahre in den vergangenen Jahren erhöht habe. »Früher hatten wir in Baden-Württemberg alle drei Jahre besonders hohe FSME-Zahlen, seit etwa 2017 beobachten wir einen zweijährigen Rhythmus.« Demzufolge sei auch im aktuellen Jahr mit hohen FSME-Zahlen zu rechen.

Ein weiterer Grund für die längerfristig steigenden FSME-Fallzahlen ist auch, dass die Überträger, die Zecken, inzwischen ganzjährig aktiv sind. Die Gefahr einer Infektion bestehe schon früh im Jahr, erklärte Professor Dr. Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim. »In diesem Jahr gab es bereits Fälle in Baden-Württemberg und Bayern. Bei einem Vorlauf von vier Wochen bis zur Diagnose muss die Infektion also im Winter stattgefunden haben«, sagte sie.

Besonders hoch ist die Zeckenaktivität laut Mackenstedt im Frühjahr: Zusätzlich zu den Zecken, die dann schlüpfen, kämen diejenigen Zecken, die den milden Winter überlebt haben. Untersuchungen aus München zeigen auch: Der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) wird aktiv, sobald kein Schnee mehr liegt. In der Stadt, wo es meist 1 bis 2 °C wärmer als im Umland ist, werden die Zecken etwa vier Wochen früher aktiv als in ländlichen Gebieten.

Immer mehr Naturherde

Die Forschenden können außerdem immer mehr sogenannte Naturherde identifizieren – das sind kleine, räumlich begrenzte Gebiete, in denen besonders viele FSME-positive Zecken vorkommen. Mackenstedt: »Im Kreis Ravensburg etwa hatten wir 2007 acht solcher Naturherde, 2023 waren es bereits 25.« In Süddeutschland gäbe es mehr Naturherde als im Norden. »Sie sind zum Teil schon 20 bis 30 Jahre alt, aber es kommen immer mehr dazu«, so die Parasitologin. Die infizierten Zecken würden aus Tschechien, Polen und der Schweiz durch Tiere eingeschleppt, in Norddeutschland stammten sie aus dem Baltikum. Genau verstanden seien diese Naturherde allerdings noch nicht, so Mackenstedt, es seien viele Fragen offen. Beispielsweise warum diese räumlich begrenzten Gebiete über lange Zeiträume stabil sind, die Zecken also kaum wandern, ist aktuell Gegenstand von Untersuchungen.

Zwar gebe es regional große Unterschiede, aber mittlerweile sei ganz Deutschland FSME-Endemiegebiet, betonten die Experten. Auf der RKI-Website gibt es eine Karte der aktuellen FSME-Risikogebiete in Deutschland – rund 180 Landkreise in Deutschland zählen dazu (aktueller Stand: 2. März 2023 – demnächst müsste eine Aktualisierung erscheinen). In den Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach einem Zeckenstich bei 1:50 bis 1:100. Professor Dr. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München, betonte, dass in den Nicht-Risikogebieten die Inzidenz zwar unter 1 Erkrankung/100.000 Einwohner liege. »Das bedeutet aber nicht, dass keine Erkrankungen auftreten, das Risiko ist nicht 0.«

Hohe Dunkelziffer

Neue Studien zeigten auch, dass es bei FSME eine hohe Dunkelziffer gebe, berichtete Dobler. Untersuchungen seines Arbeitskreises, bei denen Blutproben von Blutspendern im Ortenaukreis in Baden-Württemberg auf Antikörper einer natürlichen Infektion untersucht und mit Blutproben von 1986 verglichen wurden, zeigten, dass das Virus rund siebenmal häufiger übertragen werde als bisher angenommen. »Das Infektionsgeschehen ist also sehr hoch, auch wenn eine Infektion nicht immer zur Erkrankung führt«, so Dobler.

Der Mediziner rät daher zur FSME-Impfung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung allen Personen, die in Risikogebieten zeckenexponiert sind, sich also in der Natur aufhalten. Die Grundimmunisierung besteht aus drei Impfungen, danach sollte eine Auffrischimpfung alle fünf Jahre, ab dem 60. Lebensjahr alle drei Jahre erfolgen. Dobler: »Auch bei Kindern kann es einen schweren Verlauf geben – bis hin zu künstlicher Beatmung und Ernährung. Vor dem Hintergrund der steigenden Fallzahlen ist daher auch eine Impfung von Kindern dringend anzuraten.«

Bei einer FSME-Infektion treten nach circa zehn Tagen grippeähnliche Symptome auf. Bei leichten Verläufen klagen die Patienten vor allem über starke Kopfschmerzen. Bei schwereren Verläufen können auch Gehirn und Rückenmark beteiligt sein. Dann können Symptome wie Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen sowie Bewusstseinsstörungen und epileptische Anfälle auftreten. Für etwa ein Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich. Ist sie einmal ausgebrochen, können nur die Symptome gelindert werden.

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