PTA-Forum online
Zoonosen

Vom Tier auf den Menschen

Borreliose, Norovirus-Gastroenteritis, Aids, Salmonellose oder Malaria – viel scheinen diese Infektionskrankheiten auf den ersten Blick nicht gemein zu haben. Und doch verbindet sie alle ein Merkmal: Es sind Zoonosen, also Erkrankungen, die sowohl bei Menschen als auch bei Tieren vorkommen können.
Caroline Wendt
06.03.2025  08:30 Uhr

Etwa zwei Drittel aller Infektionen, die Menschen betreffen, werden von Tieren weitergegeben (Zooanthroponosen). Die Ansteckung kann über direkten Kontakt (zum Beispiel beim Streicheln eines Tieres), Schmierinfektionen, Bissverletzungen, infizierte Nahrungsmittel (wie Milch, Eier oder Fleisch) oder sogenannte Vektoren erfolgen. Letztere sind beispielsweise Mücken oder Zecken, die als Zwischenwirt fungieren. Sind die Wirte unterschiedlicher Spezies, spricht man vom sogenannten Brückenvektor.

Die Krankheitserreger selbst sind ebenso unterschiedlich wie die Übertragungswege: Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten können für eine Zoonose verantwortlich sein. Ebenfalls können Prionen die Ursache sein. Prionen sind Proteine, die in menschlichen und tierischen Organismen sowohl in physiologischer als auch in pathogener Form vorliegen können und in ihrer pathologischen Form unter anderem Auslöser von Erkrankungen wie der Creutzfeld-Jakob-Krankheit oder von Rinderwahnsinn (BSE) sind.

Auf engstem Raum

Zoonosen gewinnen immer mehr an Bedeutung, praktisch kommen alle neuen Erreger der letzten Jahre aus dem Tierreich, so das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf seiner Internetseite. Klimawandel, Globalisierung und Massentierhaltung haben den Planeten in den letzten Jahren stark verändert. Zudem dringen Menschen immer weiter in den Lebensraum von Wildtieren vor. Und immer dort, wo sich Mensch und Tier auf engstem Raum begegnen, steigt das Risiko einer Ansteckung zwischen den Spezies. Zudem habe sich das Jagdverhalten in den Tropen stark verändert, berichtet das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI). Anstelle von Antilopen, Affen, Schweinen oder anderem Großwild, deren Bestände lokal stark dezimiert oder die gar ganz ausgestorben sind, müssten die Menschen auf kleine Tierarten ausweichen, etwa Nagetiere oder Flughunde. Das erhöhe das Risiko, mit neuen Erregern in Kontakt zu kommen enorm.

Auch bei SARS-CoV-2 handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Zoonose. Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Virus erstmals auf einem Wildtiermarkt in Wuhan auf den Menschen übergegangen ist. Zoonosen, die zum ersten Mal die Spezies wechseln, sind oft besonders gefährlich, da sich die Krankheitserreger noch nicht an den Menschen als Wirt angepasst haben.

Wildtiermärkte, wie der in Wuhan, gelten als Hotspot für Zoonosen. Denn hier werden dicht an dicht lebende und tote Tiere verkauft, geschlachtet und gekocht. Verbieten lassen sich solche Märkte jedoch nicht, denn gerade in ländlichen oder strukturschwachen Regionen der Welt sind sie für die Ernährung der Bevölkerung wichtig. Experten fordern allerdings strengere Hygiene- und Veterinärmaßnahmen. Dies käme dann auch nicht nur den Menschen zugute.

Erreger auf Reisen

Doch auch altbekannte Erkrankungen machen immer wieder Schlagzeilen, insbesondere, wenn sie sich in neuen Regionen ausbreiten. So findet beispielsweise das West-Nil-Virus durch die klimatischen Veränderungen inzwischen auch in Deutschland günstige Bedingungen. 2019 wurde erstmals nachgewiesen, dass die eigentlich aus den Tropen stammende Viruserkrankung, über die Nördliche Hausmücke (Culex pipiens) übertragen werden kann. Ein weiteres aktuelles Beispiel sind Infektionen mit Mpox-Viren (früher Affenpocken genannt). Seit Mai 2022 treten in Europa und auch in Deutschland Fälle der Infektionskrankheit auf. Meistens erkranken Reiserückkehrer, eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist vor allem bei sehr engem Körperkontakt möglich.

Der intensive Kontakt zum eigenen Haustier ist wahrscheinlich ebenfalls ein Grund, warum Zoonosen zunehmen. Hunde und Katzen werden gekuschelt, geküsst und schlafen bei manch einem sogar mit im eigenen Bett. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, sich mit Darmparasiten wie Bandwürmern, Giardien (einzellige Geißeltierchen) oder Toxoplasmen anzustecken. Außerdem verstecken sich im Fell der Vierbeiner gerne kleine Mitbewohner wie Flöhe oder Zecken, welche wiederum als Vektoren Krankheiten (zum Beispiel FSME oder Borreliose) übertragen können.

Lebensmittelbedingte Zoonosen entstehen durch den Verzehr von Nahrung oder Trinkwasser, die pathogene Mikroorganismen wie Salmonellen, Listerien oder E. coli enthalten. Die Kontamination kann in jedem Schritt der Lebensmittelkette – von der Tierhaltung bis zur Zubereitung einer Mahlzeit – geschehen. Meist machen sich die Erkrankungen mit Symptomen des Magen-Darm-Traktes, also mit Bauchkrämpfen, Erbrechen und Durchfall, bemerkbar.

Kein neues Problem

Zoonosen gab es schon immer, besonders bekannt und berüchtigt ist die Pest. Während mindestens drei Pandemien – im 6., 13.-15. und 19. Jahrhundert – forderte der Schwarze Tod mehr als 100 Millionen Menschenleben in Europa. Infizierte Flöhe dienten als Vektor und übertrugen die Bakterien von Nagetieren (vor allem Ratten) auf den Menschen. Heute beschränken sich Ausbrüche hauptsächlich auf Gegenden der Tropen und Subtropen. Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) sind zudem vereinzelte Pestfälle im ländlichen Westen der USA zu finden, wo der Erreger bei wildlebenden Nagetieren vorkommt.

Und auch Tiere können an Zoonosen erkranken, sogenannten Anthropozoonosen. So sind beispielsweise Affen anfällig für Erkältungsviren, die Touristen einschleppen. Da Affen gegen die humanen Viren keine Immunität haben, erkranken sie häufig schwer, teils mit tödlichem Verlauf.

Hygiene ist das A und O

Um sich vor Zoonosen zu schützen, sind je nach Erreger unterschiedliche Maßnahmen erforderlich. Eine grundlegende Regel ist jedoch eine gute Hygiene. Dazu gehört, sich nach Tierkontakt oder Gartenarbeit gründlich mit Seife die Hände zu waschen. Auch beim Essen und Kochen kann jeder Einzelne aufpassen: Pflanzliche Lebensmittel sollten sorgfältig mit Wasser gereinigt und rohe Lebensmittel mit Vorsicht behandelt werden. Risikogruppen wie Schwangere, Kleinkinder, immungeschwächte Personen und ältere Menschen sollten gänzlich auf rohe Nahrungsmittel verzichten. Gegen viele bekannte Erkrankungen gibt es Impfungen, die bei Reisen in Risikogebiete ergänzt werden sollten. In Mückengebieten ist es ratsam, auf entsprechenden Mückenschutz, wie lange, weite Kleidung, Repellentien und Moskitonetze, zu achten.

Auf Haustierhalter kommen noch ein paar extra Aufgaben zu: Die Tiere müssen regelmäßig entwurmt und auf Flöhe und Zecken untersucht werden. Katzen- und Hundedecken sollten bei mindestens 60° Celsius gewaschen und Käfige von beispielsweise Hamstern oder Katzenklos gereinigt werden (Handschuhe tragen).

One Health

Etwas größer gedacht ist der One-Health-Ansatz. Die Forschungen basieren auf dem Verständnis, dass die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt unmittelbar miteinander verknüpft ist. Der Ansatz fördert die interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Humanmedizin, Veterinärmedizin und Umweltwissenschaften. Denn beim Thema Zoonosen sind laut HZI noch viele Fragen nicht hinreichend geklärt. So beschäftigen sich die Forschenden beispielsweise damit, wie den Krankheitserregern der Wirtswechsel gelingt und welche Auswirkungen der Klimawandel und die damit verbundene Ausbreitung von Insekten haben wird.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa