Von Plastik zu Paracetamol |
Die Menschheit hat ein Plastikproblem – Forschende haben nun eine Möglichkeit gefunden, PET für die Arzneistoffsynthese zu verwenden. / © Getty Images/Sally Anscombe
Syntheseschritte, die bei chemischer Herstellung äußerst aufwendig bis unmöglich sind, laufen in Mikroorganismen mitunter viel einfacher ab. Das macht man sich in der pharmazeutischen Industrie schon länger zunutze. Nun konnte eine Arbeitsgruppe der University of Edinburgh in Kooperation mit der Firma Astra Zeneca eine weitere Möglichkeit der Synthese von Arzneistoffen in vivo aufzeigen.
Im Fachjournal »Nature Chemistry« berichten die Forschenden um Nick W. Johnson, dass ihnen eine sogenannte Lossen-Umlagerung in dem Bakterium Escherichia coli gelungen ist. Bei dieser Reaktion, die auch Lossen-Abbau genannt wird, entsteht aus einem Hydroxamsäure-Derivat ein Isocyanat. Sie geht auf den deutschen Chemiker Wilhelm Lossen (1838 bis 1906) zurück – ist also schon sehr lange bekannt. In einem Mikroorganismus war sie aber noch nicht reproduziert worden.
Die Forschenden fanden heraus, dass E. coli, aber auch andere lebende Zellen den Lossen-Abbau mit Phosphat katalysieren können. Die E. coli-Stämme waren genetisch so verändert, dass sie aus dem Produkt dieser Reaktion in weiteren Schritten Paracetamol synthetisierten. Als »Futter« erhielten die Bakterien die passenden Ausgangsstoffe, die die Forschenden aus Polyethylenphthalat (PET) gewannen – einem Kunststoff, der unter anderem in Plastikflaschen steckt. Die Ausbeute betrug 92 Prozent Arzneistoff.
Die Methode könne eine allgemeine Strategie zum Upcycling von Plastikmüll unterstützen, so die Gruppe. In einem »Nature News«-Beitrag sagte Seniorautor Professor Dr. Stephen Wallace, man arbeite zusammen mit Astra Zeneca bereits daran, den Prozess hochzuskalieren. Hierbei könnte es aber noch zu Hürden kommen. Ob künftig also Paracetamol und möglicherweise auch andere Wirkstoffe in großem Stil aus Plastikflaschen gewonnen werden können, bleibt fraglich. Dass es prinzipiell möglich wäre, ist aber gut zu wissen – E. coli sei Dank.