Von wegen ohne Zucker |
Barbara Döring |
02.02.2024 09:00 Uhr |
In Fertiglebensmittel stecken oft große Mengen Zucker, der sich hinter verschiedenen Namen verbirgt. / Foto: AdobeStock/alex9500
Endlich weniger Zucker essen! So manch einer hat sich das der Gesundheit zuliebe als guten Vorsatz vorgenommen. Denn zu viel Zucker im Essen trägt wesentlich dazu bei, wenn sich Adipositas, Diabetes, Karies oder eine Fettlebererkrankung entwickeln. Auch wenn sich bereits zu viele Pfunde angesammelt haben oder die Blutzuckerte immer wieder zu hoch sind, ist es Zeit, den Zuckerkonsum zu überdenken. Doch selbst, wer es sich fest vorgenommen hat, seinen Süßkonsum herunterzuschrauben, nimmt oft mehr Zucker auf, als ihm lieb ist. Denn die Süße versteckt sich vor allem dort, wo es keiner vermutet.
Maximal 10 Prozent der täglichen Gesamtenergiezufuhr sollten in Form von freiem Zucker verzehrt werden, rät die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Bei einer Gesamtenergiezufuhr von 2000 Kalorien entsprächen das 50 g freiem Zucker pro Tag. Dieser Empfehlung haben sich auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) angeschlossen. Der Wert gilt als Obergrenze, doch es darf ruhig auch weniger sein. So plädiert die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) dafür, die Aufnahme freier Zucker so gering wie möglich zu halten. Zu dieser Schluss kamen Wissenschaftler des EFSA, nachdem sie eine umfassende Sicherheitsbewertung zu Zucker in der Nahrung und dem möglichen Zusammenhang gesundheitlicher Probleme durchgeführt hatten.
Mit »freiem Zucker« sind alle Monosaccharide wie Fructose und Glucose sowie Disaccharide wie Saccharose gemeint, die Hersteller oder Verbraucher Lebensmitteln zusetzen oder die natürlicherweise in Honig, Sirup, Fruchtsaftkonzentraten und Fruchtsäften enthalten sind. Der Begriff »freie Zucker« beinhaltet also auch »zugesetzte Zucker«. Nicht dazu zählt Zucker, der natürlicherweise in Früchten, Gemüse und Milch enthalten ist. Er gehört zur Kategorie »Gesamtzucker«, die alle Zucker in der Ernährung umfasst.
Dass die Zuckeraufnahme in Deutschland zu hoch ist, zeigte unter anderem die Nationale Verzehrsstudie II Mitte der 2000er Jahre. Am meisten Zucker konsumierten demnach Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 24 Jahren mit bis zu 18,5 % freien Zucker der Gesamtenergiemenge. Doch wo kommt der viele Zucker eigentlich her? Wer auf Verpackungen von Lebensmitteln nachschaut, wird selten auf das Wort »Zucker« stoßen. Offenbar verbirgt er sich geschickt dort, wo man ihn nicht vermutet.
Hersteller sind zwar verpflichtet, die Zutaten auf einem Produkt aufzulisten. Doch viele Verbraucher würde es abschrecken, Zucker als eine der Hauptzutaten dort sofort zu finden. Stattdessen setzen sie andere süßende Zutaten ein, die jedoch ebenfalls aus Ein- und Zweifachzuckern bestehen, aber nicht ohne Weiteres als solche zu erkennen sind. Oft verwenden Hersteller davon gleich verschiedene in einem Produkt, damit die anteilige Menge geringer ausfällt und sie entsprechend weit hinten in der Zutatenliste auftauchen. Gerne werden auch die chemischen Bezeichnungen wie Glucose, Fructose oder Isomaltulose verwendet, die vielen Verbrauchern nicht geläufig sind.
Zwar kommt man bei Fertigprodukten um zugesetzten Zucker kaum herum, aber es gibt ein paar, die besonders viel ungesunde Süße in sich haben. Zum Vergleich: Ein Würfelzucker bringt 3 mg auf die Waage.
Zur Verwirrung über die tatsächliche Zuckermenge trägt bei, dass manche Werbeaussagen über den tatsächlichen Zuckergehalt von Lebensmitteln hinwegtäuschen. So bewerben Hersteller ihre Produkte zum Beispiel mit Aussagen wie »natürliche Süße«, »mit natürlicher Fruchtsüße« oder »Süße aus Früchten«. Das bedeutet jedoch nicht, dass kein Zucker enthalten ist. Meist verbirgt sich dahinter ein Gemisch aus Fructose und Glucose, die nicht gesünder sind als Haushaltszucker.
Wird Traubenzucker (Glucose) verwendet, steckt mitunter sogar insgesamt mehr Zucker im Produkt, da er eine geringere Süßkraft als Haushaltszucker besitzt. Auch Claims wir »zuckerreduziert« oder »weniger Zucker« sind irreführend, da sie nichts über den eigentlichen Zuckergehalt aussagen und nicht zwangsläufig weniger Zucker enthalten ist als in Vergleichsprodukten anderer Hersteller. Produkte, die als zuckerreduziert beworben werden, enthalten auch nicht automatisch weniger Kalorien, wie Verbraucher vielleicht erwarten würden. Selbst »zuckerfrei« bedeutet nicht, dass gar kein Zucker enthalten ist. Immerhin 0,5 Prozent sind dennoch erlaubt.
Zucker ist zudem in versteckter Form in vielen Produkten enthalten, von denen Verbraucher nicht ausgehen, dass sie überhaupt gesüßt sind. Tomatenketchup ist dafür ein inzwischen bekanntes Beispiel. Aber in vielen weiteren herzhaften Produkten lauert Süßes: Leberwurst, Tütensuppen oder Fruchtjoghurt sind nur einige Beispiele. Hier dient Zucker oft gar nicht in erster Linie dem Süßen, sondern als Geschmacksverstärker. Auch macht Zucker ein Produkt durch seine stabilisierende Eigenschaft und seinen Einfluss auf die Farbe appetitlicher und sorgt für längere Haltbarkeit – und all das, ohne große Kosten zu verursachen. Die Rechnung zahlt dann der Verbraucher, wenn sich irgendwann gesundheitliche Probleme einstellen.