Vorhofflimmern durch Omega-3-Fettsäuren? |
Juliane Brüggen |
24.11.2023 11:30 Uhr |
Omega-3-Fettsäuren werden zum Beispiel in Form von Fischöl-Kapseln angeboten. / Foto: Adobe Stock/Africa Studio
Die Einnahme von Omega-3-Fettsäure-haltigen Arzneimitteln kann Studien zufolge bei Patienten mit bestehenden kardiovaskulären Risikofaktoren oder Erkrankungen zu einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern führen. Darüber informieren die Zulassungsinhaber der Arzneimittel in einem Rote-Hand-Brief. Vorhofflimmern soll als häufige Nebenwirkung in die Produktinformationen aufgenommen werden.
Das Risiko sei bei einer Dosis von 4 Gramm pro Tag am höchsten, heißt es weiter. Sobald Vorhofflimmern auftrete, solle die Therapie mit Omega-3-Fettsäuren dauerhaft beendet werden. Angehörige der Gesundheitsberufe sind aufgerufen, Patienten mit Symptomen der Herzrhythmusstörung an einen Arzt zu verweisen. Mögliche Anzeichen sind Benommenheit, Schwäche, Herzklopfen oder Kurzatmigkeit.
In den Arzneimitteln sind hauptsächlich die mehrfach ungesättigten Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DPA) enthalten, aber auch Omega-3-Säure-Ethylester. Letztere werden bei einem erhöhten Blutfett-(Triglycerid-)-Spiegel eingesetzt. Arzneimittel, die Omega-3-Fettsäuren in Form von Fischöl oder Triglyceriden enthalten, werden darüber hinaus auch für die parenterale Ernährung verwendet.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) macht in einer Stellungnahme darauf aufmerksam, dass Fischöl und Omega-3-Fettsäuren in vergleichbar hohen Dosierungen als Nahrungsergänzungsmittel verfügbar sind, zum Beispiel zur Aufrechterhaltung einer normalen Herzfunktion. Das BfR habe bereits 2009 auf mögliche Risiken hoher Aufnahmemengen hingewiesen. Dazu zählen erhöhte Cholesterinspiegel, eine geschwächte Immunabwehr bei älteren Menschen, eine erhöhte Sterblichkeit bei herzkranken Menschen und eine erhöhte Blutungsneigung. Auswirkungen einer langfristigen Einnahme seien noch nicht ausreichend untersucht. Daher empfiehlt das Institut, Höchstmengen für DHA und EPA in Nahrungsergänzungsmitteln festzulegen.
Darüber hinaus lautet die Empfehlung, Omega-3-Fettsäuren-haltige Nahrungsergänzungsmittel nur in Absprache mit einem Arzt einzunehmen, vor allem, wenn Herzerkrankungen oder kardiovaskuläre Risikofaktoren vorliegen und die Einnahme über einen längeren Zeitraum erfolgen soll. In diesem Zuge weist das BfR darauf hin, dass Nahrungsergänzungsmittel keine Arzneimittel sind und nicht zur Linderung von Krankheiten eingesetzt werden dürfen. Bei gesunden Menschen sei eine Supplementation meist nicht nötig – gerade, wenn regelmäßig Fisch verzehrt werde.
Über den Fischverzehr in üblichen Mengen (ein- bis zweimal pro Woche) werden dem Institut zufolge keine Aufnahmemengen von Omega-3-Fettsäuren erreicht, die mit den beschriebenen gesundheitlichen Risiken einhergehen.
Der Pharmakovigilanz-Ausschuss (PRAC) der EMA hatte sich im Rahmen eines regelmäßigen Sicherheitsupdates im September 2023 mit Fischöl-Kapseln beschäftigt. Nach Auswertung mehrerer klinischer Studien, in denen vorwiegend Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen und Risikofaktoren untersucht wurden, kamen die Experten zu dem Schluss, dass es sich bei Vorhofflimmern um eine häufige Nebenwirkung von Omega-3-Fettsäuren-Ethylestern handelt. Es folgte die Empfehlung zur Änderung der Produktinformationen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfahl analog dazu die Produktinformationen von weiteren Omega-3-Fettsäure-haltigen Arzneimittel zu aktualisieren.
Bereits im Rahmen der Zulassungsstudie des Präparats Vazkepa® (Icosapent-Ethyl), das in Deutschland nicht mehr erhältlich ist, war ein dosisabhängig erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern aufgefallen. Im Jahr 2021 bestätigte eine Metaanalyse diesen Befund.