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Zahnmedizin

Wann Antibiotika und Analgetika  helfen

Von Zahnschmerz bis Mundgeruch: Täglich suchen Patienten rund um die Mundgesundheit Rat und Tat in der Apotheke. Um fit für die Beratung zu sein, streift die Zahnserie einmal querbeet durch die Zahnmedizin. In diesem Teil erfahren Sie, welche Antibiotika und Analgetika gängig sind.
Anna Carolina Antropov
06.04.2023  09:00 Uhr

Greifen Zahnärzte zum Rezeptblock, verordnen sie häufig ein Antibiotikum, ein Analgetikum oder sogar beides. Grundsätzlich kann der Einsatz von Antibiotika therapeutischer oder prophylaktischer Natur sein. Obwohl meist nur wenige Wirkstoffe infrage kommen, überraschen unterschiedliche Dosierungsschemata durchaus. Denn die Einsatzgebiete reichen von einer Endokarditis-Prophylaxe bis hin zum Abszess oder zur Parodontitis. Um Infektionen vorzubeugen, wägen Zahnärzte eine vorsorgliche Anwendung vor parodontalchirurgischen Eingriffen immer dann ab, wenn die körpereigene Abwehr geschwächt ist. Das ist beispielsweise der Fall bei Immunsuppression, schlecht eingestelltem Diabetes mellitus oder auch Bestrahlung im Kiefer-, Gesichts- oder Halsbereich. Teilweise genügt eine einmalige Applikation vor dem Eingriff (Single-Shot-Prophylaxe), manchmal eine ultrakurze Prophylaxe mit einer zweiten Gabe wenige Stunden nach dem Eingriff. Doch nicht nur bei einem operativen Eingriff im Mund, sondern auch bei der professionellen Zahnreinigung können kurzzeitig Bakterien aus dem Mundraum in die Blutbahn gelangen. Ärzte nennen dies »Bakteriämie«. Für die meisten Patienten stellt das kein Problem dar und das Immunsystem bekämpft die ungebetenen Gäste prompt. Bestimmte Personengruppen haben jedoch ein erhöhtes Risiko, eine infektiöse Endokarditis zu entwickeln, wie etwa Patienten mit bestimmten Herzfehlern oder nach vorangegangener Endokarditis. Auch bei einem Klappenersatz oder vorgeschädigter Herzklappe können sich Keime wie orale Streptokokken besonders gut anheften und eine Entzündung der Herzklappe oder innersten Schicht der Herzwand auslösen. Diese gefährdeten Patienten profitieren von einer Endokarditis-Prophylaxe. Für einen ausreichend hohen Gewebespiegel sollte das Antibiotikum bereits 30 bis 60 Minuten vor dem Eingriff verabreicht werden. Mittel der Wahl sind laut Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 2 g Amoxicillin als orale Einzeldosis. Bei einer Penicillin-Allergie wären 600 mg Clindamycin zweite Wahl. Alternativ könne im Einzelfall auch auf Penicillin G oder V, Cefalexin oder Cefazolin oder intravenös auf Ampicillin ausgewichen werden. Üblicherweise genügt eine Einzeldosis.

Clindamycin zweite Wahl

Im Gegensatz dazu wird im therapeutischen Bereich die Antibiose in der Regel zwei bis drei Tage nach Abklingen der akuten Symptome fortgesetzt. Hier erfolgt die Einnahme also in der Regel für mindestens eine Woche. Schmerzen und Schwellung sollten jedoch nicht einfach zu einer Antibiose führen, sondern Zahnärzte bemühen sich zunächst um eine genaue Abklärung der Ursache und Sanierung des Infektionsherds. Geht die Entzündung beispielsweise lokal von einem Zahn aus, kann er mit einer Wurzelkanalbehandlung oft sogar ganz ohne Antibiotikum behandelt und erhalten werden.

Ist eine systemische Antibiose indiziert, greifen Zahnärzte ebenfalls gerne zum bakteriziden Amoxicillin. Es kann bei schweren Infektionen mit Clavulansäure kombiniert werden. Patienten sollten vor der Einnahme etwas essen, dann ist es besser verträglich. Eigentlich sollten Zahnärzte nur im Falle einer Allergie oder Kontraindikation auf Clindamycin ausweichen. Clindamycin wurde von den Herstellern allerdings als besonders gut knochengängig beworben, sodass das Verschreibungsverhalten teilweise noch anders aussieht. Studien belegen mittlerweile, dass die Knochen- und Pulpa-Penetration von Amoxicillin dem in nichts nachsteht – bei zugleich besserer Verträglichkeit und weniger Durchfällen. Zudem beobachten Experten in den letzten Jahren eine zunehmende Resistenzentwicklung bei Clindamycin. Manchmal greifen Zahnärzte auch zu Penicillin V. Alternativ kommen bei einer Allergie auch Makrolide wie beispielsweise Roxithromycin infrage, andere Antibiotika spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Basis beachten

Bei parodontalen Infektionen sieht die Wirkstoffwahl etwas anders aus. Parodontitis ist häufig, wird aber gerne unterschätzt. Sie kann aggressiv oder als chronisch-entzündliche Erkrankung verlaufen und hängt mit einem dysbiotischen Biofilm zusammen. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, schwindet das zahntragende Gewebe und es droht schließlich Zahnverlust. Zur Basis jeder Therapie zählen daher eine Verbesserung der Mundhygiene, regelmäßige professionelle Zahnreinigung und möglichst die Reduktion von Risikofaktoren, wie etwa durch Raucherentwöhnung. Je nach Befund kommen verschiedene ursachenbezogene Therapien zum Einsatz. In bestimmten Fällen ist sogar eine systemische Antibiose notwendig. Diese ergänzt allerdings nur die mechanische Entfernung des Biofilms, sie ersetzt diese nicht. Schließlich wird ohne lokale Entfernung und Reduktion des Biofilms gar keine wirksame Antibiotikakonzentration in den Zahnfleischtaschen erreicht. Die medikamentöse Therapie erfolgt daher zeitgleich mit der lokalen zahnärztlichen Behandlung, andernfalls leidet die Wirksamkeit deutlich.

Bei chronischer Parodontitis empfiehlt die aktuelle Leitlinie eine systemische Therapie ab einem bestimmten Schweregrad für Patienten, die jünger als 56 Jahre alt sind. Erste Wahl ist die Kombination von 500 mg Amoxicillin mit 400 mg Metronidazol jeweils dreimal täglich für sieben Tage. Metronidazol alleine ist nur zweite Wahl bei einer Penicillin-Allergie oder nach dem Auftreten eines Arzneimittel-Exanthems. Achtung: Während der Anwendung von Metronidazol bis zu 48 Stunden danach ist Alkohol verboten und der Urin kann sich dunkel verfärben. Diese Hinweise sollten in der Beratung nicht fehlen. Auch bei aggressiver Parodontitis bis 35 Jahre gehört die Antibiose klassischerweise zur Therapie. Bei chronischen Verläufen bei Patienten über 56 Jahren könne laut Leitlinie hingegen üblicherweise darauf verzichtet werden.

Nicht alles angesagt

Um Zahnschmerzen zu lindern, fällt die Wahl sowohl in der Selbstmedikation als auch auf Rezept gerne auf Ibuprofen. Einige Präparate werben sogar mit einem Zahn auf der Verpackung. Das nicht steroidale Antirheumatikum (NSAR) Ibuprofen wirkt im Gegensatz zu Paracetamol nicht nur schmerzlindernd, sondern auch antiphlogistisch. Acetylsalicylsäure (ASS) ist hingegen weniger gut geeignet, da es die Thrombozytenaggregation irreversibel hemmt und dadurch die Blutgerinnung bis zu einer Woche beeinflusst. Das erhöht das Risiko für Nachblutungen sowohl vor als auch nach einem Eingriff. Bei niedrig dosiertem ASS sollten Patienten vorab mit ihrem Zahnarzt besprechen, ob sie die Einnahme pausieren müssen. In der Beratung kommt es dann auf den nötigen Zeitabstand an: ASS muss mindestens eine halbe Stunde vor und acht Stunden nach Ibuprofen eingenommen werden. Andernfalls mindert Ibuprofen die kardioprotektive Wirkung von ASS.

Bei Patienten mit empfindlichem Magen, erhöhtem Blutungsrisiko oder sonstigen Kontraindikationen weichen Ärzte manchmal auf Novaminsulfon (= Metamizol) aus. Gefürchtet wird dabei zwar das Auftreten einer Agranulozytose, also einer schwerwiegenden Störung der Blutbildung. Diese tritt jedoch insgesamt nur sehr selten auf. Novaminsulfon ist zugelassen für akute starke Schmerzen nach einer Verletzung oder Operation. Es könnte auch für Patienten infrage kommen, die ihren Bluthochdruck mit einem Sartan oder ACE-Hemmer und einem Diuretikum behandeln. Denn erhalten sie zusätzlich ein NSAR wie Ibuprofen, kann schlimmstenfalls der Filtrationsdruck in der Niere so sehr abnehmen, dass sich ein akutes Nierenversagen entwickelt. Experten nennen diese Dreierkombination einen »Triple Whammy«. Tückischerweise scheint das Risiko vor allem zu Beginn der Therapie erhöht zu sein. Nichtsdestotrotz bleibt das Risiko für jeden einzelnen Patienten gering – und jedes Analgetikum birgt seine eigenen Vor- und Nachteile.

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