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Vergrößert oder entzündet  

Wann steht eine Mandelentfernung an?

Wenn ein Kind schnarcht, häufig erkältet ist und schlecht hört, könnte das an vergrößerten Gaumenmandeln liegen. Auch eine Entzündung der Mandeln ist ein häufiges gesundheitliches Problem. Was ist zu tun?
AutorKontaktAnnette Immel-Sehr
Datum 05.10.2021  11:00 Uhr

Das Immunsystem des Menschen ist ein sehr komplexes Netzwerk aus verschiedenen Organen, Immunzellen und Molekülen. Die Mandeln sind Teil dieses vielseitigen Schutzsystems gegen eindringende Krankheitserreger. Ihre Aufgabe ist es, Viren und Bakterien schon beim Eindringen in die Atemwege abzuwehren.

Wenn von »Mandeln« beim Menschen die Rede ist, sind meist die Gaumenmandeln gemeint. Sie verursachen deutlich häufiger Beschwerden als Rachenmandel und Zungenmandel. Die Gaumenmandeln sind ohne weitere Instrumente gut im weit geöffneten Mund zu erkennen; die anderen Mandeln hingegen nicht. Zusammen bilden sie eine Abwehrfront – den sogenannten Rachenring. Dazu gehört auch das lymphatische Gewebe an der seitlichen Rachenwand, das auch als »Seitenstrang« bezeichnet wird. Übrigens: Die Rachenmandel wird fälschlicherweise oft als Nasenpolypen bezeichnet. Dieser Begriff ist in der Medizin jedoch anders belegt. Als Nasenpolypen gelten gutartige Wucherungen der Nasenschleimhaut.

Das medizinische Fachwort für Mandeln ist »Tonsillen«. Sie bestehen aus lymphatischem Gewebe und haben eine zerklüftete Oberfläche, in deren Furchen sich immer wieder Bakterien und kleine Mengen Speisereste vorübergehend ablagern. Die Lymphozyten in den Mandeln setzen sich mit diesen Fremdkörpern auf der Oberfläche auseinander und lösen eine Immunantwort aus.

Für zu groß befunden

Vor allem bei Kindern sind die Rachen- und/oder die Gaumenmandeln manchmal stark vergrößert. Im Extremfall ist die Wucherung sogar derart ausgeprägt, dass sich die Gaumenmandeln in der Mitte berühren. Vergrößerte Mandeln können die Atmung behindern. Dies macht sich vor allem nachts bemerkbar. Die Kinder – oder manchmal auch Erwachsene – schlafen sehr unruhig. Sie schnarchen und haben mitunter Atemaussetzer. Tagsüber leiden sie unter Schluckbeschwerden und sprechen, als hätten sie einen Kloß im Hals. Menschen mit vergrößerten Mandeln sind anfälliger für Erkältungen, die oft auch noch mit einer Mittelohrentzündung einhergehen. Am meisten betroffen sind Kinder zwischen drei und sechs Jahren. Mediziner vermuten, dass die Vergrößerung der Mandeln sozusagen eine Nebenwirkung des Wachsens ist. Spätestens mit der Pubertät schrumpfen die Mandeln bei den meisten wieder auf eine passende Größe.

Ein OP-Klassiker

Während Ärzte früher bereits bei einer mäßigen Vergrößerung der Mandeln oder bei Entzündungen rasch zu deren operativer Entfernung geraten haben, sind sie heute im Großen und Ganzen viel zurückhaltender. Laut Versichertendaten der AOK sank die Zahl der Mandelentfernungen von 2012 bis 2018 um rund 50 Prozent. Der Grund für die Abnahme liegt darin, dass die Bedeutung der Mandeln für das Immunsystem vor allem im Kindesalter heutzutage höher eingeschätzt wird. Allerdings ist bislang wissenschaftlich nicht geklärt, ob die Entfernung der Mandeln das Immunsystem tatsächlich nachhaltig schwächt. Möglicherweise übernehmen die Immunzellen des Seitenstrangs die Aufgaben der Gaumenmandeln. Der Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte empfiehlt jedenfalls derzeit, die Mandeln nur bei wiederkehrenden Infekten (mehr als fünf- bis sechsmal im Jahr), bei einer Mitbelastung anderer Organe oder bei Atem- und Schluckbeschwerden zu entfernen – möglichst aber nicht vor dem fünften Geburtstag.

Ein guter Grund, nur in notwendigen Fällen zu operieren, liegt auch darin, dass Operationen immer auch ein gewisses Risiko für Komplikationen bergen. Bei Mandeloperationen sind es vor allem Blutungen, die sogar noch zwei bis drei Wochen nach der Operation auftreten können. Da der Bereich rund um die Mandeln stark durchblutet ist, kann ein Aufreißen der Wunde unter Umständen zu erheblichen Blutverlusten führen. Die Blutungen sind nicht immer leicht zu bemerken, da das Kind das Blut oft automatisch herunterschluckt. Eltern sollten ihr Kind im Falle einer Nachblutung immer sofort in ein Krankenhaus bringen. Falls nur die Rachenmandel vergrößert ist, gibt es eine medikamentöse Alternative zur Operation. Mit einem Cortisol-Nasenspray gelingt es oft, die Rachenmandel schrumpfen zu lassen, sodass sie keine Probleme mehr macht.

Nachwachsen möglich

HNO-Ärzte unterscheiden zwischen einer vollständigen und einer teilweisen Entfernung der Mandeln. Letztere hat den Vorteil, dass sie weniger belastend für das Kind ist, weil der Eingriff ambulant durchgeführt werden kann. Er verursacht weniger Schmerzen und heilt schneller, als wenn die Mandeln vollständig entfernt werden. Auch das Risiko für Nachblutungen ist geringer. Eltern sollten jedoch wissen, dass bei etwa fünf Prozent der operierten Kinder die Gaumenmandeln wieder nachwachsen und erneut zu Problemen führen können.  Auch bei Erwachsenen kann eine Mandeloperation manchmal sinnvoll sein. Sie wird empfohlen, wenn Patienten häufig an einer bakteriellen Mandelentzündung erkranken und dabei starke Beschwerden haben.

Schmerzhaftes Schlucken

Mandelentzündungen sind das zweite, relativ häufige gesundheitliche Problem im Zusammenhang mit Gaumenmandeln. Ärzte sprechen von Tonsillitis oder Angina tonsillaris. Auch hier sind es vor allem Kinder, die am häufigsten betroffen sind. Meist geht die Entzündung von Erkältungsviren aus, die sich im Rachen und auf den Mandeln breitmachen. In der Folge lassen sich dann nicht selten auch Bakterien auf den Mandeln nieder – meist sind es Streptokokken. Manchmal tritt eine bakterielle Infektion aber auch auf, ohne dass zuvor Erkältungsviren den Weg bereitet haben. Unabhängig vom Erreger sind die Beschwerden sehr ähnlich: Halsschmerzen mit Schluckbeschwerden, geschwollene und schmerzende Halslymphknoten, Fieber, Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit. Bei einem viralen Infekt treten meist auch Husten und Schnupfen auf. Charakteristikum der bakteriellen Infektion sind weiß-gelbliche Flecken auf den geschwollenen und stark geröteten Gaumenmandeln, die sogenannten Eiterstippchen. Eine eitrige Tonsillitis ist hochansteckend. Erkrankte Personen sollten daher zu Hause bleiben und erst wieder in den Kindergarten, zur Schule oder zur Arbeit gehen, wenn der Arzt dem zustimmt. 

Komplikationen erkennen

Eine akute Mandelentzündung dauert in der Regel ein bis zwei Wochen. Dann klingen Fieber und Halsschmerzen langsam ab. Bei starken Beschwerden sollten Betroffene immer einen Arzt aufsuchen, damit er seltene Komplikationen oder andere Erkrankungen, die ebenfalls mit einer Mandelentzündung einhergehen, frühzeitig erkennt. Dies sind in erster Linie Scharlach und Pfeiffersches Drüsenfieber.

Gegen die Schmerzen helfen Ibuprofen oder Paracetamol. Gleichzeitig senken sie das Fieber. Als Lokalanästhetika können Ambroxol, Benzocain und Lidocain eingesetzt werden. Flurbiprofen, chemisch verwandt mit Ibuprofen, ist ein lokal anwendbares, nicht-steroidales Antiphlogistikum. Auch Gurgeln mit Salbeitee ist eine gute Empfehlung bei Halsschmerzen. Für die Wirksamkeit von lokalen Mitteln gegen Halsschmerzen ist entscheidend, dass ein ausreichender Kontakt des Wirkstoffs mit den entzündeten Stellen im Rachenraum gewährleistet ist. Bei Gurgellösungen ist deshalb darauf zu achten, die Flüssigkeit möglichst lange im Mund beziehungsweise Rachen zu belassen. Bei Lutschtabletten kann der Wirkstoff über den ständigen Speichelfluss auch in den hinteren Rachenbereich gelangen. Daher ist es empfehlenswert, die Lutschtabletten beispielsweise vor dem Schlafengehen in die Backentaschen zu legen, damit der Wirkstoff dann über Nacht in den hinteren Rachenbereich rinnt. Zuckerfreie Lutschbonbons sind eine gute zusätzliche Empfehlung, da sie die Schleimhaut befeuchten und die Halsschmerzen vorübergehend lindern. Viele Menschen empfinden auch einen warmen Schal um den Hals als sehr wohltuend.

Antibiotika bringen wenig

Handelt es sich um einen bakteriellen Infekt, kann der Arzt ein Antibiotikum verordnen. Mittlerweile verzichten viele Ärzte allerdings darauf, da der Nutzen relativ gering ist. Allenfalls lässt sich die Krankheitsdauer etwas verkürzen. Dem stehen mögliche Nebenwirkungen wie Durchfall oder Hautausschläge gegenüber, sodass die Entscheidung dann oft gegen ein Antibiotikum ausfällt. Auch wegen möglicher Resistenzentwicklungen sind Ärzte zurückhaltender mit der Verschreibung von Antibiotika geworden.

Wird ein Antibiotikum verschrieben, sollten Patienten sich an die vom Arzt genannte Einnahmedauer halten. Denn die Bakterien befinden sich auch nach Verschwinden der Symptome noch einige Tage im Körper und könnten wieder aktiv werden. Dennoch ist eine akute, durch Streptokokken verursachte Mandelentzündung 24 Stunden nach Beginn der Antibiotika-Therapie nicht mehr ansteckend. 

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