Warnhinweis für NSAR ab der 20. Schwangerschaftswoche |
Juliane Brüggen |
16.08.2022 14:00 Uhr |
NSAR galten lange im ersten und zweiten Trimenon als sicher, nun gibt es neue Erkenntnisse. / Foto: Getty Images/AntonioGuillem
Es geht um die systemische Gabe von nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) ab der 20. Schwangerschaftswoche und das damit einhergehende Risiko für Nieren- und Herzprobleme beim ungeborenen Kind. Eine entsprechende Änderung der Warnhinweise hatte die Food and Drug Administration (FDA) bereits 2020 in den USA veranlasst. Nun zieht Europa nach: Wie das BfArM berichtet, hat die Koordinierungsgruppe für gegenseitige Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) einen einheitlichen Text für die Fach- und Gebrauchsinformationen erarbeitet.
In diesem wird zum einen erläutert, dass NSAR die Nierenfunktion des Fetus beinträchtigen können. Da die Nieren des ungeborenen Kindes ab der 20. Woche den größten Teil des Fruchtwassers produzieren, kann es dadurch zu einem Mangel an Fruchtwasser (Oligohydramnion) kommen, und das bereits kurz nach Beginn der Einnahme. Zum anderen wird auf Fälle hingewiesen, in denen nach der NSAR-Gabe im zweiten Trimenon eine Verengung des Ductus arteriosus aufgetreten ist. Beide Phänomene sind nach Absetzen des Schmerzmittels meist reversibel, heißt es.
Die Empfehlung lautet weiter, NSAR während des ersten und zweiten Trimenons nicht anzuwenden, außer es ist »unbedingt notwendig«. Ob dies der Fall ist, kann nur ein Arzt beurteilen. Für Dosis und Dauer der Behandlung gilt: so gering und so kurz wie möglich. Ist eine mehrtägige Gabe erforderlich, sollte der Arzt eine pränatale Überwachung in Betracht ziehen. Sobald unter NSAR ein Oligohydramnion oder ein verengter Ductus arteriosus auftritt, ist das Medikament abzusetzen.
Enthält eine Produktinformation bereits einen strengeren Hinweis für die Anwendung in der Schwangerschaft, sollen die Hersteller diesen beibehalten. Von den Textanpassungen ausgenommen sind außerdem topische NSAR-haltige Arzneimittel und das nur für Kinder zugelassene Präparat Pedea®. Hersteller von Arzneimitteln mit Acetylsalicylsäure müssen zunächst nicht tätig werden, da hier noch auf den Abschluss einer Zulassungsänderung mit dem Originalhersteller gewartet wird. Danach folgen laut BfArM weitere Hinweise für ASS-haltige Präparate.
Im dritten Trimenon (ab der 28. Schwangerschaftswoche) sind NSAR aufgrund der Risiken für Herz, Lunge und Niere des Kindes kontraindiziert. Zudem können sie während der Geburt Probleme verursachen wie eine verlängerte Blutungszeit und verzögerte Wehen.
Eine Alternative zu NSAR ist das Analgetikum und Antipyretikum Paracetamol, das während der Schwangerschaft als sicher gilt. Laut Embryotox gehört der Arzneistoff »in jeder Phase der Schwangerschaft zu den Analgetika der Wahl«. Doch auch Paracetamol sollte nicht unkritisch und nur auf ärztlichen Rat eingesetzt werden.