Warum die Neuinfektionen trotz Lockerungen nicht steigen |
Virologin Brinkmann zufolge hat auch die Maskenpflicht Wirkung gezeigt. »Nach dem Öffnen der ersten Läden konnte man sehen, dass die R-Zahl leicht angestiegen ist, nach der Maskenpflicht ist sie wieder runtergegangen.« Erste Geschäfte durften ab dem 20. April öffnen, eine Woche später galt in fast allen Bundesländern eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes.
Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit sieht vor allem drei Gründe für das derzeit niedrige Infektionsgeschehen: Der Verzicht auf Großveranstaltungen, die Hygieneregeln sowie die Wahrung der Abstandsregeln. Einige andere Maßnahmen seien nicht so bedeutend, Geschäfte etwa kein wichtiger Verbreitungsort des Virus.
Der Leiter der Virusdiagnostik des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin betont ebenfalls, dass die strikten Beschränkungen im März nötig gewesen seien. »Es war wichtig, die erste Welle zu brechen, und das ist uns gelungen.« Erst jetzt lernten wir nach und nach, welche Dinge mit welchen Vorsichtsmaßnahmen wieder gelockert werden könnten.
Der Epidemiologe Mikolajczyk warnt: »Die zweite Infektionswelle ist eine sehr reelle Gefahr.« Der weitere Verlauf der Pandemie hänge von Politik und Gesellschaft ab. »Es ist aus mehrfacher Sicht besser, einen erneuten nachhaltigen Anstieg von Fällen zu vermeiden.« Stiegen die Infektionszahlen wieder an, müsse man schnell wieder Maßnahmen ergreifen.
Aus Sicht der Virologin Brinkmann sei es wichtig, dass der R-Wert unter 1 und die Zahl der Neuinfektionen niedrig blieben. In dem Fall könnten die Gesundheitsämter die Infektionsketten durch Kontaktnachverfolgung und Quarantäne unterbrechen. »Dann werden wir eine zweite Welle abwenden können.«
Könnten die Behörden Infektionsherde nicht mehr nachvollziehen, drohe wieder ein exponentielles Wachstum wie im März. Ob und wie stark eine zweite Welle kommt, hänge vom Verhalten der Menschen ab. »Wichtig ist, dass alle am Ball bleiben – nur Treffen in kleinen Gruppen, Masken tragen, wenn man sich in Räumen aufhält und mit Menschen zusammen ist, die man nicht kennt«, sagt Brinkmann.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.