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Ausbreitung und Mutation

Warum Mpox zur Pandemie werden könnte

Ein zu leichtfertiger Umgang mit dem Virus könnte Mpox zu einer ernsten globalen Gesundheitsbedrohung werden lassen, warnt ein britisches Forscherduo im Fachmagazin »Nature Medicine«. Zwar sei keine eindeutige Vorhersage zu Entwicklung und Auswirkungen möglich, es gebe jedoch klare Hinweise auf ein hohes Epidemie- oder sogar Pandemierisiko.
AutorKontaktdpa
Datum 08.04.2025  09:00 Uhr

Dazu zählten die Fähigkeit des Virus, von Mensch zu Mensch übertragen zu werden, die vier unabhängig voneinander anhaltenden Ausbrüche verschiedener Viruskladen und die außerordentlich hohe Rate von Übergängen der Klade Ia vom Tier zum Menschen.

Mpox-Häufung in Berlin

Die aktuell kursierenden Mpox-Varianten werden überwiegend durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch übertragen, vor allem beim Sex. Das Infektionsgeschehen konzentriert sich derzeit auf bestimmte afrikanische Länder. Erst kürzlich meldete aber zum Beispiel das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Berlin, dass sich in der Hauptstadt seit Jahresbeginn mehr als viermal so viele Menschen nachweislich mit Mpox infiziert haben wie in den zwei Jahren zuvor.

Bis zum 23. März wurden demnach 43 Fälle gemeldet. Betroffen seien ausschließlich Männer, im Durchschnitt 34 Jahre alt. Und für die kommenden Monate ist nicht mit Entspannung zu rechnen: »In den vergangenen Jahren haben internationale Großveranstaltungen und Festivals für Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben, im Frühjahr und Frühsommer zu längeren Übertragungsketten beigetragen«, hieß es vom Lageso.

Ausbrüche halten länger an als früher

Intime Kontakte seien anders als in den Jahrzehnten davor inzwischen eine wichtige Verbreitungsart des Virus, erklärte Carlos Maluquer de Motes von der University of Surrey in Guildford. »Dieser Wandel in der Art der Übertragung führt zu längeren Übertragungsketten und anhaltenden Ausbrüchen.«

Deutschlandweit wurden in diesem Jahr bislang 154 Fälle an das Robert-Koch-Institut (RKI) übermittelt (Stand 3.4.2025). Experten gehen unter anderem wegen des mit der Erkrankung verbundenen Stigmas von einer hohen Zahl nicht erfasster Fälle aus. Todesfälle gab es hierzulande noch nicht. Das Virus verursacht einen typischen Hautausschlag, aber auch Fieber und Muskelschmerzen. Vor allem bei Kindern und immungeschwächten Menschen kann es zu schweren Verläufen kommen.

Schwache Gegenmaßnahmen lassen das Epidemierisiko steigen

Die Bekämpfung von Mpox müsse auf der globalen Gesundheitsagenda nach oben rücken, ist Maluquer de Motes überzeugt. Bisher seien nur begrenzte Diagnoseinstrumente und noch weniger antivirale Behandlungen verfügbar. »Wir brauchen dringend eine bessere Überwachung und lokale oder regionale Kapazitäten, um das zu produzieren, was wir brauchen – sonst riskieren wir künftige Epidemien.«

Das Virus scheine spezifische genetische Mutationen zu entwickeln, die durch Enzyme im menschlichen Körper ausgelöst werden und die viralen Eigenschaften verändern, erläutert der Virusforscher zusammen mit David Ulaeto vom CBR Division, Defence Science and Technology Laboratory in Salisbury in »Nature Medicine«. »Je länger diese Viren unter uns zirkulieren, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Mutationen dazu beitragen, dass sich Mpox an den Menschen anpasst.«

Pocken waren eine der gefährlichsten Krankheiten überhaupt

Das Mpox verursachende Virus ist in West- und Zentralafrika heimisch und gehört der gleichen Virusfamilie an wie jenes, das früher die Pocken auslöste. Die Pocken zählten lange zu den gefährlichsten Krankheiten überhaupt für den Menschen, an der Infektion starb ein großer Teil der Betroffenen. Impfkampagnen brachten die Rettung, seit 1980 gilt die Welt als pockenfrei. Diese Impfstoffe schützten auch vor Mpox.

Seit sie nicht mehr benötigt wurden, sank in der Bevölkerung weltweit auch der Schutz vor Mpox, früher Affenpocken genannt. In den vergangenen Jahrzehnten kam es vermehrt zu Übertragungen durch infizierte Tiere wie Nagetiere und Affen – und in der Folge auch zu Übertragungen von Mensch zu Mensch. 2003 wurde der Erreger erstmals außerhalb Afrikas nachgewiesen. 2022 kam es dann zum ersten globalen Ausbruch der Krankheit mit Schwerpunkt in Europa und Nordamerika.

Konkurrenz von Varianten ist ein Motor für bessere Anpassung

Aktuell gibt es in Afrika Ausbrüche mit vier Varianten des Erregers, Klade 1a, 1b, 2a und 2b genannt. Die gemeinsame Verbreitung der Kladen Ia und Ib in Kinshasa (Demokratische Republik Kongo) bedeute direkte Konkurrenz zwischen den Varianten und sei ein potenzieller Motor für Evolution und Anpassung, geben die beiden Experten zu bedenken. Sie sehen die Gefahr, dass ein Virustyp insbesondere der Klade I einen erneuten, aber umfassenderen globalen Ausbruch verursachen könnte.

Es sei eine gefährliche Situation, dass mit der Mensch-zu-Mensch-Übertragung aller vier Kladen und der außergewöhnlichen Anzahl von Zoonosen der Klade Ia so viele Varianten um die menschliche Nische konkurrierten. »Ein solcher Wettbewerb ist ein weiterer evolutionärer Antrieb für diese Viren, sich biologisch anzupassen und ihre Mensch-zu-Mensch-Übertragung zu verfeinern.«

Risiko für Kinder

Entscheidend für das Ausmaß weiterer globaler Mpox-Ausbrüche werde sein, ob das Virus einen anderen Übertragungsweg als den über sehr engen Kontakt findet und sich in weiteren Bevölkerungsgruppen etabliert. Ein besorgniserregendes Risiko sehen die beiden Experten für Übertragungen zwischen Kindern. »Die anhaltende Zunahme von Zoonosen der Klade Ia in der Demokratischen Republik Kongo betrifft vor allem Kinder, aber es gibt bisher keine Hinweise auf anhaltende Mensch-zu-Mensch-Übertragung durch Netzwerke im Kindesalter.«

Tierische Reservoire verhindern vollständige Ausrottung

In einem entscheidenden Punkt unterscheiden sich Mpox und Pocken, wie Maluquer de Motes und David Ulaeto erläutern: Das Mpox-Virus hat tierische Reservoire – was bedeutet, dass es selbst mit großangelegten Impfkampagnen nicht vollständig ausgerottet werden könnte.

»Wenn die Mensch-zu-Mensch-Übertragung unterbrochen wird, bleibt das Reservoir der Nagetiere eine Quelle für neue Ausbrüche.« Der Erreger könne also immer wieder aufs Neue die globale Gesundheit bedrohen. Dass es zu weiteren weltweiten Epidemien kommt, sei wahrscheinlich.

Natur steht nicht freiwillig still

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte im Februar entschieden, die Mpox-Lage weiterhin in der höchsten Alarmstufe, als »Gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite« (Public Health Emergency of International Concern, PHEIC), einzustufen. Konkrete Folgen hat das zwar nicht, soll aber die internationale Aufmerksamkeit erhöhen.

Werde der Kampf gegen das Virus in Afrika von der internationalen Gemeinschaft nicht verbessert und intensiviert, bleibe die Zukunft von Mpox der Natur und dem Zufall überlassen, warnen Maluquer de Motes und Ulaeto: »Über den Zufall können wir uns nicht äußern, aber unser Verständnis der Natur lässt vermuten, dass Mpox nicht stillstehen und auch nicht verschwinden wird, wenn man es in Ruhe lässt.«

Zwar gibt es schützende Impfstoffe, die das Risiko für einen Ausbruch der Krankheit senken und den Krankheitsverlauf abmildern. An der Verfügbarkeit in Afrika mangelt es jedoch – ebenso wie an Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten.

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