Warum Saftkuren nicht zu empfehlen sind |
Katja Egermeier |
10.02.2025 14:00 Uhr |
Saftkuren gelten als gesund, doch der Genuss von Saft als Kur verschlechtert das Mikrobiom in Mund und Darm schon nach wenigen Tagen. / © Getty Images/Westend61
Bei einer Saftkur werden feste Nahrungsmittel durch frisch gepresste Frucht- oder Gemüsesäfte ersetzt, meist über mehrere Tage hinweg. Das Ziel: das Verdauungssystem entlasten und dem Körper eine Pause gönnen. Der Studie der Northwestern University zufolge ist jedoch das Gegenteil der Fall – und das schon nach wenigen Tagen des Saftgenusses.
Die Forschenden entnahmen dafür Wangenabstriche, Speichel und Stuhlproben von Erwachsenen, die in drei Gruppen aufgeteilt entweder nur Säfte, Säfte mit Vollwertkost oder nur pflanzliche Vollwertkost zu sich nehmen durften. Die bakteriellen Veränderungen wurden mithilfe von Gensequenzierung vor, während und nach der Diät analysiert.
Das Ergebnis: Die Gruppe, die nur pflanzliche Vollwertkost zu sich nehmen durfte, wies positive mikrobielle Veränderungen auf. Das Mikrobiom in der Gruppe, die Saft und Vollwertkost essen durfte, veränderte sich nur wenig. Beträchtlich waren dagegen die negativen Veränderungen in der reinen Säfte-Gruppe: Diese wies einen starken Anstieg der Gruppen von Mikroorganismen auf, die mit Darmdurchlässigkeit, Entzündungen und kognitivem Abbau in Verbindung stehen.
Als Ursache dafür sehen die Forschenden den Mangel an Ballaststoffen, wahrscheinlich in Verbindung mit dem gleichzeitig erhöhten Zucker- und Kohlenhydratgehalt. Ballaststoffe ernähren normalerweise die nützlichen Bakterien im Darm, gehen dem Obst und Gemüse jedoch größtenteils durch Entsaften verloren. Was bleibt, ist ein hoher Zuckergehalt, der die zuckerliebenden Bakterien fördert. Beides – der Mangel an Ballaststoffen sowie der erhöhte Zuckergehalt – fördert laut Studie schädliche Bakterien und stört das Darm- und Mundmikrobiom.
Vor allem Letzteres habe rasch einen dramatische Veränderung zugunsten der entzündungsfördernden Bakterienfamilien durch die Saftdiät erfahren: »Das orale Mikrobiom scheint ein schnelles Barometer für die Auswirkungen der Ernährung zu sein«, so die leitende Studienautorin, Dr. Melinda Ring, Ärztin an der Northwestern Medicine. Eine reduzierte Ballaststoffaufnahme wirke aber auch negativ auf den Stoffwechsel, das Immunsystem und die geistige Gesundheit.
Die Studie unterstreicht aus Sicht der Forschenden die Bedeutung der Ballaststoffe. Sie biete eine Grundlage für die Neudefinition von Ernährungsempfehlungen und beispielsweise die Wiedereingliederung von Ballaststoffen in verarbeitete Lebensmittel. Menschen, die gerne Säfte trinken, empfiehlt Ring, diese mit Vollwertkost zu kombinieren oder das Obst und Gemüse zu mixen anstatt es zu entsaften.