Warum Schleim wichtig für die Gesundheit ist |
Das ist nicht die einzige denkbare Anwendung: In einer im Juni dieses Jahres im Fachblatt »ACS Applied Bio Materials« publizierten Studie stellte eine indische Forschungsgruppe eine Mucin-basierte Biotinte für den 3D-Druck von Lungengewebe vor. Eine solche Tinte könnte einmal zur Herstellung von 3D-Lungenmodellen verwendet werden, um Lungenerkrankungen zu untersuchen und mögliche Behandlungen zu testen.
Auch an der Technischen Universität München wird unter Leitung von Oliver Lieleg an medizinischen Anwendungen von Mucinen geforscht, darunter ebenfalls an Biotinte aus Mucinen. Lieleg, der sich schon seit 15 Jahren mit dem Thema beschäftigt, führt das große Potenzial der komplexen Schleimmoleküle auf deren vielfältige Eigenschaften zurück: Diese könnten etwa sehr viel Wasser binden, auf vielen Oberflächen haften, das Anhaften von anderen Objekten an sich aber recht gut unterdrücken. »Es gibt aber auch den umgekehrten Fall: Viren zum Beispiel werden von Mucinen sehr gut gebunden und das ist Teil der Aufgabe von Mucus, damit wir nicht dauernd mit einer Erkältung im Bett liegen.«
Zudem seien Mucine als körpereigenes Material gut verträglich – eine wichtige Eigenschaft für den möglichen medizinischen Einsatz, zu dem etwa spezielle Beschichtungen für Kontaktlinsen oder Intubationsschläuche gehören. Für diese hat sich Lielegs Team zunutze gemacht, dass Mucine ein gutes Schmiermittel sind: »Kontaktlinsen und Intubationsschläuche sind harte Materialien, die im ungünstigsten Fall auf weichen Geweben Schäden hinterlassen können.« Mucin-basierte Beschichtungen könnten derartige Irritationen minimieren – und im Fall der Kontaktlinsen auch dafür sorgen, dass sich Lipide aus dem Tränenfilm der Augen nicht auf den Linsen absetzen. Die verwendeten Schleimmoleküle gewinnt Lielegs Gruppe aus Schleim aus Schweinemägen, der verdünnt so lange chemisch gereinigt wird, bis am Ende reines Mucin in einer Zuckerwatte-Konsistenz vorliegt.
Darüber hinaus haben die Forschenden ein Wundheilungspflaster speziell für Verletzungen von Weichgewebe wie der Zunge oder im Darm entwickelt. Der Prototyp enthält eine Seite auf Mucin-Basis, die antibakteriell wirkt und so eine Verkeimung der Wunde verhindert.
Lieleg und sein Team erforschen auch mögliche Störungen des Mucus-Systems und konnten zeigen, dass Feinstaubpartikel die Barrierewirkung von Schleim beeinflussen können. Ähnliche Untersuchungen führt die Gruppe derzeit zu Mikroplastikpartikeln durch. »Mucus fängt sehr viel ab, was von der äußeren Umwelt auf unsere Schleimhäute trifft«, fasst Lieleg zusammen. »Wenn Verunreinigungen diese Barriere schwächen, kommen vielleicht Dinge durch, die das nicht sollten.«