Warum sich der Verzicht lohnt |
Wasser statt Sekt: Immer mehr Menschen verzichten auf alkoholische Getränke – zumindest für einen begrenzten Zeitraum. / © Getty Images/LumiNola
Alkohol begleitet die Menschheit seit Jahrtausenden und spielte in vielen Kulturen eine zentrale Rolle. Bereits vor 9000 Jahren fermentierten Menschen in China Getränke aus Reis, Honig und Früchten. In Mesopotamien und Ägypten war Bier ein Grundnahrungsmittel, während Wein in der Antike eine religiöse und gesellschaftliche Bedeutung hatte. Klöster förderten im Mittelalter die Braukunst, und mit der Destillation hochprozentiger Spirituosen entstanden ab dem 8. Jahrhundert neue Möglichkeiten. Die industrielle Revolution machte Alkohol schließlich zum Massenprodukt – das verstärkte gesundheitliche sowie soziale Probleme.
Alkohol ist also tief in Kultur und Sozialleben verwurzelt – und in unserer Gesellschaft allgegenwärtig, etwa bei Feiern, im Alltag und als vermeintliches Stressabbaumittel. Genau darin liegt die Gefahr: Als akzeptierte Volksdroge wird Alkohol oft verharmlost, obwohl er abhängig macht, schwere gesundheitliche Schäden verursacht und die Lebenserwartung verkürzt. Eckart von Hirschhausen warnt in seiner Dokumentation »Hirschhausen und die Macht des Alkohols« (ARD): »Wäre Alkohol eine neue Substanz, würde sie niemals zugelassen werden.« Dennoch bleibt der Konsum gesellschaftlich akzeptiert, während Abstinenz oft hinterfragt wird. Dieses Paradox beschreibt der Mediziner und Wissenschaftsjournalist treffend: »Alkohol ist die einzige Droge, bei der man sich entschuldigen muss, wenn man sie nicht konsumieren will.«
Viele Menschen trinken zur Stressbewältigung oder aus Gewohnheit, Einsamkeit und sozialer Druck fördern den Konsum zusätzlich. Die Kombination aus Leistungsdruck, der entspannenden Wirkung von Alkohol und der fehlenden Restriktion trägt dazu bei, dass Deutschland europaweit zu den Spitzenreitern beim Alkoholkonsum gehört.
Alkohol wirkt als psychoaktive Substanz und dämpft das zentrale Nervensystem. Kurzfristig führt dies unter anderem zu Enthemmung, Euphorie, verwaschener Sprache und Koordinationsstörungen, teils auch zu Aggressivität beziehungsweise erhöhter Gewaltbereitschaft. Langfristig verursacht Alkohol jedoch ernsthafte gesundheitliche Schäden. Dabei hängen Intensität und Ausmaß der Folgen von genetischer Veranlagung, Alter und Geschlecht ab – Frauen werden beispielsweise schneller und stärker geschädigt. Auch Vorerkrankungen und Medikamente können den Alkoholkonsum noch gefährlicher machen.
Die schädliche Komponente des Alkohols ist das Zwischenprodukt Acetaldehyd, das als Zellgift wirkt. Es schädigt Zellen, DNA und Proteine und erhöht das Krebsrisiko, insbesondere für Tumoren in der Mundhöhle, Speiseröhre, Leber, Brust und Darm. Freie Radikale verstärken diese Schäden.
Die Leber leidet besonders, da sie den Alkohol abbauen muss. Häufige Folgen sind eine alkoholische Fettleber, Hepatitis und Leberzirrhose. Auch das Herz-Kreislauf-System ist betroffen, da regelmäßiger Konsum Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen begünstigt. Alkohol kann zudem zu Histamin-Ausschüttung führen, was bei empfindlichen Personen zu Flush-Symptomen wie Hautrötungen und Kopfschmerzen führen kann.
Psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen werden durch Alkoholkonsum begünstigt – das kann einen Teufelskreis auslösen. Darüber hinaus kann Alkohol Beziehungen und Familien zerstören. Ein bewusster Umgang mit Alkohol ist daher für die eigene Gesundheit und das Wohl der Mitmenschen entscheidend.
Alkohol verursacht weltweit 3 Millionen Todesfälle pro Jahr, in Deutschland sind es rund 20.000. Etwa 1,6 Millionen Deutsche sind alkoholabhängig, 6,7 Millionen trinken riskant. Alkohol erhöht das Risiko für mehr als 200 Krankheiten, darunter beispielsweise Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Alkohol kann dabei Auslöser oder Verstärker weiterer Risikofaktoren (zum Beispiel Rauchen) sein. Er ist an 40 Prozent der Gewaltverbrechen beteiligt und verursacht jährlich 57 Milliarden Euro Kosten. Zudem führt er zu 14.000 Unfällen pro Jahr auf deutschen Straßen.