Vielerorts behandeln die Betroffenen ihre Warzen durch »Bestreichen«, zum Beispiel mit aufgeschnittenen Apfel-Hälften, Menstruationsblut oder der Hand eines Toten. Vor allem das Apfel-Rezept verdeutlicht den abergläubischen Zusammenhang zwischen dem Verfaulen des Apfels und dem Verschwinden der Warzen. Hier die Anleitung: »Hast du Warzen im Gesicht oder an den Händen, nimm einen harten Apfel, am besten einen roten Erdbeerapfel, schneide ihn auseinander, reibe mit den Innenflächen die Warzen derb ab, binde dann den Apfel mit einem Faden zusammen und begrabe ihn unter einer Dachtraufe oder wirf ihn in einen Fluss. Wie dann der Apfel verfault, verlieren sich auch die Warzen.«
Zum Bestreichen eigne sich auch ein vom Mist aufgehobener Strohhalm, ein auf der Straße gefundener Hufnagel und frische Wacholderbeeren, eine grüne Walnuss sowie eine fächerig aufgeschnittene Zwiebelhälfte, so der Rat der Volksmedizin. Auch der Saft unreifer Feigen und der Schaum des Pferdeurins wird empfohlen. Und nicht zuletzt lässt so mancher eine Schnecke über seine Warzen kriechen in der Hoffnung, sich so davon zu befreien.
In Polen sollten die Menschen die Warzen über Nacht mit einem Rosshaar abbinden. Ihr fester Glaube: Nach der dritten Nacht fällt die Warze von allein ab. In den slawischen Ländern sollen die von Warzen Geplagten die betreffenden Stellen häufig mit Tauben- und Froschblut betupfen oder mit Regentropfen, die von der Seite eines Hoftores fallen, an der sich die Torangeln befinden. In Russland soll der »Warzige« bei abnehmendem Mond mit der Hand über eine vom Mond beschienene Wand fahren und dann die Warzen mit dieser Hand von oben nach unten bestreichen. Dies muss er mehrere Nächte wiederholen, so das Rezept.
Wenn auch nicht gerade menschenfreundlich, so doch in vielen Ländern bekannt, ist der Versuch, seine Warzen anderen Menschen »anzuhängen«, um sie los zu werden. In Frankreich sollten die Betroffenen in eine kleine Tasche so viele Steinchen legen, wie sie Warzen hatten und die Tasche dann auf die Straße werfen. Der beabsichtigte Effekt: Wer die Tasche aufhebt, »erbt« auch die Warzen. In Böhmen sollte der von Warzen Geplagte einen Kreuzer (Geldstück) mit seinem »nüchternen« Speichel beschmieren, dann mit dem Kreuzer kräftig seine Warzen einreiben und ihn anschließend wegwerfen. Wer die Münze aufhob, übernahm auch die Warzen.
Das folgende Rezept, seine Warzen zu verlieren, basiert ebenfalls auf der Neugierde der Menschen: »Hat man an einen Faden so viel Knoten gemacht als man Warzen hat, so legt man ihn in eine hübsche Schachtel oder macht ein Päckchen, das zum Aufheben lockt. Nun lässt man dieses an einem begangenen Weg unbesehen zu Boden fallen; aber niemals an einem befahrenen Weg. Wird nämlich das Päckchen mit dem Faden von einem Rad überfahren, schwären die Warzen aus. Der Neugierige aber, der die Schachtel aufhebt, bekommt sie.« Also Vorsicht vor herumliegenden Päckchen!

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Bis vor einigen Jahren wurden viele Mittel der Volksmedizin als Scharlatanerie abgetan. Das hat sich teilweise mit der Anerkennung des Placebo-Effekts geändert. Heute wissen auch Schulmediziner, dass allein der Glaube an die Heilkraft eines wirkstofffreien Medikaments zu physiologischen Reaktionen im Körper führt. Als Folge sind therapeutische Effekte messbar. Damit gilt als sehr wahrscheinlich, dass zahlreiche Mittel der Volksmedizin durch ihren Placebo-Effekt heilten.
Denn Warzen kommen und gehen, dafür gibt es keine Regeln. Mancher Arzt empfiehlt daher bei hartnäckigen Warzen seinem Patienten, es mit einem Rezept aus der Volksmedizin zu versuchen, manchmal wird das, was nach Hexerei oder Mittelalter klingt, sogar in der Schulmedizin noch praktiziert. Denn der gemeinsamer Nenner dieser ist die Psychoimmunologie oder die Kraft des positiven Denkens und vor allem bei Kindern soll die Erfolgsquote zwischen 70 und 80 Prozent liegen – ganz ohne Nebenwirkungen.