Was alternative Proteinquellen bieten |
Leckere Gerichte lassen sich unzweifelhaft auch mit pflanzlichen Eiweißalternativen zubereiten. / Foto: Getty Images/alvarez
Die Weltbevölkerung wächst und damit auch der Bedarf an Nahrungsmitteln. Gleichzeitig nimmt die Ausbeutung der Umwelt zu, sodass der ökologische Fußabdruck auch im Bereich Ernährung immer wichtiger wird. Schlecht schneiden hier meist tierische Eiweißquellen wie Fleisch oder Milchprodukte ab. Rindfleisch auf den Tisch zu bringen, ist besonders emissionsintensiv. Wiederkäuer produzieren Treibhausgase wie Methan, wenn sie Nahrung verdauen (enterische Fermentation). Große Tiere wie Rinder benötigen viel Futter pro Kilogramm produziertes Fleisch. Die sogenannte Futterverwertungseffizienz ist entsprechend schlecht.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass Futterpflanzen wie Mais und Soja auf großen Landflächen angebaut werden müssen. Dafür holzen Menschen Wälder ab, und es gehen natürliche Lebensräume verloren. Rinder benötigen Weideflächen und das trägt weiter zur Landdegradierung und zum Verlust von Biodiversität bei. Hinzu kommt der Wasserverbrauch sowohl für die Futterpflanzen als auch für die Tiere. Transport und Verarbeitung verbrauchen in der Fleischproduktion viel Energie.
Nicht zuletzt ist das Tierwohl ein Aspekt, der gegen tierische Eiweißquellen spricht. Auch die Milcherzeugung führt zu signifikanten Methan- und Kohlendioxidemissionen. Milchalternativen schneiden in ökologischen Aspekten meistens besser ab. Um Mandel- und Reisdrinks herzustellen, werden allerdings große Mengen Wasser benötigt.
Wer tierisches Protein aus herkömmlicher Haltung meiden will, findet im Supermarkt bereits zahlreiche Alternativen. Nachhaltig gefangener oder gezüchteter Fisch und Schalentiere bieten hochwertiges Protein und Omega-3-Fettsäuren. Hierzulande gewöhnungsbedürftig sind aktuell noch Insekten wie Grillen, Mehlwürmer und Heuschrecken als Eiweißquellen. Sie liefern neben den essenziellen Aminosäuren Vitamine und Mineralstoffe und versorgen mit gesunden Fetten und Ballaststoffen.
Insekten punkten mit einem geringeren ökologischen Fußabdruck. Sie erzeugen deutlich weniger Treibhausgase verglichen mit konventionellen Nutztieren wie Rindern und Schweinen und können platzsparend zum Beispiel in vertikalen Farmen gezüchtet werden. Der Wasserbedarf ist ebenfalls geringer als in der traditionellen Viehzucht. Insekten sind hervorragende Futterverwerter, haben kurze Lebenszyklen und hohe Reproduktionsraten. Das ermöglicht eine schnelle und kontinuierliche Proteinproduktion.
Pflanzliche Eiweißquellen wie Hülsenfrüchte. Bohnen, Linsen, Kichererbsen und Erbsen haben in der Regel einen deutlich geringeren ökologischen Fußabdruck als tierische, wenn es um Treibhausgasemissionen, Land- und Wasserverbrauch geht. Sojabohnen und daraus hergestellte Produkte wie Tofu, Tempeh und Sojamilch bieten vielseitige Einsatzmöglichkeiten in der Küche. Der Anbau kann jedoch umweltbelastend sein, natürliche Vegetation wird in Ackerflächen umgewandelt und es sind meist längere Transportwege zu bedenken.
Mandeln, Walnüsse, Chia-Samen, Hanfsamen und Kürbiskerne liefern neben Proteinen noch gesunde Fette. Allerdings werden die meisten Nüsse aus dem Ausland importiert und die Nussproduktion verbraucht viel Wasser. Eiweißhaltig sind auch Vollkorngetreide wie Quinoa, Amaranth, Buchweizen und Hafer sowie Pseudogetreide wie Quinoa und Amaranth.
Spirulina und Chlorella sind Mikroalgen, die protein- und nährstoffreich sind. Zum Wachsen benötigen sie lediglich Kohlendioxid aus der Luft, Sonnenlicht, einige wenige Nährstoffe und Wasser. Die Produktionstechnologien werden immer besser. Sie können zunächst im Labor in kleinen Mengen vermehrt werden, wobei sogenannte Vorkulturen entstehen. Über weitere Zwischenschritte gelangen diese dann in große Becken, in denen die Massenproduktion stattfindet.
Algen wachsen schnell und können mehrmals im Jahr geerntet werden. Das ermöglicht eine konstante und effiziente Produktion. Algen enthalten alle essenziellen Aminosäuren, sodass sie eine vollständige Proteinquelle darstellen. Sie können in verschiedenen Lebensmitteln verwendet werden, von Snacks und Teigwaren bis hin zu Nahrungsergänzungsmitteln und Fleischersatzprodukten. An den Geschmack müssen sich viele Menschen erst einmal gewöhnen. An geschmacklich ansprechenden Produkten wird geforscht. Eine weitere Hürde können regulatorische Anforderungen sein. Neue Lebensmittel auf Algenbasis müssen erst auf ihre Sicherheit geprüft und zugelassen werden.
PTA können darauf hinweisen, dass in getrockneten Algen der Jodgehalt sehr hoch sein kann, was gerade bei häufigem Genuss gesundheitliche Risiken birgt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine tägliche Jodzufuhr von 200 μg. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wird die Jodaufnahme jedoch erst ab einer Menge von 500 μg pro Tag bedenklich. Dennoch kann diese Höchstgrenze bei regelmäßigem Verzehr von mehr als 10 g jodreicher Braunalgen wie Kombu schnell erreicht werden. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Verbraucher nur Algenprodukte mit genauen Jodangaben kaufen und Algen nur gelegentlich ergänzend zu einer ausgewogenen Ernährung konsumieren.
Zusätzlich besteht das Risiko, dass Algen im Meerwasser nicht nur wertvolle Inhaltsstoffe, sondern auch Schadstoffe und Schwermetalle filtern. Dadurch können sich in den Pflanzen giftige Stoffe wie Blei, Cadmium, Quecksilber und Arsen anreichern.
Pilzproteine (Mykoproteine) sind ein weiterer interessanter Aminosäurenlieferant mit Potenzial für die zukünftige Lebensmittelversorgung. Bei Mykoprotein handelt es sich um eine mikrobielle Biomasse mit fleischähnlicher Textur und hohem Proteingehalt. Die Proteinqualität ähnelt der von Rindfleisch und wurde von der US-amerikanischen FDA als sicher anerkannt. Der Gedanke, Rindfleisch durch Mykoprotein zu ersetzen, kann jedoch erst einmal auf Ablehnung treffen, da Geschmack und Tradition eine wichtige Rolle beim Fleischverzehr spielen.
Im Gegensatz zu pflanzlichen Fleischalternativen, die von der Landwirtschaft abhängig sind, wird Mykoprotein aus Pilzmyzelen in kontrollierten Umgebungen, sogenannten Bioreaktoren, produziert. Zur Herstellung fermentiert man die Pilzsporen zusammen mit Glucose und anderen Nährstoffen. Dieser Prozess verläuft ähnlich wie die Fermentation bei der Bierherstellung. Die Herstellung des eingesetzten Zuckers erfordert allerdings Landfläche und Wasser, wodurch indirekt Ressourcen bei der Mykoprotein-Herstellung verbraucht werden. Alternative Produktionsmethoden, wie die Nutzung von Bakterien, die Methan oder Essigsäure verwerten, werden derzeit entwickelt.
Der aktuell noch hohe Energiebedarf stellt ein Problem dar, das sich durch die Nutzung erneuerbarer Energien lösen ließe. Wie die Ökobilanz insgesamt verglichen mit der von verschiedenen Fleischarten abschneidet, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Klar ist jedoch bereits, dass Mykoprotein das Potenzial für vielfältige Lebensmittelprodukte trägt. Diese erforschten zum Beispiel Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising zusammen mit europäischen Kollegen im EU-geförderten Projekt Fungitime.
Die Erzeugnisse reichen von texturierten Snacks und Teigwaren bis hin zu Molkerei-Ersatzprodukten, fischbasierten Produkten und Getränken. Ziel ist es, Lebensmittel mit optimalen ernährungsphysiologischen Eigenschaften und hoher Verbraucherakzeptanz zu entwickeln.
Nachhaltige Alternativen zur konventionellen Tierhaltung könnten laborgezüchtetes Fleisch und Milchprodukte, die aus tierischen Zellen kultiviert werden, darstellen. Die entsprechenden Technologien sind noch in der Entwicklung, könnten aber zukünftig den ökologischen Fußabdruck von Proteinquellen reduzieren.
Um Fleisch aus Zellkulturen herzustellen, werden tierische Zellen in vitro, also außerhalb des Tieres kultiviert, um Muskelfasern und Fettgewebe zu erzeugen, die dann zu Fleischprodukten verarbeitet werden. Die Zellen wachsen in Bioreaktoren, die optimale Bedingungen für das Zellwachstum bieten. Ein weiteres Verfahren ist die Präzisionsfermentation. Mikroorganismen wie Bakterien, Hefen oder Pilze werden genetisch so verändert, dass sie tierische Proteine wie Milchproteine oder Eiweiß produzieren können. Durch Fermentation können tierische Proteine hergestellt werden, die identisch mit denen aus Kuhmilch oder Hühnereiern sind.
Eine weitere Option bieten hybride Lebensmittel. Sie bestehen aus kultivierten Zellen und pflanzlichen Inhaltsstoffen und sollen sowohl die Textur als auch den Geschmack tierischer Produkte nachbilden. Es gibt zahlreiche Vorteile der zellulären Landwirtschaft. Die Produktion ist ressourceneffizient und verursacht niedrigere CO2- und Methanemissionen. Sie kommt dem Tierwohl zugute.
Kontrollierte Produktionsbedingungen ermöglichen es, Krankheitserreger zu eliminieren, sodass keine Antibiotika, wie in der Tierproduktion oft üblich, verwendet werden müssen. Es besteht ferner die Möglichkeit, die Nährstoffzusammensetzung der Produkte gezielt zu verbessern. Ein Problem sind allerdings derzeit noch die Produktionskosten. Es müssen noch effizientere Verfahren entwickelt werden, um die Herstellung im industriellen Maßstab zu ermöglichen. Die sensorischen Eigenschaften sind ebenfalls verbesserungswürdig, um den Geschmack und die Textur von konventionellem Fleisch vollständig nachzubilden. Regulatorische Hürden und Sicherheitsprüfungen der Produkte sind zu bedenken und letzten Endes müssen Verbraucher die neuen Lebensmittel auch akzeptieren und auf ihrem Teller sehen wollen.
Insgesamt spricht trotz verbliebener Herausforderungen viel dafür, alternative Proteinquellen weiter zu erforschen und als Konsument den Mut aufzubringen, sich auf neue Nahrungsmittel einzulassen. Sie leisten einen Beitrag dazu, Artenvielfalt zu erhalten und den Druck auf natürliche Lebensräume zu reduzieren. Wer sie isst, tut zudem der Gesundheit etwas Gutes: Gerade in pflanzlichen Eiweißquellen stecken meist reichlich Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe.