Was Arbeiten bei Hitze erträglich macht |
Hitzegeplagt: Hohe Temperaturen am Arbeitsplatz belasten den Kreislauf und senken die Leistungsfähigkeit. / © Getty Images/Jens Rother
Die durchschnittliche Wohlfühltemperatur der mitteleuropäischen Bevölkerung liegt bei 22 bis 25 °C. Im Sommer kommt es inzwischen auch in Deutschland immer häufiger vor, dass die Temperaturen weitaus höher steigen. Für viele Menschen geht die ungewohnte Hitzebelastung mit einem Gefühl von Unwohlsein einher. Laut Wissenschaftlern der Charité Berlin liegt das unter anderem an der Ausschüttung des Hormons Vasopressin. Es hat eine blutdrucksteigernde Wirkung und dient dazu, Flüssigkeit im Körper zu halten.
Wer kann, versucht bei Hitze möglichst viel Abkühlung zu finden. Wer arbeiten muss, hat es da allerdings schwer. Nicht nur Tätigkeiten im Freien werden jetzt zu einer großen Belastung für den Organismus. In Büros, Werkstätten und vielen anderen Räumlichkeiten ohne Klimaanlage sind Mitarbeiter ebenfalls oft hohen Temperaturen ausgesetzt. Und das hat Folgen: Müdigkeit, Arbeitsunlust sowie sinkende Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Die Arbeitsqualität leidet, die Fehlerhäufigkeit und das Unfallrisiko steigen. Laut einer US-Studie erhöht sich bei Außentemperaturen von mehr als 32 °C das Verletzungsrisiko um bis zu 9 Prozent, sowohl drinnen als auch draußen. Bei mehr als 37 °C steigt das Risiko auf bis zu 15 Prozent. Arbeitsunfälle fallen zudem schwerer aus.
Einen Rechtsanspruch auf »Hitzefrei« oder klimatisierte Räumlichkeiten haben Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Nach dem Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitgeber jedoch dazu verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit vermieden und verbleibende Gefährdungen gering gehalten werden. Was das im Einzelnen bedeutet, regelt unter anderem die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Demnach sollte die Temperatur in Arbeits- und Sozialräumen nicht höher als 26 °C liegen. Kann diese Vorgabe nicht eingehalten werden, sollten wirksame Schritte zur Entlastung gesetzt werden. Bei Lufttemperaturen über 30 °C sind diese verpflichtend umzusetzen. Ab 35 °C ist das Arbeiten nur mehr mit technischen Einrichtungen wie Luftduschen oder Wasserschleiern, mit Abkühlungsphasen oder Hitzeschutzkleidung erlaubt. In Apotheken darf die Temperatur zumindest in Bereichen, in denen Arzneimittel gelagert werden, nicht über 25 °C liegen. Dennoch können auch 25 °C mit der Zeit unangenehm werden, vor allem, wenn man sich viel bewegt oder einen Kittel tragen muss.
Die Arbeitsstättenverordnung legt weiterhin fest, welche Maßnahmen für die Hitzeentlastung ergriffen werden sollten beziehungsweise müssen. Dazu zählt das intensive Durchlüften der Räumlichkeiten am besten über Nacht. Sollte dies aus Sicherheitsgründen nicht möglich sein, werden zum Lüften die frühen Morgenstunden empfohlen. Ab dem Zeitpunkt, an dem die Außentemperatur die Innenraumtemperatur übersteigt, hat Lüften keine Kühlwirkung mehr und sollte vermieden werden. Ausnahmen gelten, wenn es durch Arbeitsprozesse zu einer hohen Luftfeuchtigkeitsentwicklung kommt, wie zum Beispiel in Wäschereien, oder bei körperlich anstrengender Tätigkeit, die mit einer hohen Schweißverdunstung einhergeht.
Nicht benötigte Kopierer, Drucker, Scanner und Ähnliches, die in Arbeitsräumen stehen, sollten am besten vollständig ausgeschaltet werden, da sie auch im Stand-by-Modus Wärme erzeugen. Sind sie regelmäßig in Betrieb, sollten sie möglichst in andere Räume ausgelagert werden. Bekleidungsvorschriften können gelockert werden, bei bestimmten Tätigkeiten kann auch die Verlagerung der Arbeitszeiten eine sinnvolle Maßnahme sein.
Damit sich Innenräume gar nicht erst aufheizen, wird das Ausrüsten der Räumlichkeiten mit Sonnenschutzsystemen empfohlen. Am wirksamsten sind Außenrollläden oder Markisen, die die Sonnenstrahlung bereits vor der Fensterfläche abfangen. Ist eine Außeninstallation nicht möglich, sollten zumindest die Innenseiten der Fenster mit Rollos, Jalousien, Vorhängen oder Sonnenschutzfolien vor Sonneneinstrahlung geschützt werden.
In den vergangenen Jahren sind zudem weitere Empfehlungen beziehungsweise Vorgaben dazu gekommen. So sollten Arbeitgeber kostenfreie Getränke zur Verfügung stellen und die Räumlichkeiten mit Ventilatoren ausstatten. Letztere setzen die Lufttemperatur zwar nicht herab, wirken aber dennoch kühlend, da die erzeugten Luftbewegungen die Wärmeübergabe an der Haut verbessern und die Schweißverdunstung verstärken – dieses Prinzip wirkt allerdings nur bis zu einer Temperatur von etwa 35 °C. Ist die Lufttemperatur höher, kann ein Ventilator sogar zur Überhitzung beitragen. Auch in Bezug auf Zugluft sollte bei Ventilatoren vorsichtig agiert werden. Einige Menschen reagieren hier sehr empfindlich, sodass die Geräte nicht in unmittelbarer Nähe platziert werden sollten. Zudem können Ventilatoren Staub und Pollen aufwirbeln, die für Allergiker zum Problem werden können.
Für die rund zwei bis drei Millionen Menschen in Deutschland, die überwiegend oder zeitweise im Freien arbeiten, gibt es andere Vorgaben. Hier sieht das Arbeitsschutzrecht zum Beispiel vor, dass Unternehmen Anlagen errichten lassen können, mit denen Baustellen beschattet oder belüftet werden können. Wichtig sind zudem organisatorische Maßnahmen wie das Verlegen von Arbeitszeiten und ausreichend lange Pausenzeiten. Da neben der Hitzebelastung im Freien auch die Belastung durch UV-Strahlung eine wichtige Rolle spielt, sind regelmäßige Mitarbeiterschulungen zum gesunden Umgang mit den Wetterbedingungen vorgesehen.
Um die Hitzebelastung beim Arbeiten drinnen als auch draußen möglichst gering zu halten, gibt es einige praktische Tipps, die auch für die Weitergabe an hitzegeplagte Kunden geeignet sind: