Was Frauen beachten müssen |
Ob sich eine Frau für eine Schwangerschaft entscheidet oder dagegen, entscheiden viele verschiedene Faktoren. / © Adobe Stock/megaflopp
Kaum ein anderes Thema ist so umstritten und emotional beladen wie der Schwangerschaftsabbruch. Während viele Menschen es als Grundrecht von Frauen ansehen, freien Zugang zu medizinisch begleiteten Schwangerschaftsabbrüchen zu haben, stellen andere das Leben des Ungeborenen in den Vordergrund. Als belegt gilt jedoch, dass die Zahl der Abbrüche durch eine gesetzliche Einschränkung des Zugangs nicht zurückgeht. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden weltweit sechs von zehn ungewollten Schwangerschaften abgebrochen.
Viele Frauen müssen dabei auf unsichere Schwangerschaftsabbrüche zurückgreifen. Diese liegen laut WHO vor, wenn ein Abbruch von Personen durchgeführt wird, die nicht ausreichend dafür ausgebildet sind oder in einer Umgebung erfolgt, die nicht die medizinischen Mindeststandards erfüllt.
Schätzungen zufolge werden jedes Jahr weltweit 25 Millionen unsichere Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt. Rund 7 Millionen Frauen müssen anschließend aufgrund von Komplikationen medizinisch behandelt werden. Knapp 23.000 Frauen sterben jährlich an den Folgen eines unsicheren Schwangerschaftsabbruchs. Nach Angaben der WHO sind unsichere Schwangerschaftsabbrüche damit weltweit die dritthäufigste Ursache für Todesfälle bei Müttern und verursachen 5 Millionen weitgehend vermeidbare Behinderungen.
Frauen, die sich einem unsicheren Schwangerschaftsabbruch unterziehen, riskieren nicht nur ihre Gesundheit. Je nach Gesetzeslage drohen Strafverfolgung und Bestrafungen. Zudem erleben viele Diskriminierung. Auch in Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch nach §218 des Strafgesetzbuches grundsätzlich rechtswidrig, bleibt in den ersten 12 Wochen nach der Befruchtung aber straffrei, wenn Betroffene von der sogenannten Beratungsregelung (§218a Absatz 1 StGB) Gebrauch machen.
Die Beratungsregelung wurde 1995 vom Deutschen Bundestag beschlossen und soll sicherstellen, dass zum einen der im Grundgesetz verankerten Pflicht, ungeborenes Leben zu schützen, nachgekommen wird, gleichzeitig aber diese Pflicht mit den Grundrechten von schwangeren Frauen in Ausgleich gebracht wird.
Für Frauen bedeutet die Beratungsregelung, dass sie klar definierte Vorgaben einhalten müssen, um Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch zu erhalten. Dazu zählt, dass sie den Abbruch ihrer Schwangerschaft selbst verlangen und eine Schwangerschaftskonfliktberatung in einer staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle wahrnehmen müssen. Zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen, zudem muss die Beratung durch eine Beratungsbescheinigung (auch Beratungsschein) dokumentiert werden. Diese muss beim Abbruchtermin vorgelegt werden.
Weiterhin gilt, dass die Schwangerschaftskonfliktberatung und der Abbruch nicht durch den gleichen Arzt erfolgen dürfen. Ausnahmen von der Beratungsregelung bestehen nur, wenn eine kriminologische oder medizinische Indikation für den Abbruch besteht. Erstere liegt vor, wenn die Schwangerschaft aus einem Sexualdelikt hervorgegangen ist oder ein Mädchen jünger als 14 Jahren alt ist.
Liegt eine kriminologische Indikation vor, entfällt die Verpflichtung zur Wahrnehmung einer Schwangerschaftskonfliktberatung, allerdings dürfen Indikationsstellung und Abbruch nicht durch denselben Arzt erfolgen. Gründe für eine medizinische Indikation können schwere Erkrankungen der Mutter oder des Ungeborenen sein. Auch hier entfällt die Schwangerschaftskonfliktberatung; betroffene Frauen müssen aber ärztlich zum Abbruch beraten werden und Informationen über die Wahrnehmung einer psychosozialen Beratung erhalten. Zwischen Diagnose der Erkrankung und Indikation zum Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Anders als bei Abbrüchen nach Beratungsregelung oder kriminologischer Indikation ist ein Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen auch nach der zwölften Woche nach der Befruchtung möglich.
Nach Angaben von pro familia werden in Deutschland rund 96 Prozent der Schwangerschaftsabbrüche auf Grundlage der Beratungsregelung durchgeführt. Nur wenige beruhen auf einer kriminologischen oder medizinischen Indikation. Das Statistische Bundesamt hat im Jahr 2023 insgesamt 35 Abbrüche mit kriminologischer, 3.996 mit medizinischer Indikation und 102.187 nach Beratungsregelung erfasst.
Anders als bei kriminologischer oder medizinischer Indikation werden die Kosten für einen Abbruch nach Beratungsregelung nicht von der Krankenkasse übernommen. Frauen ohne oder mit geringem Einkommen können bei der Krankenkasse einen Antrag auf Kostenübernahme stellen. Dies muss jedoch unbedingt vor dem Abbruch erfolgen, da die schriftliche Zusage der Kostenübernahme am Tag des Abbruchs in der jeweiligen Praxis oder Klinik vorgelegt werden muss. Eine rückwirkende Erstattung ist nicht möglich.
Die Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit (BIÖG) nennt auf ihrer Website »familienplanung.de« einen Preisrahmen von 300 bis 700 Euro mit dem Frauen rechnen können. Die tatsächlichen Kosten hängen unter anderem von der gewünschten Abbruchmethode und der Narkoseart ab und können laut BIÖG bei der jeweiligen Praxis oder Klinik erfragt werden.
In Deutschland haben Frauen bis zum Ende der neunten Schwangerschaftswoche die Wahl zwischen einem medikamentösen und einem operativen Vorgehen. Ab der zehnten Schwangerschaftswoche muss ein Abbruch operativ erfolgen. Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile, die unterschiedlich empfunden werden. Ein medikamentöser Abbruch erstreckt sich über mehrere Tage und kann bis auf die Einnahme von Mifepriston zu Hause erfolgen. Einige Frauen empfinden dieses Vorgehen als hilfreich für die Verarbeitung.
Anderen Frauen ist es wichtig, die Schwangerschaft so schnell wie möglich abzubrechen. Dies ist in vielen Fällen per Vakuumaspiration möglich, die wahlweise unter örtlicher Betäubung oder mit Vollnarkose durchgeführt werden kann. Der Eingriff dauert etwa fünf bis zehn Minuten; eine bis zwei Stunden später können Frauen oft schon nach Hause gehen.
Aufpassen sollten Frauen bei der Auswahl der Beratungsstelle für die Schwangerschaftskonfliktberatung. So weist die BIÖG darauf hin, dass nicht alle Stellen, die eine Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, am Ende des Gesprächs auch einen Beratungsschein ausstellen. Dazu zählen in der Regel Beratungsstellen, die einen Abbruch mit ihrem Selbstverständnis nicht vereinbaren können. Die BIÖG stellt auf der Website »familienplanung.de« eine Datenbank zur Verfügung, mit der neben der örtlichen Nähe auch nach Ausstellung eines Beratungsscheins gefiltert werden kann. Zudem ist bei jeder enthaltenen Beratungsstelle die Möglichkeit zum Erhalt eines Beratungsscheins vermerkt beziehungsweise aufgeführt, wenn kein Beratungsschein ausgestellt wird.
Auf dem Beratungsschein werden Name und Datum der Beratung dokumentiert, aber keine der besprochenen Inhalte. Wollen Frauen ihren Namen in der Beratung nicht preisgeben, haben sie die Möglichkeit, den Beratungsschein durch eine weitere Person der Beratungsstelle ausfüllen zu lassen, die nicht am Gespräch beteiligt war. Das Bundesministerium der Justiz weist zudem auf seiner Website daraufhin, dass die Beratung auch per Telefon oder Videochat möglich und immer kostenlos ist.