Was gegen Hitzewallungen hilft |
Hitzewallungen und nächtliche Schweißausbrüche sind das auffälligste Symptom der Wechseljahre. Acht von zehn Frauen haben sie. / Foto: Getty Images/fizkes
Während man vor einiger Zeit eine Hormonersatztherapie (HRT) eher als allgemeine Gesundheitsprävention bei postmenopausalen Frauen gesehen hat, empfehlen die Leitlinienautoren heute, bei Patientinnen mit klimakterischen Beschwerden bereits im perimenopausalen Alter zu beginnen und die HRT so lange wie möglich fortzuführen. »Die S3-Leitlinie Peri- und Postmenopause, seit etwa einem Jahr aktualisiert, hat mittlerweile den Test auf Praxistauglichkeit bestanden«, meinte die Expertin von der gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der Universitätsfrauenklinik Bern. Während die Vorgänger-Leitlinie Hormone so kurz wie möglich empfahl, sprechen sich die Experten nun für eine Therapiedauer von etwa fünf Jahren aus, informierte Stute bei einer Fortbildungsveranstaltung der Landesapothekerkammer Hessen. Daneben werde der Achtsamkeits- und der kognitiven Verhaltenstherapie ein nachgewiesener Nutzen zuerkannt, die Wirkung pflanzlicher Zubereitungen sei der Leitlinie zufolge zumindest möglich (siehe Kasten).
Wann beginnen die Wechseljahre eigentlich? »Wir brauchen kein Labor, um festzustellen, ob eine Frau in den Wechseljahren ist«, kommentierte Stute den Wunsch vieler Frauen, beim Gynäkologen den Hormonstatus bestimmen zu lassen. Zum einen sei dieser nur eine Momentaufnahme, zum anderen weisen die (Un-)Regelmäßigkeit der Blutungen, das Alter und verschiedenste Beschwerden darauf hin, dass sich die Reproduktionsphase dem Ende neigt. Die Grenze zieht Stute bei 45 Jahren. Ab diesem Alter sei es ziemlich wahrscheinlich, dass sich die Hormone auf Talfahrt begeben. Bei jüngeren Frauen mit Hitzewallungen und Zyklusveränderungen ist die Bestimmung des Hormonstatus und damit hauptsächlich des FSH (Follikelstimulierendes Hormon) dagegen anzuraten, »um den präventiven Charakter der HRT mitzunehmen«. Bei Frauen jünger als 40 Jahre kann die Bestimmung des Hormonstatus Hinweise auf eine vorzeitige Ovarialinsuffizienz geben.
Die menopausale Transition – wie die Wechseljahre in der Fachsprache auch genannt werden - dauere vier bis acht Jahre, wobei die Menopause meist um das 51. Lebensjahr auftrete. Bei Zyklusverschiebungen im Zeitraum von etwa einer Woche spreche man von der frühen menopausalen Transition, größere Abstände im Zyklus seien ein Zeichen für die späte menopausale Transition. Als wichtigste Begleiterscheinungen »dieser letzten Blutung« nannte Stute Hitzewallungen und Schweißausbrüche – vor allem diese vasomotorischen Symptome sind auch als Wirksamkeitskriterien in Studien untersucht worden. Daneben sind es aber auch Schlafstörungen, urogenitale Beschwerden wie Scheidentrockenheit, Inkontinenz und häufige Harnwegsinfekte, zentralnervöse Symptome wie Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen und Gedächtnisstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, Beeinträchtigung des Knochen- und Gelenkapparates, Herzgefäßerkrankungen, eine Gewichtszunahme von etwa 10 Kilogramm zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr sowie Haut- und Haarveränderungen, die die Jahre des Wechsels prägen. Aber: »Jede Frau hat ihr individuelles Beschwerdeprofil. Erschreckend ist, dass 28 Prozent der Frauen keine Behandlung ihrer Wechseljahresbeschwerden erhalten.«
Mit praxisnahen Beispielen ging Stute auf die Chancen und Risiken einer HRT ein. »Mit dem Empfehlungsgrad A soll Frauen mit vasomotorischen Beschwerden eine Hormonersatztherapie angeboten werden, nachdem sie über die kurz- (bis zu fünf Jahren) und langfristigen Nutzen und Risiken informiert wurden. Für nicht hysterektomierte Frauen, also Frauen, die ihre Gebärmutter noch besitzen, kommt eine Estrogen-Gestagen-Therapie mit adäquatem Gestagenanteil, für hysterektomierte Frauen eine Estrogen-Monotherapie in Betracht. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), Clonidin und Gabapentin sollen dagegen nicht routinemäßig als Mittel der ersten Wahl gegen vasomotorische Symptome angeboten werden«, informierte die Frauenärztin. Während der Therapie könnten Dosisanpassungen oder anderen Umstellungen notwendig sein, die dem Verlauf der verschiedenen Phasen der Peri- und Postmenopause geschuldet und »kein Zeichen von Abhängigkeit« seien.
Bei einer HRT ist die transdermale Applikation zu bevorzugen. / Foto: Adobe Stock/Marina Lohrbach
Das altersbedingt leicht erhöhte Basisrisiko für Brustkrebs steige durch eine mehr als fünfjährige Kombinationstherapie, durch den Einsatz von Estrogen-Monopräparaten sinke es dagegen leicht. In der Kombinationstherapie habe sich Progesteron als »brustfreundlicher« erwiesen als synthetische Gestagene. Bezüglich des Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen stehe mikronisiertes Progesteron als »neutral« da. Dieses empfahl Stute auch, wenn Schlafstörungen zu den vorherrschenden Symptomen gehören. Eine alleinige Estrogen-Behandlung ohne Gestagenschutz erhöhe allerdings das Risiko für ein Endometriumkarzinom, weshalb eine mindestens 10- besser 14-tägige Begleit-Gestagenanwendung pro Behandlungsmonat sinnvoll sei. Das Demenzrisiko sei lediglich bei einem Beginn der Hormonersatztherapie ab dem 65. Lebensjahr erhöht.
Im Vergleich transdermal/oral steht die Behandlung per Pflaster, Gel oder Spray besser da, sie ist die Therapie der ersten Wahl, machte Stute deutlich. Sie habe die gleiche Wirksamkeit wie die orale Therapie und sollte immer primär angeboten werden. Vor allem das Thromboembolie- und Schlaganfallrisiko werden auf diese Weise gesenkt, wobei das Thromboembolierisiko quantitativ relevanter ist. »Ein Hinderungsgrund für die transdermale Therapie wäre, dass diese von der Durchführbarkeit her für die Patientin nicht tolerabel ist. Manche Patientinnen reagieren etwa mit Hautreizungen auf das Pflaster oder empfinden die Gelanwendungen als umständlich. Dann ist eine orale Therapie angezeigt.«
Stehen vaginale Symptome im Vordergrund, empfiehlt Stute eine topische Therapie »so lange wie erforderlich. Denn im Gegensatz zu Hitzewallungen verbessern sich urogenitale Beschwerden durch eine Therapie nicht ad hoc und bleiben länger bestehen«. Hierfür kommen Befeuchtungs- und Gleitmittel allein oder in Kombination mit einer vaginalen Estrogentherapie infrage. Gemäß der Leitlinie kann die Therapie so lange wie erforderlich angeboten werden.
Pflanzliche Präparate mit Extrakten aus Traubensilberkerze, Sibirischem Rhabarber, Rotklee, Soja oder Johanniskraut sind in den Leitlinienempfehlungen mit »Nutzen möglich« versehen. Die Autoren empfehlen die Phytopharmaka also nicht explizit. Aus ihrer Sicht gibt es nicht genügend gute Studien, um den Extrakten eine generelle Wirksamkeit zu attestieren. Dennoch ist der Leitlinie zu entnehmen, dass ein Nutzen der Zubereitungen vor allem in der Reduktion von Hitzewallungen besteht. Eine Analyse des britischen NICE (National Institute for Health and Care Excellence) sieht etwa in Cimicifuga-Extrakten einen signifikanten Therapieeffekt in der Reduktion von Hitzewallungen. Nächtliche Schweißausbrüche scheinen sich dagegen offenbar nicht zu bessern.
Die auf dem Markt verfügbaren Präparate weisen extreme Unterschiede auf. Wegen der strengeren Qualitätskriterien ist zugelassenen Arzneimitteln mit standardisierten hoch dosierten Extrakten aus der Apotheke der Vorzug zu geben. Am besten sind Spezialextrakte der Traubensilberkerze und des Rhabarbers untersucht.
Isoflavone, die auch zu den Phytoestrogenen zählen, kommen zum Beispiel in Soja sowie in Rotklee- und Leinsamenextrakten vor. »Von den Phytoestrogenen zeigt das Isoflavon Genistein in einer Dosis von 30 bis 60 mg pro Tag die zuverlässigste Wirkung«, heißt es in der Leitlinie.