Was hilft bei Magen-Darm-Beschwerden? |
Magen-Darm-Beschwerden können sich als Völlegefühl, Magenschmerzen, Sodbrennen, Blähungen, Magen-Darm-Krämpfen oder Übelkeit äußern – und das nicht selten in Kombination. / Foto: Shutterstock/ESB Professional
Unter Leitung von PZ-Chefredakteur Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz diskutierten Dr. Mario Wurglics vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Goethe-Universität Frankfurt und Dr. Miriam Ude, Stern-Apotheke Darmstadt. Im Fokus des Fachgesprächs standen die Evidenzlage prominenter Arzneipflanzen und die Indikationen funktionelle Dyspepsie und Reizdarmsyndrom.
Beispiel Pfefferminze: Um deren Wirksamkeit bewerten zu können, müsse man zunächst die Anwendungsform betrachten. »Die Unterschiede könnten größer nicht sein«, erklärte Wurglics. Für Blätter und Tees sei die klinische Datenlage sehr dünn. Für das ätherische Öl gebe es hingegen hohe wissenschaftliche Evidenz. Entscheidend für die Wirksamkeit sind bestimmte Qualitätsmerkmale wie eine ausreichende Menge von Menthol und Menthon. »Ein zweites Kriterium – und das finde ich mindestens genauso wichtig – ist die Abwesenheit bestimmter Stoffe wie Pulegon und Carvon«, führte Wurglics aus. Pulegon könne die Magenschleimhaut reizen und Carvon möglicherweise Allergien auslösen. In der Apotheke müsse man den Patienten erklären, dass es auf geprüfte Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutische Qualität ankommt.
Die neue Fassung der S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom begrüßte Wurglics als deutlichen Fortschritt für die evidenzbasierte Phytotherapie. Hier seien klar definierte pflanzliche Arzneimittel benannt. »Sie nennt Ross und Reiter, also Wirkstoffe und Präparate, und nicht nur die Pflanzen.« Ein Beispiel sei die Pfefferminze und deren Öl bei Schmerzen und Bauchkrämpfen.
Für Kümmel zur Anwendung bei Flatulenzen und Völlegefühl seien hingegen kaum Daten verfügbar. Interessant sei jedoch die Kombination aus Kümmel- und Pfefferminzöl, so Wurglics. Hier gebe es eine ganze Reihe klinischer Studien, die eine gute Wirksamkeit und synergistische Effekte bei Reizmagen und funktioneller Dyspepsie zeigten.
Ude differenzierte aus Sicht der Offizinapothekerin, wann ein Apotheker ein Antazidum, einen Protonenpumpenhemmer (PPI), ein Antihistaminikum oder ein Alginat empfehlen sollte. Zunächst müsse man in der Beratung herausfinden, wann und wie häufig die Beschwerden aufträten, ob und welche Grunderkrankungen vorlägen und ob der Patient weitere Medikamente einnehme. Grundsätzlich eigne sich ein Antazidum eher für den kurzfristigen Gebrauch; vorteilhaft sei der schnelle Wirkeintritt. Bei häufiger wiederkehrenden Beschwerden eigneten sich eher PPI. Patienten mit starken Beschwerden solle die Apotheke direkt an einen Arzt verweisen und eher nicht mit einem PPI als Initialmedikation versorgen. Denn das könne möglicherweise Symptome verschleiern.
Antazida und PPI sollten nicht auf Dauer kombiniert werden. »Ist ein Antazidum in der Übergangszeit bis zum vollen Wirkeintritt des PPI notwendig, darf der Patient es nicht zeitgleich einnehmen«, erinnerte Ude. Wer zweimal täglich einen PPI schlucke, solle nicht zusätzlich Antazida nehmen.
Angesichts möglicher Risiken warnte Ude vor einem unkritischen PPI-Dauergebrauch. »Nicht bei jedem Medikament, das die Magenschleimhaut attackieren könnte, braucht der Patient einen PPI.« Aktuell gebe es Hinweise aus einer Online-Umfrage in den USA , die »eine gewisse Kausalität zwischen einer intensiven PPI-Einnahme und der Häufigkeit einer Covid-19-Erkrankung« zeigten – bei insgesamt dünner Datenlage. Für Schubert-Zsilavecz ist klar: »Wenn es notwendig ist, sollten PPI eingesetzt werden; ansonsten ist Vorsicht geboten.«
H2-Antagonisten spielen laut Ude kaum noch eine Rolle und seien aktuell nicht im Markt verfügbar. Alginate bezeichnete sie als »sehr sinnvoll«, denn die Schaumbildung schütze die Schleimhaut vor aggressiver Magensäure und verhindere deren Reflux in die Speiseröhre. Antazida würden auch mit Alginaten kombiniert und wirkten relativ schnell.