Was hilft, wenn Babys zahnen? |
Auf dem Markt gibt es auch einige Arzneimittel und Kosmetika, die infrage kommen. Einige pflanzliche Zahnungsgele wirken kühlend, beruhigend und pflegen das gereizte Zahnfleisch (wie Osa® Pflanzen-Zahngel mit Kamille, Nelke, Salbei, Pfefferminze und Propolis, DHU Dentilin® Zahnungsgel mit Malvenextrakt und Provitamin B5). Andere Eltern schwören auf homöopathische Komplexmittel wie die zuckerfreien Osanit® Globuli oder Viburcol®-Zäpfchen. »Sie sind vielleicht eine Alternative für die Nerven der Eltern«, meint Schiffner. »Ein Wirkmechanismus fehlt. Wir empfehlen es daher nicht aktiv, aber wer damit zurechtkommt, dem reden wir es nicht aus.« Denn tatsächlich sei die einzige pharmakologische Alternative ein heikles Thema: Lokalanästhetika wie Lidocain etwa in Dentinox®, Dynexan® und Infectogingi®. »Unser Problem als Zahnärzte ist, dass Lidocain eine gewisse Allergisierungsquote hat. Das macht es uns schwer mit einer aktiven Empfehlung.«
Zahlen zur Häufigkeit einer Lokalanästhetika-Allergie schwanken in der Literatur stark. Es werden Typ-I- und Typ-IV-Reaktionen beschrieben. Zur Erinnerung: Typ-I-Reaktionen beruhen auf einer IgE-vermittelten Sofortreaktion, Beschwerden wie Urtikaria oder Bronchospasmus treten unmittelbar auf. Im Gegensatz dazu äußert sich eine T-Zell-vermittelte Typ-IV-Spätreaktion erst nach 24 bis 72 Stunden, beispielsweise eine Kontaktdermatitis. Allergische Reaktionen können auch auf zugesetzten Konservierungsmitteln wie Methylparaben beruhen. Grundsätzlich gelten Lokalanästhetika vom Amidtyp (Lidocain) jedoch als weit weniger kritisch als jene vom Estertyp (Procain, Tetracain). Letztere werden nämlich hauptsächlich zu Paraaminobenzoesäure abgebaut, die eine hohe allergene Potenz aufweist. Zur genauen Abklärung sollte bei Verdacht auf eine Allergie immer eine allergologische Testung erfolgen.
In Bezug auf das Zahnen ist in der Literatur nach Aussage des Experten nicht wirklich etwas zu finden. Daher gestalte sich die Nutzen-Risiko-Abwägung besonders schwierig. »Diese den Eltern zu überlassen ist aber auch keine Lösung.« Wenn das Kind sich also quält, die Nächte sehr unruhig sind und auch die Eltern im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Zahnfleisch kriechen, könne er jeden verstehen, der zum Lidocain-haltigen Zahnungsgel greift. »Schreit das Kind ansonsten jede Nacht durch, dann haben Eltern wie Kind erst mal Ruhe«, so Schiffners Erfahrung. »Es wirkt gut.«
Wichtig: Eltern sollten sich unbedingt an die empfohlene Dosierung halten. Im Fall von Dentinox® ist dies maximal drei- bis viermal täglich eine erbsengroße Menge. Lege artis wird die betroffene Schleimhaut zunächst mit einem Wattestäbchen trocken getupft und dann das Gel mit leichtem Druck einmassiert. Überdosierungen müssen vermieden werden, denn neben dem Allergisierungspotenzial drohen schlimmstenfalls Krampfanfälle, Hirnschäden oder Herzprobleme. Eine solche Intoxikation ist zwar höchst unwahrscheinlich und wurde bisher lediglich im Zusammenhang mit anderen hoch dosierten Arzneimitteln beschrieben. Eine etwas mildere Alternative stellt auch Kamistad® Baby mit Auszügen aus Kamille, Polidocanol und Hyaluronsäure dar.
Glücklicherweise geht das Zahnen irgendwann vorüber. Mit zweieinhalb bis drei Jahren haben die meisten Kinder ihr vollständiges Milchzahngebiss, ehe sie in die Wackelzahnpubertät kommen. Was Erwachsene tun können, wenn das Zahnfleisch gerötet und gereizt ist oder sie eine schmerzhafte Aphthe haben, das erfahren Sie im nächsten Beitrag der Zahnserie.