Was jeder tun kann, um das Demenzrisiko zu senken |
Juliane Brüggen |
21.09.2022 12:00 Uhr |
Bewegung tut nicht nur dem Körper gut, sondern auch dem Gehirn. / Foto: Adobe Stock/Monkey Business
»Die Aussicht, bis ins hohe Alter geistig fit zu bleiben, sollte uns motivieren, gesund zu leben«, sagt Professor Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung, in einer Pressemitteilung zum Welt-Alzheimer-Tag. Das eigene Verhalten spielt keineswegs eine Nebenrolle: Ein Drittel der Alzheimer-Erkrankungen könnte durch einen gesunden Lebensstil verhindert werden. Welche Maßnahmen wirken sich positiv aus?
Eine Schrittzahl von etwas unter 10.000 Schritten pro Tag – genauer gesagt 9826 Schritte – könnte das Risiko reduzieren, an Demenz zu erkranken. Zu dem Ergebnis kommt eine in »JAMA« publizierte Studie aus Großbritannien. Die Schrittzahl ging mit dem geringsten Demenzrisiko einher. Ein schützender Effekt zeigte sich aber schon ab 3826 Schritten pro Tag. Über fast sieben Jahre wurden 78.430 Erwachsene beobachtet, deren mittleres Alter zu Beginn der Studie bei 61,1 Jahren lag. Die Teilnehmenden zeichneten ihre Aktivität mittels Schrittzähler auf. Auch die Intensität der Trainingseinheit scheint der Studie zufolge eine Rolle zu spielen: Optimal war ein bewusstes 30-minütiges Training mit einem Tempo von 112 Schritten pro Minute.
Eine aktuelle chinesische Studie (CABLE) bestätige den Bewegungs-Effekt, berichtet die Deutsche Hirnstiftung: Bei den 918 Studienteilnehmern ohne Demenz war regelmäßige körperliche Aktivität mit einem verminderten Auftreten von Alzheimer-typischen Veränderungen im Nervenwasser (Amyloid und Tau) und einer besseren Kognition verknüpft.
Eine aktuelle Kohortenstudie offenbarte, dass auch das Körpergewicht das Demenzrisiko beeinflussen könnte. Die Forschenden werteten Daten aus 832 deutschen Allgemeinarztpraxen aus und untersuchten, wie Body-Mass-Index (BMI) und Demenzrisiko zusammenhingen. Eingeschlossen waren 296.767 Personen im mittleren Alter von 70 Jahren. Es zeigte sich ein geschlechterspezifischer Unterschied: Bei Frauen war Übergewicht signifikant mit der Entwicklung einer Demenz verbunden, bei Männern war es hingegen Untergewicht. Generell könne man daraus schließen, dass ein Gewicht im Normalbereich (BMI 20–25) gut für die Hirngesundheit sei, so die Deutsche Hirnstiftung.
Viel Obst und Gemüse, Vollkorngetreide, Nüsse, Hülsenfrüchte, Olivenöl und Fisch – dadurch zeichnet sich die mediterrane Ernährung aus. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) konnte zeigen: Je mehr die Teilnehmer die mediterrane Ernährung einhielten, desto besser war ihre Kognition. Auch ein größeres Hirnvolumen in gedächtnisrelevanten Hirnregionen und geringere Alzheimer-Biomarker (Amyloid- und Taupathologie) waren festzustellen.
Die Studienlage spreche dafür, dass mit einer guten Einstellung des Blutdrucks auch das Demenzrisiko sinkt, vor allem im mittleren Lebensalter, erklärt die Deutsche Hirnstiftung. Eine aktuelle Studie aus den USA untersuchte außerdem den Effekt verschiedener Blutdrucksenker auf das Demenzrisiko. Es zeigte sich, dass insbesondere die Blutdrucksenker, die Angiotensin-II-Rezeptoren vom Typ 2 und 4 stimulieren, mit einem niedrigeren Auftreten einer kognitiven Störung verbunden waren.
»Weitere klinische Studien müssen dieses Ergebnis erst belegen, bevor spezielle Substanzgruppen empfohlen werden können«, ordnet Professorin Dr. Kathrin Reetz, Vize-Präsidentin der Deutschen Hirnstiftung, das Ergebnis ein. »Wichtig ist aber die Absenkung zu hoher Blutdruckwerte in den Normbereich (unter 140/90 mmHg). Die Korrelation zwischen Bluthochdruck und erhöhtem Demenzrisiko ist belegt und eine Blutdrucksenkung daher in jedem Fall ein wichtiger Faktor für den Erhalt der Hirngesundheit.«
Weitere bekannte Risikofaktoren für Demenz sind Bildung, Abnahme der Hörfähigkeit, Rauchen, Diabetes mellitus, Depression und ein geringer sozialer Kontakt. »Alles in allem zeigt sich, dass wir mit einem gesunden Lebensstil nicht nur unseren Körper, sondern auch das Gehirn gesund erhalten können. Unsere Botschaft zum Welt-Alzheimertag lautet: Jeder hat es selbst in der Hand, sein Alzheimer-Risiko zu reduzieren, wir können etwas machen«, betont Erbguth.