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Digitales Management 

Was können Gesundheits-Apps?

Jeder zweite Deutsche nutzt Gesundheits-Apps, um fit zu bleiben, sich gesünder zu ernähren oder eine Erkrankung besser zu managen. Seit Oktober 2020 gibt es sie sogar auf Rezept. Wie gut sind die digitalen Helfer?
Clara Wildenrath
26.01.2021  08:30 Uhr

Sie sollen zu mehr Bewegung motivieren, die Raucherentwöhnung erleichtern oder bei der Blutzuckerkontrolle helfen: Gesundheits-Apps fürs Handy erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Markt wächst stetig und ist auch für Fachleute kaum noch überschaubar. Über 160.000 Gesundheits- und Medizin-Apps gibt es laut der Bewertungsplattform »HealthOn« allein für Android-Nutzer, etwa 11.000 sind deutschsprachig. Knapp die Hälfte davon dient der Prävention. Mehr als 90 Prozent der Apps sind zumindest in der Basisversion kostenlos erhältlich. 

Bei Nutzern besonders beliebt sind Lifestyle-Apps, die gesundheitsbewusstes Verhalten fördern sollen, beispielsweise Aktivitäts-Tracker, Schrittzähler oder Ernährungs-Apps. Oft gehören dazu sogenannte Wearables wie Fitness-Armbänder, die mithilfe von Sensoren Daten wie Bewegungsinformationen, Blutdruck und Herzfrequenz aufzeichnen. Andere, mehr serviceorientierte Apps erinnern an die Medikamenteneinnahme oder an Vorsorgetermine. Manche dienen auch als eine Art Tagebuch und sollen die ärztliche Symptom- und Verlaufskontrolle bei einer Erkrankung erleichtern, zum Beispiel bei Migräne. Notfall-Apps bieten Informationen zu Erste-Hilfe-Maßnahmen, speichern wichtige eigene medizinische Daten und alarmieren bei Bedarf festgelegte Kontaktpersonen.

Viele Krankenkassen bieten ihren Mitgliedern zudem eigene Apps an, die die Kommunikation vereinfachen oder bei der Arztsuche helfen sollen. Mit speziellen Apotheken-Apps können Kunden per Smartphone Medikamente vorbestellen, sich über Nebenwirkungen informieren oder Notdienst-Apotheken finden.

Digitale Therapiebegleitung

Darüber hinaus gibt es medizinische Apps, die die Diagnose und/oder Therapie von Erkrankungen unterstützen sollen. Dazu zählen beispielsweise Diabetes-Apps zur Analyse des Insulinbedarfs oder digitale Therapieprogramme bei Depressionen. Solche Anwendungen mit einer medizinischen Zweckbestimmung müssen als Medizinprodukt zugelassen und mit einem CE-Kennzeichen versehen sein. Das ist bei etwa einem Prozent aller Gesundheits-Apps der Fall.

Das CE-Kennzeichen sagt allerdings weder etwas über den gesundheitlichen Nutzen einer App noch über die inhaltliche Qualität, die Bedienbarkeit oder die Datensicherheit aus. Einheitliche Qualitätskriterien zur Beurteilung von Gesundheits-Apps existieren bislang nicht. Nicht nur für medizinische Laien, auch für Ärzte ist es deshalb oft schwer, hilfreiche und nutzbringende Anwendungen von wertlosen Spielereien zu unterscheiden.

Einen ersten Hinweis können die Nutzerbewertungen liefern. Ein Blick ins Impressum gibt Aufschluss über den Anbieter: Handelt es sich um einen öffentlichen oder gemeinnützigen Träger, was in der Regel für eine gewisse Seriosität und Objektivität spricht? Oder lassen sich finanzielle Abhängigkeiten und Interessenskonflikte erkennen, etwa bei einer Pharmafirma, die ein bestimmtes Produkt verkaufen will? Wird die Finanzierung der App dargelegt und ist sie plausibel?

Für mehr Licht im Dickicht der Gesundheits-Apps sorgen vereinzelt auch medizinische Fachgesellschaften. Sie vergeben nach einer umfangreichen inhaltlichen und technischen Prüfung der App ein Gütesiegel wie:

  • »DiaDigital« von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft,
  • »PneumoDigital« von der Atemwegsliga oder 
  • das DHL-Siegel der Deutschen Hochdruckliga.

Bewertungsportale wie die Weiße Liste der Bertelsmann-Stiftung, Digimeda, HealthOn oder AppCheck (siehe Kasten) können ebenfalls bei der Orientierung helfen. Allerdings basiert deren Beurteilung zum größten Teil auf Selbstauskünften der Hersteller.

Sensible Daten

Als großes Problem sehen Experten bei vielen Apss die Datensicherheit. Oft ist dem Nutzer nicht klar, wem er seine sensiblen Daten anvertraut und wie derjenige damit umgeht. Nicht immer geht aus der Datenschutzerklärung hervor, wo und wie die Daten gespeichert und ob sie möglicherweise an Dritte weitergegeben werden. Manchmal fordert die App auch den Zugriff auf Daten, die für die Funktion offensichtlich nicht von Belang sind. Besonders bei kostenlosen Apps besteht die Gefahr, dass Nutzer mit der Preisgabe ihrer Daten »bezahlen«.

In einer 2019 veröffentlichten Studie zeigte sich beispielsweise, dass 29 von 36 topplatzierten Apps zur Depressionsbekämpfung oder Raucherentwöhnung Nutzerdaten an Facebook und Google weitergaben. Nur zwölf davon legten dies in ihrer Datenschutzerklärung offen. Zumindest einen gewissen Schutz vor solchen Praktiken bieten Datenschutz-Siegel wie »Trusted App«, »ePrivacyApp« oder das Software-Prüfzeichen des TÜV Süd.

Wirksamkeit nur teilweise belegt

Wissenschaftliche Studien, die die Wirksamkeit von Medizin-Apps untersuchen, gibt es bislang nur wenige. Wohl die meisten Daten liegen zu Diabetes-Apps vor. In einer Metaanalyse von 14 Studien mit insgesamt 1360 Teilnehmern sank der Langzeit-Blutzuckerwert HbA1c bei Typ-2-Diabetikern im Vergleich zur Kontrollgruppe um knapp 0,5 Prozent. Das liegt etwa im Bereich dessen, was auch eine medikamentöse Therapie schafft. Auch für einige digitale Anwendungen bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen, Tinnitus und Rückenschmerzen ist die Wirksamkeit belegt.

In vielen Untersuchungen zeigt sich, dass Medizin-Apps mit ärztlicher oder psychotherapeutischer Begleitung generell besser funktionieren, als wenn der Patient das Programm völlig in Eigenregie absolviert. Auch scheint ihr Einsatz bei jüngeren Menschen tendenziell erfolgversprechender zu sein als bei älteren. Valide Ergebnisse aus randomisiert-kontrollierten Studien fehlen jedoch in der Regel.

Verordnung möglich

Seit Oktober 2020 sind geprüfte Medizin-Apps mit belegtem Nutzen in Deutschland erstmals auch auf Rezept erhältlich. Geregelt ist das durch das Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG), das Ende 2019 in Kraft trat. Die digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) werden vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Datensicherheit, Datenschutz und Funktionalität geprüft und in einem eigenen Verzeichnis gelistet. Den Antrag dafür müssen die Hersteller stellen, Voraussetzung ist ein CE-Kennzeichen.

Nach der Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis werden die Kosten für die App zunächst ein Jahr lang vorläufig von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. In dieser Zeit muss der Anbieter beim BfArM durch randomisiert-kontrollierte Studien oder vergleichbare Evidenz nachweisen, dass seine App die medizinische Versorgung der Patienten verbessert – also die Lebensqualität erhöht, die Krankheit verkürzt oder Symptome mildert.

Bisher haben es neun Anwendungen in das DiGA-Verzeichnis geschafft (Stand Anfang Januar 2020). Dauerhaft aufgenommen sind eine App zur Behandlung von nicht organischen Schlafstörungen (somnio) und eine Software zur Therapie von sozialen Phobien, Platzangst und bestimmten Panikstörungen (velibra). Diese beiden Anwendungen konnten bereits bei der Antragstellung durch valide Daten einen »positiven Versorgungseffekt« nachweisen. Noch in der zwölfmonatigen Erprobungsphase befinden sich eine weitere App gegen Angststörungen (Invirto) sowie Hilfsprogramme bei Tinnitus (Kalmeda), Rücken-, Knie- und Hüftschmerzen (Vivira) und starkem Übergewicht (zanadio). Weitere stehen bereits in den Startlöchern, beispielsweise für psychotherapeutische Indikationen oder Atemwegserkrankungen.

Die Kosten für die Apps im DiGA-Verzeichnis, die oft mehrere Hundert Euro pro Quartal betragen, übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung. Voraussetzung ist entweder eine ärztliche Verordnung oder der Nachweis einer entsprechenden Indikation durch den Patienten selbst – zum Beispiel anhand von Behandlungsunterlagen. Der Versicherte erhält dann einen Code, mit dem er die App kostenfrei herunterladen und freischalten kann.

Generell sind Ärzte nicht verpflichtet, Apps zu verschreiben. Die meisten stehen dem Einsatz heute jedoch deutlich aufgeschlossener gegenüber als noch vor einigen Jahren. In einer aktuellen Studie der Stiftung Gesundheit stimmten fast drei Viertel der 546 befragten Ärzte und Psychotherapeuten zu, dass gezielt eingesetzte Gesundheits-Apps hilfreich sein können. Sechs Jahre zuvor hatte sich die Mehrheit noch skeptisch gezeigt. Allerdings ist auch heute noch knapp die Hälfte der Ansicht, dass Apps signifikante Risiken bergen, die noch nicht völlig geklärt sind. Dennoch sind 57 Prozent bereit, medizinische Apps mit Augenmaß zu verordnen, wenn Patienten dies wünschen. Sinnvolle Anwendungsgebiete sehen Ärzte vor allem in der Tagebuchfunktion zum Beispiel bei Allergien, der Aufzeichnung von Vitalparametern und der Ernährungsberatung per App. Die Möglichkeit, Apps auf Rezept zu verschreiben, gab es zum Zeitpunkt der Befragung erst seit wenigen Tagen. Ein Prozent der Befragten hatte dies bereits genutzt.

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