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Anti-Aging

Was können Retinoide?

Die Kosmetikindustrie hat einen neuen Liebling: Retinoide. Die Abkömmlinge der Vitamin-A-Säure gelten als Allzweckwaffe gegen die unterschiedlichsten Hautprobleme. Ist der Hype berechtigt? PTA-Forum hat bei einer Expertin nachgefragt.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 18.03.2022  09:00 Uhr

An Retinoiden kommt man derzeit nicht vorbei, wenn die Haut rein, prall sowie voller Leucht- und Spannkraft erscheinen will. Akne-Pusteln, Fältchen, große Poren, Pigmentflecken: Für die unterschiedlichsten Hautprobleme scheint diese Substanzgruppe eine Lösung zu sein. Was meint Professorin Dr. Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden, dazu? »Vitamin-A-Säure-Präparate sind die am besten untersuchten und effektivsten Topika im Anti-Aging-Bereich. Es liegen histologisch kontrollierte Studien bei Männern und Frauen vor, die nachweisen, dass auch die in der Kosmetik verwendeten Vitamin-A-Säure-Derivate die Kollagenbildung anregen, die Faltentiefe herabsetzen und die Verbindung zwischen Epidermis und Dermis verbessern. Außerdem schätzen wir Dermatologen die evidenzbasierte Wirkung von Vitamin-A-Säure bei der Akne.«

Bei den Retinoiden handelt es sich um eine ganze Gruppe an Substanzen, allesamt Derivate von Vitamin A. Dessen biologisch aktive Form ist die Retinsäure, PTA und Pharmazeuten eher unter der Bezeichnung Tretinoin geläufig. »Tretinoin wird seit Jahren für die leitliniengerechte Behandlung der Akne als Arzneimittel eingesetzt und kommt aufgrund seiner Potenz nicht als Kosmetikum in Betracht. Verschiedene Derivate wie Retinol, Retinaldehyd (Retinal) und Retinylester sind dagegen kosmetisch nutzbar«, erklärt Bayerl im Gespräch mit PTA-Forum. »Die biologische Wirksamkeit dieser Retinoide ist zwar deutlich schwächer als die von Tretinoin. So ist Retinol rund zwanzigmal geringer wirksam. Dennoch gibt es viele Untersuchungen, die einen wirksamen Anti-Aging-Effekt von Retinol, Retinylpalmitat oder -aldehyd dokumentieren«, weiß die Expertin der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Dies liegt unter anderem daran, dass Vitamin-A-Verbindungen in der Haut durch geeignete Enzyme erst hydrolysiert werden müssen und das dabei frei werdende Retinol dann in einem zweistufigen Prozess zu Tretinoin oxidiert werden muss. Diesen enzymatischen und oxidativen Prozessen sind in der Haut freilich Limitationen gesetzt. Doch das hat auch Vorteile: »Retinol und Retinaldeyhd sind deshalb weniger irritativ.«

»Vitamin-A-Säure-Präparate sind die am besten untersuchten und effektivsten Topika im Anti-Aging-Bereich.«
Professorin Dr. Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden

Der Wirkstoff Tretinoin kommt also aus der Medizin. Aber in Form seiner Derivate haben seine Effekte den Weg in den Anti-Aging-Bereich gefunden. Man liest oft, dass Retinoide die Hautbildung beziehungsweise die Hauterneuerung normalisieren. Warum? Sie haben keratolytische, also hornlösende Eigenschaften. Dadurch kann Talg, also Hautfett wieder besser ausfließen. Bayerl: »Retinoide wirken leicht abschuppend und bekommen so die verstopften Talgdrüsengänge bei Akne-Haut wieder frei. Das Besondere: Sie binden an spezifische Zellkernrezeptoren und geben dort Informationen weiter, die für die Differenzierungsregulation verantwortlich sind, sodass eine zu schnelle Proliferation wieder herunterreguliert wird. In der Folge bleibt also der Talgdrüsenausführungsgang offen. Dieser keratolytische Effekt passt nicht nur bei Akne, sondern auch im Kampf gegen die Hautalterung und bei Hyperpigmentierungen. Die toten Schüppchen, die wir loswerden wollen, werden quasi abgeschält. Wenn Licht auf unsere Haut trifft, wirkt sie glatter und erscheint in einem gewissen Glanz wie frisch gepeelt, neudeutsch auch als Glow bezeichnet.«

Wirkung in der Tiefe

Die Wirkung am Zellkern ist für die Dermatologin einzigartig. »Vitamin-A-Säure und seine Derivate fördern die gesunde Zellteilung. Sie spielen eine essenzielle Rolle in der Regulation der epidermalen Differenzierung und Proliferation und sind in der Lage einerseits die Produktion von neuem Kollagen zu stimulieren und andererseits die Produktion von Kollagenasen, also Kollagen und Elastin abbauenden Enzymen, zu inhibieren. Dadurch lassen sich Falten nachweislich reduzieren, die Haut wird elastischer und hat generell mehr Spannkraft. Das ist freilich erst nach Wochen der Anwendung möglich und nicht nach einer Woche, wie es manchmal die Werbung glauben machen mag.« Retinol konnte etwa eine Antifaltenwirkung nach mindestens zwölfwöchiger Applikation erzielen.

Der Pferdefuß: Retinoide haben generell die Tendenz, hautirritierend zu wirken, wobei Retinolester oder Retinaldehyde verträglicher sind als Retinol. Bayerl sieht das so: »Die Hautirritationen sind das, was wir von dieser Substanzgruppe aus der medizinischen Anwendung kennen. Dadurch, dass wir ein paar Zellschichten verlieren und Hornschuppen abgestoßen haben, sind wir empfindlicher für UV-Strahlung. Um diese Reizungen abzufedern, empfiehlt man zum Beispiel die Anwendung nur jeden zweiten Tag. Auch gilt es, einen höheren Lichtschutz aufzutragen. Prinzipiell empfehle ich, Tretinoin-haltige Präparate abends und morgens den Sonnenschutz aufzutragen. Retinol- oder Retinaldehyd-haltige Zubereitungen können allerdings meist ohne Irritationen eingesetzt werden.« Durch bestimmte Formulierungstechniken können die Hautverträglichkeit verbessert werden, auch durch den Zusatz von hautberuhigenden Substanzen. »Was man nicht aus der Formulierung herausbekommt, ist der leicht gelbliche Farbton. Das empfinden zum Beispiel manche Herren als störend, wenn es sich gelblich auf dem Hemdkragen abzeichnet.«

Wie schätzt die Dermatologin die Effektivität der Retinoide im Vergleich zu Fruchtsäuren ein? »An der Oberfläche wirken Fruchtsäuren sehr ähnlich. Auch sie schälen Hautschüppchen ab und sie können irritativ wirken. Doch was die Differenzierungsförderung anbelangt, sind die Retinoide eindeutig überlegen, und zwar dadurch, dass sie am Zellkern angreifen und die follikuläre Verhornung wieder herunterregulieren.« Die Vitamin-A-Säure-Präparate sind die am bestwirksamsten Anti-Aging-Zubereitungen, »selbst in der ästhetischen rekonstruktiven Dermatologie hat man damit Möglichkeiten«.

Das von der Werbung als Retinol-ähnlich bezeichnete Bakuchiol ist laut Bayerl keine Alternative. »Bakuchiol, das ursprünglich aus den Samen der Psoralea-corylifolia-Pflanze gewonnen wird, ist definitiv kein Vitamin-A-Säure-Derivat. Dennoch hat diese Substanz in einer Studie einen recht guten Anti-Aging-Effekt nachweisen können. Das Problem ist die Werbeaussage. Es wird von einem Retinol-Effekt gesprochen, wobei die Pflanze nichts enthält, was an den Zellkern bindet.«

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