Was muss aufs Etikett? |
Verena Schmidt |
26.06.2023 08:00 Uhr |
Rezeptur-Etiketten werden heute oft direkt über das Laborprogramm erstellt. / Foto: Adobe Stock/Racle Fotodesign
»Die Kennzeichnung von Arzneimitteln ist doch kein Problem. Das macht unser Laborprogramm automatisch.« oder »Das machen wir seit Jahren so und es wurde noch nie beanstandet.« Das seien typische Aussagen vieler Apothekenmitarbeiter, berichtete Melhorn zu Beginn ihres Vortrags. Doch ganz so trivial ist das Thema Etikett nicht: Untersuchungen zeigen, dass bei 60 Prozent oder mehr aller Rezeptur- und Defekturarzneimittel die Beschriftung nicht korrekt ist.
Wie Rezepturarzneimittel gekennzeichnet werden müssen, ist in Paragraf 14 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geregelt. »Was dort steht, reicht aber nicht immer aus«, so Melhorn. Weitere Angaben nach dem Europäischen Arzneibuch oder der Besonderheitenliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) könnten zusätzlich nötig sein. Wichtig ist in jedem Fall: Die Kennzeichnung muss dauerhaft sein und darf sich während des Gebrauchs nicht verändern. »Sie müssen sicherstellen, dass das Etikett über einen langen Zeitraum leserlich bleibt«, so die Apothekerin. »Wasserlösliche Tinte geht nicht, auch spezielle Thermoetiketten sind gefährlich, denn sie werden schwarz oder bleichen aus.«
Die Schrift – in der Regel werden die Etiketten heute mit einem Drucker erzeugt – müsse gut lesbar sein. Schriftgröße 6 oder 8 sei hier das Minimum, so Melhorn, besser sei aber, wenn möglich, eine etwas größere Schrift, da gerade ältere Patienten Kleingedrucktes nicht mehr gut lesen könnten. Eine farbige Schrift auf einem farbigen Hintergrund sehe zwar oft gut aus, könne aber teils schlecht lesbar sein. »Besser sind klare Farben und Formen mit gutem Kontrast«, so die Expertin.
Das Etikett muss in deutscher Sprache verfasst sein, die einzelnen Bestandteile dürfen allerdings auch in Latein aufgeführt sein (Ausnahme Betäubungsmittel!). »Aber auch bei den Bestandteilen ist Deutsch besser, da der Patient ja Laie ist«, verdeutlichte Melhorn. Für ausländische Patienten kann das Apothekenteam die Kennzeichnung übersetzen, das müsse dann aber zusätzlich zum Etikett mitgegeben werden. »Das Etikett muss einmal vollständig auf Deutsch sein«, so die Expertin.
Nach der ApoBetrO müssen Rezepturarzneimittel auf den Behältnissen und einer äußeren Umhüllung mindestens folgende Angaben aufweisen:
Melhorn wies auf die Neuerung hin, dass seit 2022 nicht mehr zwingend eine Gebrauchsanweisung auf das Etikett muss, wenn das Arzneimittel nicht direkt an den Patienten abgegeben wird. Quantitativ kennzeichnen müsse man prinzipiell nur Wirkstoffe, man sollte aber auch auf Hilfsstoffe mit Eigenwirkung achten. Als Beispiel nannte die Referentin die Milchsäure: Als Wirkstoff fungiert sie als Keratolytikum, sie kann aber auch als Puffer eingesetzt werden. Solche Stoffe mit Doppelfunktion müsse man auch mit Menge aufführen.
Abkürzungen bei den Wirkstoffnamen (zum Beispiel Triamcinolonac. oder Ac. Salicyl.) seien zwar kein direkter Fehler, sollten aber vermieden werden. Auch weitere Abkürzungen, etwa KG für Körpergewicht, sollten möglichst nicht verwendet werden, da sie oft missverständlich sind. »Das Etikett soll nicht überfrachtet sein, aber für Laien gut verständlich«, sagte Melhorn. Die genaue Zusammensetzung einzelner Bestandteile, etwa der Basiscreme DAC, könne daher auch auf ein separates Etikett. Gleiches gilt für Medizinprodukte und Kosmetika, die in Rezepturen eingesetzt werden; auch sie müssen volldeklariert werden. Fertigarzneimittel in Rezepturen dagegen müssen nicht aufgeschlüsselt werden, sie können wie Wirkstoffe behandelt werden (nach Art und Menge deklarieren). »Man darf aber auch immer ausführlicher kennzeichnen als vorgeschrieben«, sagte Melhorn.
Bei den sonstigen Bestandteilen muss nach ApBetrO die Menge angegeben werden, sofern dies nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist. Hier müsse die Besonderheitenliste des BfArM beziehungsweise die europäische Excipients Guideline beachtet werden. Relevant ist Melhorn zufolge unter anderem Ethanol (»Enthält x mg Alkohol bzw. Ethanol pro Dosiereinheit/-volumen«). Ist die Angabe einer festen Dosiereinheit nicht möglich (etwa bei der Anwendung mit einem Wattebausch), könne man die Angabe auch auf 1 g oder 1 ml Zubereitung beziehen, so Melhorns Tipp.
Die Expertin wies auch darauf hin: Eine Gefahrstoffkennzeichnung ist nicht erforderlich, denn die CLP-Verordnung (»Classification, Labelling and Packaging«) gilt nicht für Arzneimittel. Bei gefährlichen physikalischen Eigenschaften sollte man aber möglichst leicht verständliche Hinweise, etwa zur richtigen Aufbewahrung, auf dem Etikett vermerken. Bulkware im Standgefäß müsse analog zu Ausgangsstoffen und Zwischenprodukten aber mit Gefahrstoffsymbolen gekennzeichnet werden.