Was passiert bei einem Beininfarkt? |
Juliane Brüggen |
15.05.2025 10:30 Uhr |
Bei Symptomen wie plötzlich auftretendem, peitschendem Schmerz im Bein und Taubheit sollte ein Notarzt gerufen werden. Es könnte ein plötzlicher Arterienverschluss vorliegen. / © Getty Images/shurkin_son
Schmerzen und Krämpfe in den Beinen, vor allem bei Bewegung – das ist ein typisches Anzeichen der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. Daher rührt auch ihr Name »Schaufensterkrankheit«, denn viele Menschen bleiben aufgrund der Beschwerden stehen und verweilen zum Beispiel vor einem Schaufenster. In über 90 Prozent der Fälle geht die pAVK auf Arteriosklerose zurück, also eine Gefäßverkalkung. Periphere Blutgefäße werden eingeengt, Beine und Füße weniger gut durchblutet.
Die Symptome müssen nicht zwingend in den Waden auftreten, sondern können auch in anderen Beinabschnitten lokalisiert sein. »Die Lokalisation des Schmerzes ist ein Hinweis für den Ort des Gefäßproblems. Der Wadenschmerz ist am häufigsten und entsteht bei Verengungen und Verschlüssen im Bereich der Oberschenkelarterien«, erklärt Professorin Dr. Christiane Tiefenbacher, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung. »Kommt es zu Gesäß- und Oberschenkelschmerzen bei Belastung, liegt die Durchblutungsstörung in Höhe der Beckenarterien.« Auch die Haut gibt Hinweise auf pAVK, zum Beispiel durch weniger Behaarung oder eine andere Farbe und Beschaffenheit.
Bei einem Bein- oder Fußinfarkt kommt es wie bei einem Herzinfarkt akut zu einer Minderdurchblutung: Das betroffene Gewebe wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und stirbt ab. »Es entstehen chronische Wunden, diese können sich infizieren und entzünden, Gewebe wird funktionslos und stirbt ab«, so die Herzstiftung. Im schlimmsten Fall führe dies zu einer Amputation. Abgestorbenen Gewebe- und Hautstellen erkennt man daran, dass sie blau bis schwarz verfärbt sind, häufig beginnend an den Zehen und sich weiter ausbreitend.
Blutgerinnsel oder abgelöste Plaques können Arterien auch plötzlich verschließen, insbesondere, wenn diese bereits verengt sind. Das zeigt sich laut Herzstiftung an folgenden Symptomen:
Es handelt sich um einen Notfall – es sollte sofort der Notruf 112 gewählt werden. Der Arterienverschluss muss innerhalb weniger Stunden medikamentös, per Katheter oder Operation behandelt werden. »Auf keinen Fall versuchen, die Gliedmaße zu wärmen oder zu kühlen!«, warnt die Herzstiftung. Die Gliedmaße sollte lediglich möglichst weich oder gepolstert gelagert werden bis der Notarzt eintrifft.
Von den 57.000 jährlich in Deutschland vorgenommenen Bein- oder Fußamputationen ließen sich über 85 Prozent auf eine pAVK oder/und Diabetes mellitus zurückführen. »Deshalb sensibilisieren wir Patienten mit einem Risiko für eine pAVK aufgrund bestehender Herz- und Gefäßleiden wie koronarer Herzkrankheit (KHK), Bluthochdruck oder Diabetes, bei Beschwerden hellhörig zu werden und umgehend ihren behandelnden Hausarzt darüber zu informieren«, so Tiefenbacher.
Gleiches gilt im umgekehrten Fall, denn die pAVK ist meist Teil eines größeren Krankheitsgeschehens. »Wenn sich die Gefäßerkrankung pAVK mit Schmerzen in der Wade oder an den Zehen bemerkbar macht, dann ist anzunehmen, dass auch an anderen Stellen des Körpers das arterielle Gefäßsystem, etwa am Herzen, nicht mehr ganz in Ordnung ist und KHK vorliegt«, warnt die Herz- und Gefäßspezialistin.
Hauptrisikofaktor für pAVK ist das Rauchen, aber auch Alter und genetische Veranlagung spielen eine Rolle. Weitere Risikofaktoren sind: starkes Übergewicht, Bewegungsmangel und Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen.
Meist werden verschiedene Therapiestrategien kombiniert. Es gilt, Risikofaktoren wie Rauchen oder starkes Übergewicht zu minimieren und Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen medikamentös gut einzustellen. Einzelne verengte oder verschlossene Gefäße können mittels Katheter oder chirurgischen Verfahren wiedereröffnet und stabilisiert werden.
Ein wichtiger Baustein ist außerdem Gehtraining, dessen positiver Effekt auf die schmerzfreie Gehstrecke in den Stadien 1 und 2 durch Studien belegt ist. »Empfehlenswert ist ein Gehtraining mit mindestens drei Übungseinheiten pro Woche für jeweils 30 bis 60 Minuten über mindestens drei Monate«, so Tiefenbacher – am besten im Rahmen einer strukturierten Übungstherapie. Entsprechende Angebote finden sich bei spezialisierten Gefäßzentren. Über die Webseiten der Deutschen Gefäßliga oder des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) finden Interessierte auch regionale Gefäßsportgruppen.
Die wichtigsten Informationen zu pAVK hat die Herzstiftung im Sonderdruck »Die periphere arterielle Verschlusskrankheit – pAVK« zusammengefasst, der kostenfrei unter der Telefonnummer 069 955128400 oder unter www.herzstiftung.de/bestellung angefordert werden kann.