Welche Blutwerte sind wichtig? |
Barbara Döring |
10.02.2025 12:00 Uhr |
Die Bestimmung von Gesundheitswerten ist bei begründetem Verdacht auf eine Erkrankung oder einen Mangel sinnvoll. / © Adobe Stock/kamiphotos
Mithilfe von Laboruntersuchungen lassen sich zahlreiche Parameter bestimmen, die Aufschluss über Erkrankungen oder Mangelzustände geben. Kein Wunder, dass sich manch einer wünscht, vorsorglich checken zu lassen, ob nicht vielleicht unerkannte Gefahren im Körper lauern oder sich ein Nährstoffmangel anbahnt. Wahllose Laboruntersuchungen ohne konkreten ärztlichen Verdacht sind jedoch nicht nur überflüssig, sie können auch zu Verunsicherung und Ängsten führen. Bevor für eine Untersuchung Blut entnommen wird, muss es eine Indikation geben.
Nur wenn ungeklärte Krankheitssymptome bestehen, der Arzt oder die Ärztin den Verdacht auf eine bestimmte Erkrankung hat oder die Gefahr von Komplikationen zu befürchten ist, kommen Blut- oder Urinuntersuchungen infrage. Dabei werden immer nur gezielt jene Laborwerte bestimmt, die im speziellen Fall hilfreich sind, um sinnvolle Informationen zum Gesundheitszustand zu liefern. Würde sich beispielsweise jemand permanent müde und ausgelaugt fühlen, wäre die Untersuchung aller möglicher Werte inklusive Vitamine und Spurenelemente laut ärztlicher Leitlinien nicht hilfreich und würde von den gesetzlichen Krankenkassen auch nicht bezahlt.
Liegt dagegen ein konkreter Verdacht vor, etwa auf eine Nierenerkrankung, so wird der Arzt gezielt die sogenannten Nierenwerte bestimmen lassen. Bei Symptomen einer Anämie würden zunächst die roten Blutkörperchen, der rote Blutfarbstoff und der Eisenspeicher (Ferritin) untersucht. Für eine weiterführende Abklärung kämen zusätzliche Laborbestimmungen in Betracht.
Zahlreiche Laborergebnisse können nicht nur bei Kranken, sondern auch bei Gesunden verändert sein. Würden bei beschwerdefreien Personen ohne eine besondere Verdachtsdiagnose Laboruntersuchungen durchgeführt, könnten anomale Ergebnisse nicht nur verängstigen, sondern auch zu überflüssigen Folgeuntersuchungen führen. Der Normbereich beziehungsweise Referenzbereich für Laborwerte ist der Bereich, in dem 95 Prozent aller Werte liegen, die bei gesunden Menschen gemessenen werden. Dieser liegt für das Schilddrüsenhormon freies Thyroxin (fT4) beispielsweise zwischen 0,8 und 1,9 ng/dl.
5 Prozent der bei gesunden Personen gemessenen Werte liegen demnach außerhalb dieses Bereichs, ohne dass eine Erkrankung oder Beschwerden vorliegen. Auch der Rheumafaktor (RF) ist bei 5 Prozent der gesunden Bevölkerung unter 50 Jahren und sogar bei 10 Prozent der älteren Menschen nachweisbar. Doch ohne Beschwerden ist der Wert bedeutungslos. Bei einer Laboruntersuchung sollte also immer klar sein, welcher Wert warum untersucht werden soll. Die folgenden Labortests sind in der Hausarztpraxis oft sinnvoll:
Im Rahmen von routinemäßigen Check-ups oder zum Beispiel bei Verdacht auf Infektionen oder eine Anämie fordert der Arzt ein (kleines) Blutbild an. Anders als häufig angenommen, werden dabei nicht alle möglichen Werte bestimmt, sondern es geht ausschließlich um die Untersuchung und Zählung der roten und weißen Blutkörperchen sowie der Blutplättchen (Gerinnungszellen). Zudem wird der rote Blutfarbstoff (Hämoglobin) sowie Größe, Form und Gesamtvolumen der Erythrozyten ermittelt.
Ein großes Blutbild – auch Differentialblutbild genannt – wird der Arzt bei Verdacht auf bestimmte akute oder chronische Infektionskrankheiten wie ein Pfeiffersches Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose) erstellen lassen. Zusätzlich zum kleinen Blutbild werden dabei die unterschiedlichen Leukozyten – neutrophile, eosinophile, basophile Granulozyten sowie Lymphozyten und Monozyten – typisiert und gezählt.
Entzündungswerte wie Procalcitonin, CRP (C-reaktives Protein) oder Blutsenkung (BSG) werden bei Verdacht auf eine Entzündung, eine Infektion mit Bakterien (Procalcitonin, CRP) oder Viren (CRP) sowie auf eine rheumatische oder eine Tumorerkrankung (BSG) bestimmt. Auch um bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen der Verdacht auf Eisenmangel abgeklärt werden soll, ist die CRP-Messung sinnvoll, da Entzündungen den Ferritin-Wert verfälschen können. Die Blutsenkung oder Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit zeigt an, wie schnell Blutzellen in einem schmalen Röhrchen nach unten sinken. Geschieht dies schneller als sonst, spricht das für entzündliche Vorgänge im Körper. Die BSG gibt jedoch keine Auskunft darüber, welche Art von Entzündung vorliegt, ist also unspezifisch. Die Bestimmung des CRP eignet sich auch zur Verlaufskontrolle, etwa einer Lungenentzündung. Sinkt der Wert, spricht das dafür, dass die Erkrankung abklingt und die Antibiotikatherapie wirkt.
Um bei einer Anämie einen Eisenmangel als Ursache festzustellen, lässt der Arzt nicht das Eisen im Plasma bestimmen, sondern den Eisenspeicher Ferritin. Dieser ist der zuverlässigere Parameter, da die Eisenkonzentration im Plasma tageszeitlich schwankt. Erniedrigte Werte zeigen einen Eisenmangel an, etwa bei Fehlernährung, starker Menstruation oder chronischem Blutverlust durch eine unbemerkte gastrointestinale Blutung. Der Ferritin-Wert kann bei entzündlichen Prozessen im Körper erhöht sein, sodass die zusätzliche Bestimmung des Entzündungswertes CRP (C-reaktives Protein) sinnvoll sein kann. Weitere Messparameter sind Transferrinsättigung oder lösliche Transferrin-Rezeptoren (sTfR) sowie der Blutfarbstoff Hämoglobin (Hb). Der Hb-Wert sinkt, wenn die Eisenspeicher bereits geleert sind und nicht mehr genügend Erythrozyten gebildet werden können.
Um eine Lebererkrankung auszuschließen oder um leberschädigende Nebenwirkungen von Medikamenten zu überprüfen, werden die Leberwerte bestimmt. Auch den Verlauf einer Lebererkrankung kann der Arzt damit überwachen. Die unterschiedlichen Werte geben Aufschluss über die Gesundheit der Leberzellen (GPT = Glutamat-Pyruvat-Transaminase, GOT = Glutamat-Oxalacetat-Transaminase), den Galleabfluss (AP = alkalische Phosphatase, Gamma-GT = Gamma-Glutamyltransferase) oder die Funktion der Leber (Bilirubin, Albumin, INR = International Normalized Ratio, CHE = Cholinesterase).
Um die Nierenfunktion, zum Beispiel bei Bluthochdruck oder Diabetes, einzuschätzen, kann der Arzt den Nierenfunktionsparameter Kreatinin im Blut bestimmen lassen. Auf dessen Basis lässt sich die Nierenfunktion berechnen. In manchen Fällen ist es zudem nötig, die Ausscheidung des Eiweißstoffes Albumin zu bestimmen.
Das Lipidprofil wird im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung (Check-up) bestimmt. Es umfasst Gesamtcholesterin, LDL (Low-Density-Lipoprotein) und HDL (High-Density-Lipoprotein) sowie Triglyceride (TG). Bei einer Fettstoffwechselstörung können Triglyceride, Gesamtcholesterol und LDL erhöht und das HDL erniedrigt sein. Auch bei Patienten nach Schlaganfall, Herzinfarkt oder mit Verengung der Halsschlagader (Karotisstenose) oder Durchblutungsstörungen der Beine (PAVK) sollte das Lipidprofil ermittelt werden. Ebenfalls sinnvoll ist die Untersuchung bei erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko, etwa bei Rauchern, Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht oder einem vorangegangenen Schlaganfall sowie einem Herzinfarkt bei Verwandten ersten Grades.
Bei Verdacht auf Typ-2-Diabetes oder um einen Schwangerschaftsdiabetes auszuschließen, wird der Arzt den Blutzucker messen. Um die mittlere Blutzuckerkonzentration der letzten sechs bis acht Wochen zu überprüfen, wird der Langzeitzuckerwert HbA1C ermittelt. Der HbA1C spielt als Ausgangswert und zur Verlaufs- und Therapiekontrolle des Diabetes eine wichtige Rolle.
Bei Verdacht auf eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse lässt der Arzt den TSH-Wert bestimmen (TSH = Thyreoidea-stimulierendes Hormon). Ist der Wert erhöht (Unterfunktion) oder erniedrigt (Überfunktion), können zusätzlich das Schilddrüsenhormon fT4 (freies Thyroxin) sowie Antikörper gegen Schilddrüsenstrukturen gemessen werden. Zu Beginn der Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion, etwa einer Hashimoto-Thyreoiditis mit Schilddrüsenhormonen (Levothyroxin), empfiehlt es sich, zur Dosisfindung das TSH nach sechs bis acht Wochen zu kontrollieren. Bei stabiler Behandlung sind halbjährliche bis jährliche Kontrollen ausreichend. Zusätzliche Kontrollen sind nur bei Änderungen der Dosis erforderlich.
Der Vitamin D-Spiegel sollte nur bei begründetem Verdacht auf einen Mangel bestimmt werden oder bei Risikopersonen mit geringer Sonnenlichtexposition, etwa Menschen in Pflegeeinrichtungen. Bei einem Großteil der gesunden Bevölkerung in Deutschland ist laut DGE nicht von einem Vitamin-D-Mangel auszugehen, sodass eine Messung nicht erforderlich ist. Zudem ist bislang nicht ausreichend erforscht, ob ein Mangel an Vitamin D das Risiko für chronische Erkrankungen wie Autoimmunerkrankungen, Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen, Infektionskrankheiten, Arthrose oder Depressionen sowie Krebs erhöht. Auch die Schutzwirkung einer vermehrten Vitamin-D-Einnahme vor verschiedenen Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder Multipler Sklerose ist wissenschaftlich nicht belegt.