Welche Medikamente wirken gegen Omikron? |
Mittlerweile stehen mehrere Therapieoptionen bei Covid-19 zur Verfügung, es wird weiter intensiv geforscht. / Foto: Shutterstock/Bukhta Yurii
Nach einer im Fachmagazin »Cell« veröffentlichten Studie, an der deutsche Teams aus Göttingen, Hannover, Braunschweig und Erlangen beteiligt waren, scheinen mehrere Präparate bei Omikron ihre Wirksamkeit einzubüßen. Dabei geht es laut Mitteilung der Universität Erlangen um die meisten der zugelassenen und gegen frühere Varianten wirksamen Medikamente auf Antikörper-Basis.
Antikörper bildet der Körper nach einer Impfung oder Infektion. Sie können an das Virus binden und verhindern, dass es Zellen infiziert. Antikörper können biotechnologisch hergestellt werden, um Infizierte damit zu behandeln. Weil die Omikron-Variante gegenüber früheren Varianten deutlich verändert ist, können Antikörper – sowohl körpereigene als auch als Medikament hergestellte – die Infektion nicht mehr so effektiv bekämpfen.
Casirivimab und Imdevimab, Etesevimab und Bamlanivimab: Auf diesen Antikörper-Präparaten ruhte zunächst Hoffnung. Bei früher Gabe sollten sie schwere Verläufe verhindern. Bei Omikron gilt die Wirkung nun als reduziert. Studien zufolge wirkt aber das neue Antikörper-Präparat Sotrovimab gegen Omikron. Dieses empfiehlt auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Der Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing, Clemens Wendtner, der 2020 die ersten Corona-Patienten in Deutschland behandelt hatte, sieht den medikamentösen »Werkzeugkasten« trotzdem besser gefüllt als je zuvor. Das vielversprechende Präparat Sotrovimab solle Ende Januar für die stationäre Therapie zur Verfügung stehen. »Es gibt auch hier eine klare Perspektive.«
Während die Antikörper-Gabe nur in einer frühen Phase der Krankheit hilft, bleibt das entzündungshemmende Dexamethason in der späteren Phase bei schwerem Verlauf eine Standardtherapie. Weiter verabreicht werden auch Interleukin-6-Antagonisten wie Tocilizumab, die auch die Entzündungsreaktion unterdrücken und die ursprünglich für rheumatische Erkrankungen entwickelt wurden, und Januskinase-Inhibitoren wie Baricitinib. Dieses Mittel wird schon länger auch bei Covid-19 angewendet und wird von der WHO empfohlen. Zudem werden blutverdünnende Medikamente verabreicht, um Thrombosen, Schlaganfällen und Infarkten vorzubeugen.
Hoffnungen ruhen auf neuen Arzneimitteln wie Paxlovid® und Lagevrio® (Molnupiravir) – die ersten oralen antiviralen Medikamente gegen Corona. Das stimme ihn optimistisch, sagt Wendtner. »Da ist ein Quantensprung eingetreten.« Auch der Pandemie-Beauftragte des Klinikums rechts der Isar der TU München, Christoph Spinner, sieht Chancen in den neuen Medikamenten. Molnupiravir werde »als Kapsel zwei Mal täglich über fünf Tage eingenommen und wirkt auch gegen die Omikron-Variante.« In Kürze werde Paxlovid als weitere orale Therapieoption hinzukommen. Es schützt laut Spinner ebenfalls vor Omikron – und bis zu 90 Prozent vor schweren Verläufen.
Remdesivir, ursprünglich gegen das Ebolavirus entwickelt und 2020 gegen Corona zugelassen, wird laut Spinner weiter eingesetzt. »Es wirkt ebenso gegen Omikron und zeigte in einer neuen Studie einen etwa 80-prozentigen Schutz vor schweren Verläufen.« Anders als die orale Therapie mit Paxlovid und Molnupiravir muss Remdesivir weiter intravenös als Kurzinfusion gegeben werden. Das geht aber ambulant. Der Bund hatte Remdesivir-Vorräte für Deutschland gesichert. Nun schafft er eine Million Einheiten Paxlovid an. Die neuen Medikameante – Paxlovid und Molnupiravir – sind teuer. Rund 700 Dollar kostet die fünftägige Behandlung. Sie müssen früh genommen werden, um die Viren zu bremsen.
Vor allem vorbeugend soll das Antikörper-Präparat Evusheld® (Tixagevimab und Cilgavimab) eingesetzt werden, das laut Hersteller Astrazeneca auch gegen Omikron wirksam ist. Es muss nicht wie bisherige Antikörper im Krankenhaus über die Vene verabreicht werden, sondern kann einmalig in den Muskel gespritzt werden. »Das wirkt sechs Monate«, erläutert Wendtner, warnt aber, darin eine Alternative zur Impfung zu sehen. Das Medikament ist erheblich teurer, vor allem aber regt es den Körper nicht dazu an, eigene Antikörper zu bilden. Es sei nur geeignet für Menschen, die eine Impfung nicht vertragen oder keine Antikörper bilden können. Die Impfung bleibe das wirksamste Mittel, betonen Experten immer wieder.
Von dem Antikörper-Medikament Ronapreve® (Casirivimab und Imdevimab), bei dem auch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bei Omikron eine reduzierte Wirksamkeit sieht, hatte der Bund 150.000 Dosen gesichert. Dann lag das Mittel kaum genutzt auf Halde. Das Ablaufdatum rückte näher als es in der Prophylaxe bei besonders gefährdeten Menschen ein Revival erlebte. Nun ist klar: »Dieser Antikörper ist ein Auslaufmodell, er wird bei Omikron nicht mehr verwendet werden können«, sagt Wendtner. Wie viele Dosen noch in Schränken lagern, ist offen. Unter Hochdruck wird unterdessen weiter an neuen Medikamenten gearbeitet. Etwa wird an der Technischen Universität München (TUM) an einem Spray geforscht, das Lungenschäden bei Covid-19 eindämmen soll.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.