Welche Rolle die Psyche bei Gluten spielt |
Katja Egermeier |
15.01.2024 12:00 Uhr |
Menschen mit NCGS haben zwar weder eine Zöliakie noch eine Weizenallergie, reagieren dennoch mit Beschwerden auf Gluten. / Foto: Getty Images/AndreyPopov
Menschen, die an NCGS leiden, berichten meist über gastrointestinale Symptome wie Bauchschmerzen oder -beschwerden, Blähungen und veränderte Stuhlgewohnheiten sowie in geringerem Maße über extraintestinale Symptome wie Müdigkeit und Kopfschmerzen. Wie der Deutsche Allergie und Asthmabund (DAAB) kürzlich berichtet hat, deuten die Ergebnisse einer Studie jedoch darauf hin, dass die Symptome dieser Menschen weniger durch eine tatsächliche Glutenzufuhr ausgelöst werden, als durch eine negative Erwartungshaltung, sprich: den Nocebo-Effekt.
In der erwähnten Studie untersuchten Forschende die Auswirkungen der erwarteten gegenüber der tatsächlichen Glutenaufnahme anhand von 84 NCGS-Patienten im Alter von 18 bis 70 Jahren. Diese gaben an, sich nur bei glutenreduzierter Ernährung weitgehend beschwerdefrei zu fühlten. Sie wurden in vier Gruppen aufgeteilt, basierend auf der Erwartung, ein Woche lang morgens und mittags glutenhaltiges oder glutenfreies Haferbrot zu essen sowie auf der tatsächlichen Aufnahme von glutenhaltigem oder glutenfreiem Brot.
Im Ergebnis entwickelten vor allem zwei Gruppen gastrointestinale Symptome: die Gruppe, die erwartungsgemäß glutenhaltiges Brot erhielt als auch jene, die nur vermeintlich Gluten zu sich nahm. Den größten Einfluss auf Magen und Darm hatte dabei die Kombination aus Erwartung und tatsächlicher Glutenaufnahme. Das spiegelt den Forschenden zufolge einen Nocebo-Effekt wieder, selbst wenn ein zusätzlicher Effekt von Gluten nicht ausgeschlossen werden könne. Es werde deutlich, dass nicht nur die tatsächliche Aufnahme von Gluten, sondern auch die Erwartungshaltung der Betroffenen einen erheblichen Einfluss auf die Symptome habe. Wie die DAAB erklärt, passen diese Ergebnisse zu früheren Studien mit uneinheitlichen Effekten von Glutenzufuhr und Glutenentzug.
Die Forschenden vermuten nun, dass allein die Erwartung von Gluten über die Darm-Hirn-Achse Einfluss auf die Verdauung haben kann. Das unterstreiche die Bedeutung der psychologischen Komponente bei NCGS, bedürfe jedoch noch weiterer Forschung.
Während der Placebo-Effekt eine positive Zusatzwirkung beispielsweise bei der Medikamenteneinnahme entfaltet – bei Scheinmedikamenten ebenso wie bei wirksamen Arzneimitteln –, beschreibt der Nocebo-Effekt eine negative Wirkung, die ein Stoff – im vorliegenden Fall Gluten – haben kann, wenn eine Person darauf programmiert ist, dass dieser bestimmte Nebenwirkungen hervorruft.