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Grenzen der Selbstmedikation

Wenn das Baby krank ist

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Das gilt auch für die Behandlung in Eigenregie mit OTC-Präparaten. PTA-Forum erklärt die Grenzen und Risiken der Selbstmedikation.
Nicole Schuster
01.08.2024  16:00 Uhr

Termine bei Kinderärzten sind oft schwer zu bekommen. Nicht nur deshalb wünschen sich viele Eltern Tipps aus der Apotheke, um dem Nachwuchs selbst helfen zu können. Die Selbstmedikation bei Babys und Kindern ist allerdings ein heikles Thema, das eine intensive Beratung erfordert. Sie ist auch nicht in jedem Fall empfehlenswert. Kinder mit chronischen Erkrankungen wie Asthma, Diabetes oder Epilepsie benötigen beispielsweise eine spezielle medikamentöse Betreuung und werden in vielen Fällen am besten unter ärztlicher Aufsicht behandelt. Auch im Zweifel und bei unklaren Symptomen stellen Eltern das Kind besser dem Arzt als nur der Apotheke vor.

Symptome, die bei Erwachsenen auf meist banale Erkrankungen hinweisen und für die Selbstbehandlung geeignet sind, können bei Kindern schwerwiegendere Ursachen haben. Die Selbstmedikation zielt oft auf die Linderung von Symptomen ab, ohne die zugrundeliegende Ursache der Krankheit zu behandeln. Bei Kindern können Symptome wie Fieber, Husten oder Durchfall jedoch durchaus auf ernsthafte Erkrankungen hinweisen, die ursächlich und ärztlich behandelt werden müssen.

Fieber ist beispielsweise ein Alarmsignal, wenn es zusammen mit Nackensteifigkeit auftritt. Bei Husten reicht die Spannbreite an möglichen Ursachen von einfachen Erkältungen bis hin zu Asthma oder Lungenentzündung. Anhaltender Durchfall tritt häufig bei Magen-Darm-Infektionen auf. Auch das ist bei kleinen Kindern oft keine Lappalie. Der Verlust an Wasser und Elektrolyten kann zu rascher Dehydration führen. Bei betroffenen Kindern verliert die Haut an Spannung, der Mund ist ausgetrocknet und sie scheiden nur wenig und dunkel gefärbten Urin aus. Das Apothekenteam sollte darauf hinweisen, dass auch heftige, kolikartige Bauchschmerzen, Fieber und Blutbeimengungen im Stuhl in Verbindung mit Durchfall einen Arztbesuch erforderlich machen.

Das richtige Mittel finden

Beratung ist auch bei der Wahl des Medikaments wichtig. Es sollte selbstverständlich sein, dass Eltern in der Selbstmedikation nur für die Altersgruppe zugelassene Arzneimittel verwenden und nicht in den eigenen Arzneischrank greifen. Viele Medikamente, die für Erwachsene sicher sind, können bei Kindern stärkere Nebenwirkungen hervorrufen.

Das Apothekenteam kennt die Gründe: Der Stoffwechsel von Babys und Kindern unterscheidet sich von dem der Erwachsenen. Leber und Nieren als Eliminationsorgane sind noch nicht vollständig entwickelt und können Medikamente nicht so schnell abbauen oder aus dem Körper ausscheiden wie bei Erwachsenen. Das bedeutet, dass Arzneistoffe länger im Körper verbleiben und potenziell schädlich sein können. Besonders anfällig für die Nebenwirkungen von Medikamenten sind Neugeborene und Säuglinge.

Einige Medikamente sind für den Nachwuchs per se nicht geeignet. Bei Kindern kann beispielsweise Acetylsalicylsäure das Reye-Syndrom auslösen, eine seltene, aber schwere Erkrankung, die Leber und Gehirn betrifft. Das Opioid Codein, das in einigen Husten- und Schmerzmitteln enthalten ist, kann bei Kindern schwerwiegende Atemprobleme verursachen.

Pseudoephedrin ist als Wirkstoff in vielen Erkältungsmedikamenten enthalten. Es kann bei Kindern zu Hyperaktivität, Schlaflosigkeit und Herzproblemen führen. In diesen Fällen sollte das Apothekenteam geeignete Alternativen empfehlen. Nicht zu vergessen ist, dass auch harmlos erscheinende Mittel wie Phytopharmaka – besonders für die Allerkleinsten – ungeeignet sein können.

Vorsicht bei Fencheltee

Einige pflanzliche Heilmittel sind nicht so unbedenklich wie viele Menschen denken. So kann das Apothekenteam zum Beispiel darüber aufklären, dass Arzneitees mit Fenchel bei Blähungen für das Baby problematisch sein können. Diese werden für Kinder unter vier Jahren, Schwangere und Stillende nicht mehr empfohlen, da keine ausreichenden Sicherheitsdaten vorliegen. Der Hauptgrund für die Vorsicht ist das enthaltene Estragol: Der Inhaltsstoff hat in Studien an Mäusen und Ratten karzinogene Effekte gezeigt, insbesondere im Hinblick auf die Bildung von Lebertumoren. Daher sollte die Estragol-Exposition so niedrig wie möglich gehalten werden.

Warnungen für Kinder unter vier Jahren sowie Schwangerschaft und Stillzeit haben die schweizerische Arzneimittelbehörde und das Herbal Medicinal Products Committee (HMPC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ausgesprochen. Hintergrund ist nicht zuletzt, dass es bei Tees schwierig ist, den Gehalt an Estragol präzise einzuschätzen, da Faktoren wie Wassertemperatur, -menge und Ziehzeit die extrahierte Menge beeinflussen.

Eine Frage der Menge

Die Dosierung von Medikamenten ist bei Kindern schwierig. Sie hängt oft vom Gewicht ab und nicht allein vom Alter. Ein kleiner Fehler in der Dosierung kann zu einer Überdosierung führen, die schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen kann. Eine zu geringe Dosis kann wiederum dazu führen, dass das Arzneimittel nicht ausreichend wirkt. Die Behandlung der Erkrankung wird verzögert oder verhindert.

Nach der Verabreichung eines Medikaments sollten Eltern die Symptome des Kindes beobachten. Bei ungewöhnlichen Reaktionen oder einer Verschlimmerung der Beschwerden suchen sie am besten ärztliche Hilfe. Generell ist zu beachten, dass Kinder auf Medikamente allergisch reagieren können und Wechselwirkungen möglich sind. Ob Interaktionen mit anderen Arzneimitteln, die das Kind einnimmt, vorliegen, sollte das Apothekenteam routinemäßig bei der Abgabe prüfen. Falls erforderlich können PTA ein alternatives Mittel vorschlagen. Wichtig ist außerdem der Hinweis, dass Symptome wie Hautausschläge oder Atembeschwerden mögliche allergische Reaktionen auf das Medikament sein können. Die Behandlung ist dann sofort abzubrechen und das weitere Vorgehen mit einem Arzt zu besprechen.

Grundsätzlich ist zu hinterfragen, ob es unbedingt gleich ein Saft, ein Zäpfchen oder eine Tablette sein muss, wenn es dem Kind nicht gut geht. Oft stehen auch nicht medikamentöse Optionen zur Verfügung, die zumindest einen Versuch wert sein können (siehe Tabelle). Wenn Kinder immer direkt ein Arzneimittel bekommen, wenn etwas zwackt, kann das psychosoziale Auswirkungen haben. Kinder lernen von ihren Eltern und können die Vorstellung entwickeln, dass Medikamente die Lösung für jedes gesundheitliche Problem sind. Das kann ihre Einstellung zu Gesundheit und Krankheit im späteren Leben beeinflussen.

Der wiederholte Gebrauch von Medikamenten, insbesondere von Schmerzmitteln oder Beruhigungsmitteln, kann zu Abhängigkeit führen. Daher können Kinder nicht früh genug lernen, dass Tabletten keine Bonbons sind. Das Apothekenteam leistet einen Beitrag, indem es kompetent berät, wann Arzneimittel in der Selbstmedikation geeignet sind und wann nicht.

Symptome Behandlungstipps für Eltern
Koliken und Bauchschmerzen Sanfte Bauchmassagen im Uhrzeigersinn, Kirschkernkissen auf den Bauch legen, Kümmeltee, Bäuerchen machen lassen nach dem Stillen oder Füttern
Zahnen Zahnungsringe (am besten gekühlt), sanfte Massagen des Zahnfleisches mit einem sauberen Finger, Zahnungsgel
Schnupfen und verstopfte Nase Kochsalzlösung zur Befeuchtung der Nasenschleimhäute, Nasensauger, den Oberkörper beim Schlafen hochlagern (zum Beispiel durch ein Kissen unter der Matratze)
Hautreizungen und Windeldermatitis Häufiges Wechseln der Windeln, Zinkoxid-Salbe oder Wundschutzcreme, Luft an die Haut lassen, Windelpausen einlegen
Fieber Leicht anziehen und den Raum kühl halten, ausreichend Flüssigkeit anbieten, fiebersenkende Medikamente (Paracetamol oder Ibuprofen als Zäpfchen oder Saft), Wadenwickel
Durchfall Sicherstellen, dass das Kind ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt, Elektrolytlösungen, weiter stillen oder wie üblich die Flaschennahrung weitergeben
Verstopfung Zusätzliches Wasser oder abgekühlten Tee anbieten, Bauchmassagen und sanfte Bewegung der Beine (wie beim Radfahren), stopfende Lebensmittel vermeiden (bei älteren Säuglingen)
Husten Raumluft befeuchten, viel Flüssigkeit geben, den Oberkörper beim Schlafen hochlagern
Schlafstörungen Einschlafroutinen entwickeln, Schlafzeiten konstant halten, Schlafumgebung optimieren, die Selbstberuhigung des Babys fördern, also nicht gleich eingreifen, wenn es weint
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