Wenn das Herz rast, stolpert oder aussetzt |
Gerät das Herz spürbar aus dem Takt, ist das für die meisten Menschen eine beängstigende Erfahrung. / © Adobe Stock/lightpoet
Ein gesundes Herz schlägt in Ruhe zwischen 60- und 90-mal pro Minute. Im Schlaf sinkt die Herzfrequenz unbemerkt auf 45 bis 55 Schläge pro Minute ab, bei körperlicher Belastung, Aufregung oder Stress kann sich der Herzschlag durchaus auf 160 bis 180 Schläge pro Minute steigern. Alles völlig normal, doch manchmal scheint das Herz völlig grundlos aus dem Takt zu geraten. Dieses unangenehme Wahrnehmen des eigenen Herzschlags, der sich als schneller oder kräftiger, als Stolpern oder Aussetzen bemerkbar macht, wird unter dem Begriff Palpitationen zusammengefasst.
Abweichungen vom normalen Herzrhythmus können harmlos sein und kommen auch bei herzgesunden Menschen vor. Sie können aber auch eine behandlungsbedürftige Erkrankung oder einen akuten Notfall anzeigen. Aufschluss, ob und wie schnell eine medizinische Abklärung erfolgen sollte, liefert in erster Linie das Auftreten weiterer Beschwerden.
Beginnt das Herz ohne erklärbare Ursache oder körperliche Anstrengung ganz plötzlich zu rasen und zu pochen, sprechen Mediziner von einer Tachykardie. Unerklärbares Herzrasen sollten Betroffene immer ärztlich untersuchen lassen, in einigen Fällen ist eine umgehende notfallmedizinische Versorgung notwendig. Dazu zählen Situationen, in denen neben dem Herzrasen Schmerzen, ein starker Druck oder ein brennendes Gefühl im Bereich der Brust auftreten. Sie können Hinweis auf eine Sauerstoffunterversorgung des Herzmuskels sein und in einen Herzinfarkt münden. Zählen Atemnot oder Schwindel zu den Begleitsymptomen, kann das Herzrasen durch das Nachlassen der Pumpfunktion des Herzmuskels verursacht werden. Auch hier handelt es sich um einen akuten Notfall. Steigt die Herzfrequenz auf mehr als 200 Schläge pro Minute, sind Betroffene deutlich benommen oder werden bewusstlos, sollten hinzukommende Ersthelfer keine Zeit verlieren und umgehend den Rettungsdienst verständigen.
Unangenehm, aber ohne weitere gesundheitliche Folgen, ist das sogenannte gutartige Herzjagen. Es wird durch das Wolff-Parkinson-White-Syndrom oder eine AV-Knoten-Reentry-Tachykardie verursacht. Bei beiden ist die Erregungsleitung im Herz gestört, was zu plötzlich einsetzendem und selbstständig endendem Herzrasen führt. Behandlungsbedürftig sind beide Erkrankungen nur, wenn Betroffene die unplanbaren Attacken belasten oder in ihrem Alltag einschränken. Andernfalls kann das Herzrasen aktiv beendet werden, indem der Vagusnerv durch das Trinken von kaltem Wasser, durch tiefes Atmen oder in den Bauch pressen gereizt wird. Der so aktivierte Parasympathikus senkt Herzfunktion und Pulsfrequenz.
Es ist aber nicht immer nur das Herz selbst, dass für grundloses Herzrasen verantwortlich sein kann. Auch eine Schilddrüsenüberfunktion, Hormonveränderungen oder die Einnahme neuer Medikamente können Herzrasen verursachen und sollten als Auslöser ausgeschlossen werden.
Im Gegensatz zum Herzrasen ist ein zu langsamer Herzschlag, der in Ruhe weniger als 40 bis 50 Schläge pro Minute aufweist, nicht direkt spürbar. Mit Ausnahme von hochtrainierten Leistungssportlern geht er bei vielen Betroffenen aber mit unangenehmen Beschwerden einher. Dazu zählen Schwindel, Übelkeit, Schweißausbrüche, Müdigkeit, Benommenheit, Leistungsschwäche und Sehstörungen, die abklärungs- und meist auch behandlungsbedürftig sind. Kann keine Ursache für den langsamen Herzschlag gefunden werden, kann bei hohem Leidensdruck der Betroffenen das Einsetzen eines Herzschrittmachers erwogen werden.
Deutlich spürbar wird das Herz wieder, wenn es plötzlich stolpert oder gefühlt aussetzt. Hierbei handelt es sich um Extraschläge des Herzens, die etwas früher als der normale Herzschlag einsetzen. Kardiologen sprechen von Extrasystolen, die einzeln, als Doppelschlag oder in Salven auftreten können. Extrasystolen treten bevorzugt in Ruhe auf und wirken damit auf Betroffene besonders bedrohlich. Die Ursache für die Symptome in Ruhe ist jedoch harmlos. Verantwortlich ist der langsamere Herzschlag, der Extrasystolen leichter zulässt als ein schneller Herzschlag. Zudem werden körperliche Vorgänge in Ruhe besser wahrgenommen.
Treten Extrasystolen ohne weitere Beschwerden auf, sind sie in der Regel kein Grund zur Sorge. Zu den häufigsten Auslösern zählen starke Emotionen wie Aufregung, Angst und Freude sowie die kurzfristige Verschiebung der Elektrolyte nach dem Sport, Saunieren oder dem Konsum von Kaffee, Alkohol oder Nikotin. Die Behandlung besteht dementsprechend aus dem Vermeiden der Auslöser oder dem Ausgleich der Elektrolyte.
Insbesondere Kalium ist für einen stabilen Herzrhythmus unerlässlich und kann gezielt über die Ernährung aufgenommen werden. So gelten Aprikosen, Bananen, Karotten, Avocados und Tomaten ebenso wie Haselnüsse, Cashewkerne, Erdnüsse und Mandeln als kaliumreich. Lässt sich über die Ernährung keine Verbesserung erreichen, ist nach ärztlicher Absprache auch die Substitution von Kalium möglich. Es wird täglich oder bei Bedarf eingenommen. Bei stressabhängigen Beschwerden kann ein niedrig dosierter Betablocker hilfreich sein.
Erwähnen Kunden, dass sie unter Herzstolpern leiden, können PTA und Apotheker zudem nach der Einnahme von Medikamenten fragen. Schilddrüsenhormone, Antidepressiva und Diuretika können Herzstolpern verursachen. Insbesondere wenn Betroffene die Herzsymptome erst seit Einnahmebeginn eines Medikamentes verspüren, ist ein Zusammenhang wahrscheinlich und Rücksprache mit dem behandelnden Arzt sinnvoll. Ein Arztbesuch ist auch anzuraten, wenn Extrasystolen mehrmals täglich oder wiederholt bei beziehungsweise nach körperlicher Belastung auftreten. Mitunter kann eine Herzmuskelentzündung etwa als Folge einer (Corona-)Infektion ursächlich sein, die dringend körperliche Schonung erforderlich macht.
Tritt das Herzstolpern bei jedem zweiten bis dritten Herzschlag auf, sind oft einzelne Herzzellen für die Beschwerden verantwortlich. Sie erzeugen fälschlicherweise permanente »Fehlzündungen« und können im Rahmen einer Katheterablation aufgespürt und verödet werden. Das Herzstolpern wird durch den Eingriff dauerhaft beseitigt.
Als Warnsymptom gilt Herzstolpern immer dann, wenn weitere Beschwerden dazukommen. Schwindel, Bewusstseinsstörungen, Angina pectoris oder Atemnot in Kombination mit Herzstolpern ist ein Grund, um den Rettungsdienst zu verständigen. Ebenfalls ernst zu nehmen ist das Herzstolpern, wenn es durch Vorhofflimmern verursacht wird. Dieses tritt anfangs sporadisch auf, hält aber mindestens 30 Sekunden an. In dieser Zeit wird der Herzschlag von Betroffenen nicht nur als unregelmäßig, sondern meist auch schneller als der gewohnte Herzschlag wahrgenommen. Zudem gibt es, anders als bei harmlosen Extraschlägen, keine spürbare Periode mit normalem Rhythmus zwischen den Extraschlägen. Dazu können Übelkeit oder Angstgefühle auftreten. Bei vielen Betroffenen lässt zudem die Leistungsfähigkeit nach.
Herzstolpern durch Vorhofflimmern stellt keine unmittelbare Gefahr dar, kann aber, wenn es unbehandelt bleibt, zu ernsthaften Folgeerkrankungen führen. Denn Vorhofflimmern wird durch eine unkoordinierte Muskelerregung in den Vorhöfen verursacht, die den Blutfluss verändert. Diese andere Strömung wiederum begünstigt Blutgerinnsel und in deren Folge thromboembolische Ereignisse wie einen Schlaganfall. Zudem werden auch die Herzschwäche und Demenz mit Vorhofflimmern in Verbindung gebracht.
In Deutschland sind Schätzungen zufolge mehr als 1,8 Millionen Menschen von Vorhofflimmern betroffen. Viele von ihnen wissen nichts von der Erkrankung, da nur etwa 20 bis 50 Prozent der Betroffenen die beschriebenen Symptome wahrnehmen. Kardiologische Fachgesellschaften empfehlen deshalb, dass sich insbesondere Risikopatienten regelmäßig auf Vorhofflimmern testen lassen sollten. Wie bei anderen Formen von Herzrhythmusstörungen ist dafür das Schreiben eines EKGs notwendig.
Sporadisch auftretende Herzrhythmusstörungen lassen sich oft nur schwer einfangen. Hilfreich sind in diesem Fall moderne Alternativen wie EKG-ähnliche Apps und Wearables wie Smartwatches und Fitnesstracker. Sie ermöglichen ihren Nutzern, ihre Herzfrequenz selbstständig, regelmäßig und über einen langen Zeitraum zu beobachten. Die aufgezeichneten Werte können exportiert und mit dem behandelnden Arzt geteilt werden, sodass eine fachliche Begutachtung erfolgen kann.
Die meisten Apps zur Herzfrequenzbestimmung nutzen die Smartphonekamera. Der kleine Finger wird auf die Kamera aufgelegt, das ausgesendete Blitzlicht vom Hämoglobin der Blutzellen absorbiert. In Abhängigkeit vom Puls wird dadurch unterschiedlich viel Licht absorbiert oder reflektiert. Die Kamera erkennt diese Schwankungen, die App wertet sie aus und gibt dem Nutzer anschließend eine Rückmeldung, ob die Ergebnisse eine medizinische Abklärung erfordern.
Voraussetzung für den Einsatz dieses Systems ist eine ausreichend gute Smartphone-Kamera. Als Alternative bieten einige Hersteller Apps in Kombination mit einem mobilen EKG-Set oder einem Sensor an, die die Daten erfassen und an das verbundene Smartphone senden.
Auch Smartwatches und Fitnesstracker bieten oft die Funktion einer Herzfrequenzmessung an. Dafür enthalten sie entweder optische Sensoren und eine Lichtquelle oder zwei integrierte Elektroden zur Erzeugung eines 1-Kanal-EKGs. Hierfür muss die Elektrode an der Rückseite des Gerätes in engem Kontakt zum Trägerarm stehen. Die zweite Elektrode befindet sich an der Oberseite des Gerätes und muss mit dem Finger der anderen Hand berührt werden.