Wenn die Haut auf Sonnenlicht reagiert |
Sonnenlicht löst die Symptome einer Photodermatose aus. Sich im Schatten aufhalten, verspricht bei einigen Formen Linderung. / Foto: Adobe Stock/Doc Rabe Media
Sonnenlicht hebt die Stimmung und die meisten Menschen genießen die wärmeren Monate sehr. Unangenehm wird es, wenn mit Sonnenstrahlen Hautbeschwerden wie Juckreiz und Ausschläge einhergehen. Umgangssprachlich ist dann schnell von einer Sonnenallergie die Rede, Dermatologen sprechen von einer Photodermatose oder lichtbedingten Hauterkrankung. Hierbei handelt es sich um einen Überbegriff für etliche Einzelerkrankungen, deren gemeinsames Merkmal ist, dass gesunde Haut auf optische Strahlung reagiert.
Unterteilt werden die Photodermatosen in zwei große Gruppen: Zu der einen zählen alle Erkrankungen, deren Symptome durch eine klar identifizierbare photosensibilisierende Substanz verursacht werden. Typischerweise sind dies Arzneimittel oder Pflanzen wie der Riesen-Bärenklau. Seltener treten photoallergische Dermatosen auf, bei denen eine spezifische Sensibilisierung auf ein Photoallergen erworben wurde. Hier ist der direkte Kontakt mit dem Photoallergen in Kombination mit UV-A-Strahlung ausschlaggebend für die Beschwerden.
Die zweite große Gruppe bilden die idiopathischen Photodermatosen, bei denen bisher keine auslösende, photosensibilisierende Substanz identifiziert werden konnte. Abgegrenzt werden zudem noch die sekundären Photodermatosen. Bei ihnen werden die Symptome zwar ebenfalls durch Sonnenstrahlung ausgelöst, die Ursache sind aber Grunderkrankungen wie die Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes, die Stoffwechselerkrankung Porphyrie oder die auf Enzymdefekten beruhende Erkrankung Xeroderma pigmentosum.
Die Krankheitsbilder der idiopathischen Photodermatosen sind vielgestaltig und auch in der Häufigkeit gibt es starke Unterschiede. Mit Abstand am weitesten verbreitet ist die polymorphe Lichtdermatose (PLD), die in Mitteleuropa etwa jeden Zehnten betrifft. Auftreten kann die PLD sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen, mit einem Häufigkeitsgipfel von März bis Juni. In den Wintermonaten handelt es sich in der Regel um Urlaubsrückkehrer aus sonnigen Urlaubsländern.
Typisch für die PLD ist, dass Beschwerden mit einer Zeitverzögerung von wenigen Stunden bis einigen Tagen nach der Sonnenbelastung auftreten, und zwar hauptsächlich im Bereich des Halsausschnitts, der Oberarme, Handrücken, Oberschenkel oder des seitlichen Gesichtsbereichs. Anfangs beginnt sich die Haut zu röten und stark zu jucken, später folgen Knötchen oder kleine Blasen. In ausgeprägten Fällen können sich die Hautbereiche entzünden. Ohne weitere Sonnenbestrahlung bilden sich die Beschwerden meist innerhalb einiger Tage von allein zurück, treten jedoch bei erneuter starker Sonnenbelastung abermals auf.
Zum Vorteil der Betroffenen sind erneute Reaktionen meist weniger ausgeprägt als die vorhergehende, da ein Gewöhnungseffekt eintritt. Im Verlauf des Sommers kann sich dieser derart verstärken, dass längere Sonnenbäder ohne Beschwerden toleriert werden. Nach dem Winter und der Entwöhnung der Haut von der Sonne ist allerdings mit einem erneuten Auftreten zu rechnen. In puncto Ursache wird derzeit eine immunologische Hypersensitivitätsreaktion vom verzögerten Typ diskutiert, bei der die normalerweise durch UV-Licht induzierte lokale Immunsuppression fehlt.
Eine Sonderform der PLD ist die Mallorca- oder Sommer-Akne. Betroffene entwickeln am Dekolleté, den Oberarmen oder Schultern stark juckende, akneähnliche Knötchen und Pusteln, die mehrere Wochen bestehen bleiben können. Auslöser ist die Kombination aus körpereigenem Talg sowie Fett- und Emulgator-Komponenten aus Pflegeprodukten, aus denen unter UV-Einstrahlung Lipidperoxide gebildet werden. Diese verstopfen die Haarfollikel, eine Entzündung entsteht. Betroffene können dies durch die Verwendung von Lipid- und emulgatorfreien Pflegeprodukten umgehen.
Ebenfalls relativ häufig, aber bevorzugt bei älteren Männern anzutreffen, ist die chronisch aktinische Dermatitis (CAD). Sie zeichnet sich durch ein Ekzem mit starkem Juckreiz aus, das ausschließlich an unbedeckter Haut auftritt und sich scharf von bedeckten Hautbereichen abgrenzt. Wesentlich seltener ist die Lichturtikaria. Sie tritt innerhalb weniger Minuten nach dem Kontakt mit Sonnenlicht und einer großen Bandbreite an Reaktionen auf. Diese sind dosisabhängig und reichen von kleinflächigen Hautreaktionen mit Jucken, Brennen, Spannen und Rötungen über großflächig auftretende, stark juckende Quaddeln, die sich auf nicht belichtete Areale ausdehnen können, bis hin zu Allgemeinreaktionen mit Herz-Kreislauf-Beschwerden und Schocksymptomatik. Im letzten Fall sprechen Mediziner auch von einer Licht-Anaphylaxie. Typisch für die Lichturtikaria ist, dass die Symptomatik innerhalb von Stunden komplett abklingt und nie länger als 24 Stunden anhält.
Derzeit gehen Mediziner davon aus, dass eine Lichturtikaria durch eine inaktive Vorstufensubstanz ausgelöst wird, die durch Licht aktiviert und dadurch zum Photoallergen wird. Anschließend binden Immunglobuline (Ig)E-Antikörper an das Photoallergen, wodurch eine Mastzelldegranulation eine Immunreaktion auslöst. Oft tritt die Erkrankung im jungen Erwachsenenalter erstmals auf, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer.
Die sehr seltene Hidroa vacciniformia tritt meist in der Kindheit zum ersten Mal auf und verursacht jedes Frühjahr aufs neue Beschwerden bis sie im Erwachsenenalter spontan abklingt. Mit den ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr entwickeln sich an Ohren, Nase, Wangen, Fingern, Handrücken und Unterarmen entzündliche Rötungen, auf denen sich Blasen bilden. Diese trocknen in der Folge ein und ein schwarzer Schorf entsteht. Nach dem Abheilen bleiben Narben zurück, zudem treten Hyper- und Hypopigmentierungen auf. Bei einer Augenbeteiligung kann die Hornhaut betroffen sein und vernarben. In schweren Fällen treten zusätzlich Fieber und ein allgemeines Krankheitsgefühl auf.
Auch der aktinische Prurigo beginnt im Kindesalter, bei der Mehrheit der Betroffenen vor dem zehnten Lebensjahr. Zu den typischen Symptomen zählen Rötungen, Knötchen und Plaques, die von einem starken Juckreiz und hoher Lichtempfindlichkeit begleitet werden. Bei Kindern zeigen sich die Symptome meist saisonal und auf Körperstellen beschränkt, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Im frühen Erwachsenenalter kann sich die Erkrankung sponatn zurückbilden oder aber verstärken. Dann treten die Beschwerden auch an bedeckten Körperstellen auf, der Juckreiz besteht oft ganzjährig. Die auslösende Ursache des aktinischen Prurigo ist unklar. Auffällig ist jedoch, dass es oft familiäre Häufungen gibt, wobei vor allem weibliche Familienmitglieder betroffen sind.
Kunden, die auf Sonnenlicht reagieren, sollte zur genauen Abklärung ein Besuch beim Hautarzt und das Aufsuchen einer Hautklinik mit Photodermatologie nahegelegt werden. Jeder Betroffene besitzt ein individuelles auslösendes Spektrum, und die Stärke der Lichtempfindlichkeit, die Symptome auslöst, fällt je nach Erkrankung unterschiedlich aus. So können Lichturtikaria-Betroffene auf Strahlung im UV-A- oder UV-B-Bereich, aber auch auf sichtbares Licht oder eine Kombination mehrerer Spektren reagieren. In seltenen Fällen wird die Lichturtikaria durch Strahlung im Infrarotbereich ausgelöst. PLD-Betroffene reagieren überwiegend auf UV-A-Strahlung, einige wenige jedoch auf UV-B-Strahlung oder eine Kombination aus beiden Strahlungsarten. Die CAD wiederum kann bereits durch sehr geringe UV-Dosen ausgelöst werden, bei einigen Betroffenen liegt das auslösende Spektrum im sichtbaren Wellenlängenbereich.
In der Behandlung von Photodermatosen spielen präventive Maßnahmen, die auf das individuelle Aktionsspektrum abgestimmt werden, eine entscheidende Rolle. Gerade leichteren Formen der Erkrankungen kann man zudem gut vorbeugen, wenn die Haut langsam an die Sonne gewöhnt wird. Sonnenschutzmittel mit einem sehr hohen Lichtschutzfaktor (50+) inklusive UV-A-Schutz, der Aufenthalt im Schatten, das Meiden der Mittagshitze sowie das Tragen eines Sonnenhutes schützen die Haut, unterstützen den Aufbau einer Lichtschwiele, kurbeln die Melaninproduktion an und erhöhen damit den Eigenschutz der Haut vor Sonnenlicht.
Lichturtikaria-Betroffenen wird zusätzlich empfohlen, schützende Kleidung zu tragen. Hierbei sollten sie dunkle Kleidung aus dicht gewebtem Stoff bevorzugen, da helle Kleidung aufgrund der im Gewebe enthaltenen Aufheller die Symptome verstärken kann. Auch UV-Schutzkleidung kann für Betroffene eine sinnvolle Investition sein.
Orientierung bietet analog zum Lichtschutzfaktor der »ultraviolet protection factor (UPF), der angibt, wie viel Erythem-wirksame UV-Strahlung durch das Textil penetriert. Für Menschen, die auf UV A-Strahlung reagieren, ist die Information, dass Fensterglas nur UV B-Strahlung absorbiert, besonders wichtig. Sie müssen wie Betroffene, deren Aktionsspektrum im sichtbaren Bereich liegt, auch hinter Fensterglas an entsprechende Schutzmaßnahmen denken.
Bei schweren Photodermatosen wird der Gewöhnungseffekt durch kontrollierte Bestrahlung und langsame Dosissteigerung therapeutisch genutzt. Ergänzend kommen Schutzmaßnahmen im Alltag und medikamentöse Therapieansätze zum Einsatz. So können Glucocorticoide Entzündungen unterdrücken und zur Abheilung beitragen. Antihistaminika können den Juckreiz lindern. Bei Menschen mit einer Lichturtikaria kann die prophylaktische Einnahme mitunter die Symptome reduzieren.
Erfolg versprechend ist bei der Lichturtikaria auch die Behandlung mit Omalizumab, unter der sich bei vielen Betroffenen die Symptome bessern oder sie gar ganz verschwinden. Bei schwer ausgeprägten Photodermatosen können zudem immunsuppressive Substanzen zum Einsatz kommen.