Wenn die Wohnung zum Büro wird |
Arbeitnehmer im Homeoffice sind in der Regel zufriedener sind als andere Arbeitskräfte. Sie arbeiten dadurch konzentrierter und leisten mehr. / Foto: Adobe Stock/agcreativelab
Das Problem: »Dienstliche Probleme werden gedanklich weiterbearbeitet, wenn man zu Hause ist, weil dort die Arbeit jederzeit wiederaufgenommen werden könnte«, erklärt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. »Die Grenzen zwischen Job und Privatleben verschwimmen. Der private Rückzugsraum und die Zeit für Erholung schrumpft.«
Wer im Homeoffice arbeite, habe häufiger Schwierigkeiten, abends und im Urlaub abzuschalten als die, die ausschließlich im Betrieb tätig sind – und ist deshalb meist nervöser und reizbarer als die Kollegen, die ihre Arbeit im Büro zurücklassen. Wer zu Hause arbeitet, macht zudem mehr Überstunden als andere Beschäftigte. Linke und Grüne fordern daher klare Regeln für die Heimarbeiter, damit für sie kein zusätzlicher Stress entsteht.
Andererseits fand das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung heraus, dass Arbeitnehmer im Homeoffice in der Regel zufriedener sind als andere Arbeitskräfte. Büros seien häufig keine Oase der Ruhe. Immer mehr Arbeitgeber pferchten ihre Beschäftigten in Großraumbüros zusammen. Allein im Dienstleistungssektor fühle sich jeder Zweite sehr häufig oder oft gestört, unter anderem durch Telefonate oder Kollegen, fand die Gewerkschaft Verdi heraus.
Homeoffice zählt neben Teilzeit und Sabbatical-Auszeiten zu den Angeboten, mit denen sich Arbeitgeber als familienfreundlich profilieren. Vorteile hat, wer morgens noch sein Kind zur Kita bringen kann, statt schon auf dem Weg zur Arbeit im Stau zu stehen – und dann doch pünktlich am Rechner sitzt, zu Hause.
Homeoffice kann aber auch Überhand nehmen. Der AOK-Umfrage zufolge empfindet knapp jeder Fünfte das Arbeiten von zu Hause als Belastung, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erschwere. Drei Viertel fühlten sich im vergangenen Jahr erschöpft. Den Grund dürfte dieses Ergebnis offenlegen: Laut der Umfrage macht jeder Dritte sein Homeoffice häufig auch abends und am Wochenende auf.
Studien ergaben, dass etwa 40 Prozent der Unternehmen es ihren Beschäftigten ermöglichen, von zu Hause zu arbeiten. So arbeitete laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2017 etwa jeder neunte Beschäftigte gewöhnlich oder gelegentlich zu Hause.
Vor allem Besserverdienende und Arbeitnehmer mit Kindern machen Homeoffice, hohe Quoten gibt es in Informations- und Kommunikationsberufen sowie bei wissenschaftlichen und technischen Dienstleistern, wie aus Antworten der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht.
In anderen EU-Staaten wie den Niederlanden und Schweden arbeitet schon mehr als jeder Dritte im Homeoffice. In Deutschland bröckelt die Präsenzkultur nur langsam.