Wenn Geräusche unerträglich werden |
Bestimmte Geräusche sind nur schwer auszuhalten. / Foto: Getty Images/Westend61
Dass wir uns an bestimmten Alltagsgeräuschen so stören, das kann unterschiedliche Gründe haben. Manchmal ist es schlichtweg die Tonhöhe. Denn hohe Töne hören wir lauter als tiefe, wie Eberhard Schmidt von der Bundesinnung der Hörakustiker (Biha) erklärt. »Dadurch werden schrille und quietschende Geräusche in einem hohen Frequenzbereich häufig als unangenehm empfunden.« Also zum Beispiel, wenn die Gabel über den Teller kratzt.
Auch Erinnerungen spielen eine Rolle. Denn jeder Mensch hat ein individuelles Geräuschempfinden. »Dass ein Geräusch für jemanden schwer zu ertragen ist, kann zum Beispiel daran liegen, dass es an ein unangenehmes Erlebnis erinnert«, erklärt Schmidt. Da reicht es vielleicht schon, dass der Nachbar die Bohrmaschine an die Wand ansetzt – und schon hat man die letzte Wurzelbehandlung beim Zahnarzt im Kopf.
Wer einen Tinnitus hat, ist nicht selten auch von einer Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen betroffen. Hyperakusis heißt dieses Phänomen. Dabei spielt nicht die Art des Geräusches die entscheidende Rolle, sondern seine Lautstärke. Betroffene empfinden schon Lautstärken als sehr unangenehm, die für andere weit unterhalb der Schmerzgrenze liegen. Vollständig geklärt sind die Ursachen nicht.
Wer den Verdacht hat, auf Alltagsgeräusche übermäßig stark zu reagieren, kann in einem ersten Schritt abklären lassen, wie gut das eigene Gehör funktioniert. Einen Hörtest kann man bei HNO-Ärzten, aber auch bei Hörakustikern machen.
Und dann gibt es noch die Misophonie. Dabei sind es ganz bestimmte Geräusche – oft Essensgeräusche, die bei Betroffenen starke negative Reaktionen auslösen. Das können enorme Anspannung, Ekel, Ärger oder Wut sein, heißt es auf der Webseite der Universität Bielefeld, wo zu diesem Phänomen geforscht wird.
Eine anerkannte Erkrankung ist Misophonie bislang nicht, sie kann das Leben von Betroffenen aber stark einschränken. Oft versuchen sie, bestimmte Alltagssituationen zu umgehen, das gemeinsame Essen mit anderen zum Beispiel. So ziehen sich Betroffene immer weiter zurück, woraus soziale Ängste oder auch Depressionen entstehen oder verstärkt werden können. Dann ist es sinnvoll, sich psychotherapeutische Hilfe zu suchen.